Es fehlt der klare Plan beim HSV

Es fehlt der klare Plan beim HSV

Es wird sehr viel umgebaut. So heißt es. Und das wird mit einer Überzeugung gesagt, dass der Gegenüber eigentlich denken muss: „Mann, endlich geht’s los!“ Denn es stimmt ja auch in vielen Teilen noch nicht so, wie man es sich vor der Saison versprochen hatte. Im Jugendbereich wirbelt Horst Hrubesch gerade mächtig und tauscht neben Trainern auch den Chefscout im Nachwuchs aus. Sebastian Harms, der beim HSV schon als Urgestein gilt, muss gehen. Rechtlich sorgt das für Ärger, aber wahrgenommen wird es als „richtig“, weil der HSV in den letzten Jahren nicht genügend Profis selbst entwickelt hat. 

Dass heute bekannt wurde, dass der Vertrag mit Mo Kwarteng nicht verlängert wird und dass Stürmer Robin Meißner noch immer nicht seinen Profivertrag erhalten hat – es passt so ein bisschen zum Bild, dass der HSV in Sachen Nachwuchs seit einigen Jahren (um nicht Jahrzehnte zu schreiben) schon abgibt. Die Frage aber ist für mich: Warum ist ein so radikaler Schnitt auf allen (sportlichen) Ebenen denn schon wieder nötig? Oder: Warum immer noch? Antwort: Weil niemand die Zeit bekommt, etwas zu entwickeln. Es werden immer zwei Schritte nach vorn genommen – um dann schnell wieder alles auf Null zu stellen und mit neuen Leuten in eine neue Richtung zu gehen. Und das hat der  Nachwuchs längst nicht exklusiv. Dieser neuerliche Radikalumbruch  ist für alle ein schwaches Zeugnis.

Die Trainerfindung deutet Planlosigkeit an

Allein die Trainerfindung hat zuletzt gezeigt, dass man von dem eigenen Weg irgendwann enttäuscht war. Zuerst aktivierte man den experimentierfreudigen Christian Titz, der mit neuartigen Methoden schnell die Verantwortlichen überfrachtete. Er wollte das komplette Spielsystem beim HSV umbauen, alteingesessene Spieler trotz laufender Verträge gegen junge, hungrige Spieler austauschen. Einiges davon war wirtschaftlich nicht umsetzbar – noch deutlich mehr aber war zu experimentell für die Verantwortlichen. Und während Spieler wie Aaron Hunt von Titz schwärmen, durfte der Typ „drastischer Umbau“ nur ein paar Monate bleiben.

Auf ihn folgte der etwas erfahrenere Entwickler und selbst ernannte moderne Konzepttrainer Hannes Wolf, der zunächst sogar das Titz-Modell übernahm – dabei aber das riskante im Spiel herausnahm. Der eher introvertierte Wolf funktionierte so lange, wie die Mannschaft funktionierte. Für Veränderungen bzw. für Reaktionen auf die zunehmenden sportliche Probleme fehlte ihm die inhaltliche und geistige Flexibilität. Und durch die wiederum daraus entstehende zunehmende Unsouveräenität verlor er das Vertrauen der Mannschaft zunehmend. Bis auch er gehen musste.

Auf Hannes Wolf wiederum folgte der alte, erfahrene Erstligatrainer Dieter Hecking. Dass er kein Entwickler war, das wussten alle. Der knurrig-dominant auftretende Trainer sollte dem Team mehr Halt geben, sich vor die Mannschaft stellen und mit seiner Erfahrung ein aufstiegsreifes Team zum Aufstieg moderieren. Um dabei nicht ganz den Weg des neuartig-modernen Fußballs zu verlassen, wurde ihm Tobias Schweinsteiger an die Seite gestellt. Und auch das funktionierte eine Halbserie – kaum länger. Denn Hecking war stur, spielte sein System in allen Situationen und war so leicht ausrechenbar für die Gegner. Dass er souverän wegmoderierte, was in die falsche Richtung lief, machte es kaum besser. Aber es erhielt ihm den Job bis Saisonende. Danach war aber auch für ihn Schluss.

Von Experiment über Konzepttrainer zum alte Hasen

Denn die Verantwortlichen um Sportvorstand Jonas Boldt wollten etwas Neues, etwas Anderes installieren und holten den empathischen Typen Daniel Thioune, der für seine spielerische Flexibilität bekannt war und als aufstrebender, junger Trainer gilt/galt. Und wieder: Es funktionierte. Das Team um Thioune begeistert mit offensivem Fußball, taktischer Variabilität – und als Tabellenführer. Wo und wann genau der Trainer die Mannschaft oder die Mannschaft den Trainer verlor auf diesem Weg – schwer zu sagen. Für mich ging es mit dem 3:3 in Aue los. Andere behaupten, dass  das 3:3 in Hannover sei der entscheidende Bruch gewesen. Trotz allem aber waren die Offiziellen von Thioune als Trainer überzeugt und hielten an ihm fest – was ich gut fand.

Denn es gab eigentlich nur ein „entweder / oder“. Also entweder alles auf eine Karte setzen und den Trainer austauschen – oder eben an ihm festhalten endlich mal einen Weg weitergehen. Leider machte man statt „entweder/oder“ ein „weder/noch“. Denn  man wechselte – aber das zu spät. Aus meiner Sicht – und das sage ich mit allerhöchstem Respekt vor der Übergangslösung Horst Hrubesch – war der Zeitpunkt einerseits zu spät für einen Trainerwechsel, da der Aufstieg zumindest schon unwahrscheinlich geworden war. Zum anderen verpasste man es, aus dem Versäumnis eine Chance zu kreieren und das Band zum Trainer so zu stärken, dass er als starker Mann in die neue Saison hätte gehen können. Man hätte tatsächlich seinen Weg weitergehen und auf alles Gute aufbauen können, während man aus den Fehlern lernt. Also das macht, was man am Anfang der Saison noch angekündigt hatte. Zumindest hätte man es meiner Meinung nach machen müssen, da man nach eigener Aussage „noch immer total überzeugt“ vom Trainer war.

Die Wahl Tim Walter verwirrt zunächst

Aber noch verwirrender für mich ist, dass man Thioune (bzw. Hrubesch) jetzt vom Hardliner Tim Walter ersetzt. Eine stringente Linie in der Trainerauswahl ist für mich zumindest absolut nicht zu erkennen. Im Gegenteil: Auch hier wird aufgebaut und eingerissen. Immer und immer wieder. Und das halte ich für einen dramatischen Fehler. Zumindest zeigt es mir, dass man auf Ebene der sportlichen Führung keinen klaren Plan hat, den man verfolgt. Vielmehr versucht man Dinge aus. Wobei Walter schlichtweg den Spielern Feuer machen soll – wofür er durchaus bekannt ist. Mal sehen, ob wenigstens das funktioniert. 

Ich werde auf jeden Fall mein nächstes Gespräch mit Boldt und Co. dafür nutzen, um nach dem Plan zu fragen, den man hier verfolgt. Denn der fehlt mir. Im Rückblick ebenso wie aktuell. 

In diesem Sinne, bis morgen!

Scholle

Bedeutung der Stammformation – was wir von Bochum, Fürth und Kiel lernen können.

Bedeutung der Stammformation – was wir von Bochum, Fürth und Kiel lernen können.

Ein Gastbeitrag von Robert Hoyer

Horst Hrubesch sagte bei der PK vor seinem HSV-Trainer-Debüt gegen Nürnberg sinngemäß „Die Zeit des Ausprobierens ist vorbei.“. Während Vorgänger Daniel Thioune über die gesamte Saison nach einer Stammformation suchte, setzte Hrubesch in den letzten drei Spielen dreimal auf ein klassisches 4-4-2 mit zwei Sechsern und Doppelspitze. Das auch mit dieser schnörkellosen Aufstellung das Ziel Aufstieg nicht erreicht wurde, lag nicht an Hrubesch und seiner gewählten Formation. Vielmehr hatte man es davor verpasst nicht nur eine Stammelf, sondern auch eine Stammformation zu entwickeln. Welche Bedeutung jedoch gerade dieser Stamm für den Erfolg haben kann, wollen wir uns in diesem Beitrag anschauen.

Meister Bochum spielte 31-mal die gleiche Formation

Dafür werfen wir einen Blick auf die Mannschaften, die vor uns gelandet sind. Auffallend ist dabei, dass diese drei Mannschaften über die gesamte Saison hinweg mit nahezu der gleichen Formation gespielt haben. Fürth spielte beispielsweise 28 der 34 Saisonspiele im 4-3-1-2 mit vier zentralen Mittelfeldspielern. Bochum spielte gar in 31 der 34 Spiele mit dem gleichen 4-2-3-1 System und die Störche aus Kiel spielten gar jedes einzelne Spiel im 4-1-4-1. Beim HSV ergibt sich dagegen ein anderes Bild. Die Häufigste Formation ist mit gerade einmal 15 Spielen das 4-3-3, gefolgt von 8 Mal 4-2-3-1 und sechs Mal dem 4-4-2 mit Doppelsechs. Hinzu kommen Ausflüge mit einem 3-1-4-2 (2 Spiele), der Raute im 4-4-2 (1 Spiel), einem flachen 3-4-3 (1 Spiel) und einem 3-4-2-1 (1 Spiel). Anstelle von ein oder zwei einstudierten Mustern, spielte der HSV über die Saison verteilt sieben verschiedene Systeme. Was zu Beginn von den Medien noch als taktische Variabilität gelobt und von den Fans gefeiert wurde, wurde schließlich zum Rattenschwanz im Laufe der Saison. 

Hinzu kommt eine immer wechselnde Startaufstellung. Auch hier ergibt sich ein gravierender Unterschied zu den Top 3 Mannschaften. Während beim HSV gerade einmal sechs Spieler über die Schwelle von 66% (also zwei Drittel) der Einsatzzeit kommen (Ulreich, Heyer, Terodde, Leibold, Kittel, Ambrosius), sind es bei Fürth schon neun Spieler und bei Bochum und Kiel sogar je zehn, also schon fast eine ganze Startelf. Hierbei kann man Daniel Thioune in Schutz nehmen, da auch Verletzungen und Platzverweise (Leistner, Kittel, Leibold, etc.) ihn immer wieder zum Umbau der Mannschaft zwangen. Darüber hinaus ließe sich argumentieren, dass der HSV über eine größere Kaderbreite verfüge. Dennoch sollten punktuelle Ausfälle nicht das Gesamtkonstrukt einer Mannschaft zum Einsturz bringen. 

Welche Schlüsse lassen sich daraus für den HSV ziehen? Aus meiner Sicht ist es unabdingbar für die Zukunft auf eine Stammformation zu setzen. Diese ist im besten Falle in die Vereinsphilosophie zu implementieren, sodass bereits im Nachwuchs auf diese Formation hingearbeitet wird. Dies würde auch die Durchlässigkeit von der Jugend zum Profiteam erhöhen, da der Nachwuchs bereits mit dem System vertraut ist und Anpassungsprobleme gemindert werden. So spart man nicht nur teure Ablösesummen für externe Spieler, sondern generiert vielmehr ebensolche durch die erhöhte Wahrscheinlichkeit Talente in den Profikader zu integrieren. Prominente Beispiele wie Ajax Amsterdam zeigen, dass so etwas funktionieren kann. 

Die taktischen Vorgaben müssen durchgehend gelten

Auch für die kurzfristige Kaderplanung ist die Formation ein wichtiger Anker. Jonas Boldt und Michael Mutzel tun also gut daran mit Tim Walter zu besprechen, welche taktischen Vorstellungen er hat. Sollte er beispielsweise sein bevorzugtes 4-3-1-2 spielen, braucht es theoretisch keine Außenspieler. Spieler wie Narey und Jatta wären in diesem Szenario unbrauchbar. Um darüber hinaus Verletzungen vorzubeugen und die Formation bei Ausfällen nicht ins Wanken zu bringen, braucht es die Doppelbesetzung einer jeden Position. Defizite gibt es da zurzeit vor allem auf der Linksverteidigerposition und im Sturm. Haben wir eigentlich einen Zehner? 

Im idealen Fall gibt es also eine klare Stammformation, bei der jede Position doppelt besetzt ist. Wie die Spielertypen für diesen Stamm aussehen müssen, steht auf einem anderen Blatt. Einen interessanten Gedanken möchte ich aber noch loswerden. Der französische Meister OSC Lille spielt in der Regel im 4-4-2, wobei die zentralen Pärchen (IV, ZM, ST) je aus einem erfahrenen Spieler und einem Talent gebildet werden. Vielleicht wäre das ja auch was für den HSV? Eine stabile erfahrene Achse an der sich die jungen Talente um Onana, Wintzheimer und co. hocharbeiten können. In diesem Sinne: Nur der HSV!

Lieber HSV, hast Du DAS gesehen?

Lieber HSV, hast Du DAS gesehen?

Ich bin ein Freund von Tom Mickels Art. Ich mag ihn als Typ – und ich mag seine Art, wie er sich innerhalb der Mannschaft bewegt. 100 Prozent loyal. Immer mit dem Blick auf das gesamte Team. Er ist der Vorzeigeprofi in Sachen Einstellung und daher auch völlig zurecht einer der dienstältesten Spieler in den Reihen des HSV. Ich hätte mir in den vergangenen Wochen auch gewünscht, dass er mal die Chance bekommt, sich zu zeigen, als die Konkurrenten auf der Torwartposition nacheinander patzte. Und trotzdem – Tom möge es mir verzeihen – bin ich nicht dafür, ihn zur Nummer eins zu machen. Zumindest nicht so. Ich glaube ehrlich gesagt sogar, dass man Mickel selbst damit Unrecht täte. Denn ihn nur deshalb zur neuen Nummer eins zu machen, wie er sich top verhält – das will er sicher nicht…

Mickel darf nicht so die Nummer eins werden

Vor allem aber muss der HSV bei der Suche nach der neuen Nummer eins endlich mal ein besseres Händchen beweisen. Wobei – eigentlich nicht. Ich glaube bis heute, dass man mit Julian Pollersbeck eine potenzielle Nummer eins für die nächsten Jahre in den eigenen Reihen hatte. Und das trotz des recht dümmlichen Kommentars gestern via Instagram. Er hätte einfach mehr Vertrauen nötig gehabt, um dauerhaft zu funktionieren. Hätte man ihm die Eingewöhnungszeit gewährt – der HSV hätte einen guten Typen zwischen den Pfosten, der auch leistungstechnisch seine Rückennummer Eins rechtfertigen würde.

Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Nicht mit Pollersbeck, da lege ich mich fest. Aber nachdem man heute mit Sven Höh einen neuen Torwarttrainer gefunden hat, der zuletzt die Profi-Torhüter des 1. FC Kaiserslautern betreute und einst mitverantwortlich dafür war, dass der ehemalige HSV-Schlussmann Pollersbeck nach Kaiserslautern wechselte, sollte man auch schnellstens zusehen, eine neuen Keeper dazu zu holen, der auch das Potenzial zur Nummer eins hat.  Ich persönlich sehe es sogar als problematisch an, mit Daniel Heuer-Fernandes weiterzumachen, nachdem man den hier mehrfach ausgewechselt hatte.

Nein, der Wunsch nach Einstellung auf dem Platz ist bei den Fans absolut berechtigt – aber er darf nicht zum Selbstzweck werden. Es muss immer auch mit der sportlichen Leistungsfähigkeit harmonieren. Von daher hoffe ich darauf, dass Mickel weder die Nummer eins geschenkt bekommt – noch, dass man ihm diese verwehrt, weil er eh immer ruhig bleibt. Ich hoffe auf Tim Walter und darauf, dass dieser den Kampf um die Nummer eins fair austragen lässt, um am Ende tatsächlich den besten Keeper mit voller Rückendeckung zur neuen Nummer eins zu machen. Nur so funktioniert echtes Leistungsprinzip.

Aber okay, dafür sind Verträge da. Wenn der Spieler bleiben will, kann man ihn nicht zum Abgang zwingen. Und das sollte man auch nicht, zumal auch Heuer-Fernandes zuletzt ohne zu murren seine Situation angenommen und im Training immer Vollgas gegeben hatte. Auf der anderen Seite darf sich Heuer-Fernandes am Ende auch nicht beschweren, wenn er eine weitere Saison auf der Bank verbringt.

Gleiches gilt natürlich für die Feldspieler, wo mit Khaled Narey, David Kinsombi, Jeremy Dudziak und vor allem Gideon Jung einige Spieler schon gesagt bekommen haben, dass sie den Verein verlassen dürften. Nach den Abgängen von Terodde, Hunt und  Ulreich würde das einen erneuten Komplettumbruch bedeuten. Zumal mit Jonas David (soll verliehen werden) sowie den Verkaufskandidaten Josha Vagnoman und Amadou Onana weitere Spieler vor ihrem Absprung stehen.

Ob das gut ist?

Sicher nicht. Und morgen werdet Ihr einen sehr schönen Gastbeitrag lesen können, der sich mit diesem Thema (Konstanz in der Startelf) beschäftigt. Und auch ich kann schon jetzt sagen, dass der HSV zwar viel davon spricht, etwas aufzubauen – dass er das aber mitnichten einhält. Hier werden keine Mannschaften entwickelt sondern kurzfristig Personal ausgetauscht. Die einzige Konstante ist die Inkonstanz. Und DAS muss sich ändern. Hier muss der HSV lernen, dass nicht immer Trainer und/oder Spieler zu schlecht sind, wenn etwas mal nicht funktioniert. Im Gegenteil: Manchmal zahlt sich der längere Atem positiv aus. So, wie in den letzten Jahren bei Mannschaften wie Paderborn, Bielefeld, Bochum und Co. Aber auch dazu werdet Ihr morgen in dem sehr gelungenen Gastbeitrag etwas lesen können.

Und bevor ich diesen Blog beschließen, möchte ich an dieser Stelle noch einmal mein ganz großes Kompliment allen denen machen, die am Erfolg der U21 beteiligt waren. Josha und Stephan Ambrosius natürlich ganz vorneweg. Aber dieser EM-Titel hat mit noch einmal bewiesen, dass nicht zwingend die besten Einzelspieler am Ende den Titel holen, sondern die, die als Team funktionieren. Und so wenig ich verstehe, weshalb der HSV einen Spieler wie Niklas Dorsch – er war Thema beim HSV, wurde aber nie konsequent angegangen – nicht nach Hamburg zu holen versuchte, so überragend war dieser in einer geschlossen starken Mannschaft, die die Messlatte für unsere A-Nationalelf mächtig hoch gehängt hat.

Als ich hier vor ein paar Wochen die bevorstehende Trainerrochade mit Marsch zu RB Leipzig  Nagelsmann dafür zum FC Bayern und Flick zum DFB aufgemacht hatte, habe ich mich auch lange mit einem uns allen bekannten Fußballfachmann unterhalten, der gewarnt hatte, dass Flick vielleicht nicht die beste Wahl sein könnte. Konkreter nannte er sogar Stefan Kuntz als seinen Wunschkandidaten – und ich weiß nicht erst jetzt, warum er das gesagt hat.

Hoffentlich hat der HSV genau hingesehen

Egal wie, ich kann nur hoffen, dass sowohl der neue DFB-Trainer als auch Tim Walter (sowie alle anderen sportlich Verantwortlichen bei DFB und HSV) genau hingesehen haben, wie man als vermeintlich nicht bestbesetztes Team einen Titel verdient gewinnen kann. 

Von daher auch hier noch einmal: Meinen allerherzlichsten Glückwunsch und Hochachtung vor dieser Leistung, liebes Team der deutschen U21-Nationalmannschaft…!!

Bis morgen,

Scholle

Tim Walter greift durch – Ulreichs Vertrag aufgelöst

Tim Walter greift durch – Ulreichs Vertrag aufgelöst

Der HSV und Torhüter Sven Ulreich trennen sich. „Zu dieser gemeinsamen Entscheidung kamen beide Seiten nach einer offenen Analyse der abgelaufenen Spielzeit“, teilte der Verein am Freitag mit. Der 32 Jahre alte Keeper stand damit nur acht Monate beim HSV unter Vertrag. Ulreichs Vertrag lief ursprünglich noch bis 2023. Auf eine Abfindung soll die Nummer eins des HSV verzichtet haben. Und sollten alle diese Angaben stimmen, war es eine Entscheidung, der ich Respekt zolle. Denn Ulreich hat einen gut dotierten Vertrag in Hamburg, den er noch zwei Jahre hätte aussitzen oder sich anteilig hätte auszahlen lassen können.

Ulreich verzichtet auf Abfindung – Wechsel zum FC Bayern?

„Den Vertrag haben ja beide Seiten in bester Gesundheit unterschreiben“ hieß es bei den Spielern immer, die sich nach miesen Leistungen vorzeitig verabschiedeten und dafür noch eine Abfindung kassierten. Ulreich macht es anders. Der ehemalige U21-Nationalspieler war im Oktober vergangenen Jahres vom FC Bayern München gekommen und hatte in 32 Spielen das Tor gehütet. Mit dem Schlussmann war der HSV nicht restlos zufrieden. Zurecht nicht. Wobei Ulreichs Schwäche auch von Trainer Daniel Thioune ungewollt forciert bzw. hervorgehoben wurde.

Dass man vor der Saison nicht auf Julian Pollersbeck setzen wollte hatte ich bereist als Fehler bezeichnet. Ebenso wie den Umstand, dass man einen fußballerisch eher unterdurchschnittlichen Keeper wie Sven Ulreich nicht möglichst weitgehend aus dem Spielerischen herausgehalten hat und sich auf seine zweifellos vorhandene Stärken auf der Linie konzentriertest. Alles unverständlich. Für mich ganz klare Fehler. Und dass Der neue Coach Tim Walter Ulreich nicht haben will ist nur konsequent, da er das Augenmerk verstärkt auf einen guten Fußballer zwischen den Pfosten legt. Und da wohlgemerkt halte ich Sven Ulreich für einen der besseren Keeper. Offenbar ebenso wie der FC Bayern, der wohl wieder an einer Verpflichtung von Ulreich als Backup für Manuel Neuer interessiert sein soll.

Ein vom HSV veröffentlichtes Abschiedsvideo

„Nicht immer funktionieren Dinge, wie man es plant oder sich vorher vorgestellt hat. Daher haben wir gemeinschaftlich mit Sven entschieden, dass wir den laufenden Vertrag auflösen und er sich einer neuen Herausforderung stellen kann“, wird Sportdirektor Michael Mutzel zitiert. Nach Aaron Hunt ist Ulreich der zweite prominente Abgang beim HSV. Zudem sollen Gideon Jung, Khaled Narey und Jan Gyamerah einen Wechsel nahegelegt bekommen haben. Josha Vagnoman gilt als nahezu sicherer Abgang. Mit anderen Worten: Tim Walter baut um.

Und das ist auch das, was sich die Verantwortlichen gedacht haben, als sie den ehemaligen VfB-Stuttgart-Trainer verpflichteten. Nicht nur ich war damals skeptisch, als der Name auftauchte. Zu viele Stimmen hatten schon zu viel über Walter vorausgeschickt, als dass man komplett unvoreingenommen sein konnte. Aber eines bestätigt sich auf jeden Fall jetzt schon: Tim Walter trifft schnelle, klare Entscheidungen. Wobei: Dass er einen klaren Plan hat, wurde ihm übrigens auch vorausgeschickt.

Walter hat einen Plan – weitere Abgänge werden folgen

Mal sehen, wohin der noch führt. Die bisherigen Entscheidungen kann ich jedenfalls sehr gut nachvollziehen. Ich glaube zudem, dass Walter neben schnellen Offensivspielern auch in der Viererkette noch ein wenig mehr Tempo haben will und auch deshalb beispielsweise Rick van Drongelen noch nicht sicher dabei ist in der neuen Saison – trotz noch bis 2022 laufenden Vertrages. Aber das ist nur das, was ich gehört habe. Entschieden ist hier noch nichts.

In diesem Sinne, bis  morgen! Euch allen einen schönen Start in ein hoffentlich schönes Wochenende

Scholle

Der schlaueste HSV-Transfer der letzten Jahre: Moniz kommt

Der schlaueste HSV-Transfer der letzten Jahre: Moniz kommt

Was feiere ich diese Meldung!! Der HSV holt Ricardo Moniz zurück. Ricardo Moniz unterschreibt bis 2023 und soll sich künftig um die Talentausbildung beim HSV kümmern. Moniz, der zwischen 2008 und 2010 bereits als Techniktrainer für den HSV gearbeitet hatte und nach dem Rauswurf von Bruno Labbadia im Frühjahr 2010 kurzzeitig sogar als Interimscheftrainer agierte, ist meine absolute Wunschlösung. Die ich schon seit einigen Jahren immer wieder genannt habe, wenn es darum ging, den Missstand im Nachwuchs zu benennen. Denn Moniz ist für mich das Sinnbild für individuelle Ausbildung. Der 53-Jährige ist so positiv durchgeknallt, wie du es sein musst, um Jugendliche mitzureißen. Mehr noch: Moniz hat es sogar geschafft, die Erwachsenen, gestandene Profis mitzureißen. Wohlgemerkt die vermeintlich größten Stars des HSV der letzten 20 Jahre wie zum Beispiel Rafael van der Vaart. Der hatte sich am Anfang geweigert, sich von Moniz Tipps einzuholen – am Ende aber war auch der niederländische Superstar seinerzeit begeistert von Moniz‘ Art, Fußball zu erläutern bzw. ihn zu vermitteln.

Moniz unterschreibt beim HSV bis 2023

Mich hatte Moniz damals schon nach wenigen Trainingseinheiten komplett gewonnen. Damals war ich selbst noch aktiv und wünschte mir nicht selten, so ein Training in meiner Fußballerzeit gehabt zu haben. „Ich habe das große Glück, dass mich Fußball glücklich macht“, hatte mir Moniz 2009 in einem Interview für das Hamburger Abendblatt mal gesagt. Damals hatte ich mich mit ihm verabredet, wie man es immer so macht. Anrufen oder am Platz fragen, ob und wann es mal passt. Dann noch der Presseabteilung Bescheid gegeben, – und schon stand der Termin.

In diesem Fall war es dennoch unvergesslich anders. Denn Moniz antwortete nicht nur auf meine Fragen, sondern er demonstrierte mir alles noch mal live oder per Videosequenz, was er mir erzählte. Dafür hatte er mich nach der Trainingseinheit der Profis in sein Büro geholt.  20 Quadratmeter, die er sich teilen musste (mit wem weiß ich nicht mehr). Seine Büroseite war die unaufgeräumte. Bei ihm stapelten sich Theoriehefte – auch selbst verfasste – sowie Videos. Und ich glaube, ich durfte/musste sie alle sehen. Au jeden Fall saß ich mehr als zwei Stunden im Trainerbüro und wurde berieselt mit Informationen, wie man Fußballer individuell stärker macht. Also das, was der HSV in den letzten Jahren zu selten geschafft hat. 

Fakt ist, Moniz hat einen Plan. Nein, er hat zig unterschiedliche Lösungsansätze und die Spieler müssen nur zugreifen. Wer Geduld und Ausdauer mitbringt, wer zuhören kann und lernen will, der wird von Moniz besser gemacht. Von daher sage ich an dieser Stelle: Das ist der beste Transfer des HSV seit vielen Jahren! Es ist zwar nur ein erster, kleiner Schritt in die richtige Richtung. Aber dieser Schritt ist für mich ein Grund, daran zu glauben, dass die Verantwortlichen erkannt haben, worauf es ankommt.

Ich erinnere mich noch an die Sätze von Moniz, der sagte, dass er seinen Spielern die Aufgabe stellte, sich einen Trick auszusuchen, den sie am nächsten Tag im Training mindestens zehnmal anwenden mussten. Hatte der Trick bis dahin nicht geklappt, mussten sie es weiter probieren. So lange, bis er klappte. „Man muss Bewegungen so verinnerlichen, dass sie jederzeit abrufbar sind. Wenn das gegeben ist, kommt der Faktor Tempo der Bewegungen dazu. Ist beides vorhanden, hat man eine Waffe, mit der man sich immer durchsetzen kann“, so die einfache Rechnung von Moniz, der mir auch den Satz sagte: „Es ist besser, einen Trick zu perfektionieren als 20 gut zu können.“ Als Beispiel dafür nannte er Arjen Robben, der immer wieder über die Außen kommend irgendwann nach innen zog, um dann aufs lange Eck abzuschließen.

Aus Spielern wie Vagnoman würde Moniz alles rausholen

Einer, der von Moniz maximal profitieren könnte ist Josha Vagnoman. Der HSV-Verteidiger fällt heute Abend im EM-Halbfinale der U21 gegen die Niederlande zwar aus, aber er wäre mit seiner rohen Gewalt und seiner überragenden Physis genau der Typ Spieler, dem Moniz das mitgeben könnte, was ihn vom guten Zweitligaspieler zu einem sehr guten Erstligaprofi machen könnte. Moniz perfektioniert das am Spieler, was derjenige schon kann. Und er verbessert, was der Spieler noch nicht gut kann.

60 Millionen Mindereinnahmen – HSV sucht neue Geldquellen

60 Millionen Mindereinnahmen – HSV sucht neue Geldquellen

„Mittlerweile beträgt der durch Corona bereits realisierte oder noch zu erwartende Umsatzeinbruch für den HSV mehr als 60 Millionen Euro“, berichtete Finanzvorstand Frank Wettstein im „HSV.de“-Interview. Das sei für den Klub sogar deutlich teurer als ein Abstieg. Noch könne der HSV ganz gut damit umgehen, doch Wettstein warnt: „Bisher gelang uns der Ausgleich zu jeweils einem Drittel aus Finanzierungsmaßnahmen, aus Kostenreduktionen und zu Lasten unserer angesparten Reserven. Das lässt sich aber nicht ins Unendliche fortsetzen.“

HSV-Finanzvorstand Frank Wettstein via HSV.de

Das sind die Worte von Frank Wettstein, der heute proaktiv ein Interview via Vereinshomepage veröffentlichen ließ. Hintergrund ist die Gesellschafterversammlung, auf der Wettstein die Zahlen vorlegen musste und die dazu führte, dass sich einer der Gesellschafter zu Wort meldete. „Die Enttäuschung ist sehr groß, aber was sollen wir machen? Die Situation wird von Jahr zu Jahr schwieriger“. Ein Rekord-Minus von prognostizierten 21 Millionen Euro konnte der HSV nur durch die ausbleibenden Aufstiegsprämien abwenden.

HSV braucht Sondereinnahmen – durch Anteilsverkäufe?

Und wie in den letzten Jahren hat der HSV auch im Jahr 2021 wieder eine Sondereinnahme im zweistelligen Millionenbereich. Nach den Anleihen und den Kühne -Darlehen ist es diesmal der Grundstücksverkauf an die Stadt. 23 Millionen Euro spült dieser dem HSV in die Kasse. Ein Prozedere, das endlich ist, wie jetzt auch Wettstein mahnend anführt: „Bisher gelang uns der Ausgleich zu jeweils einem Drittel aus Finanzierungsmaßnahmen, aus Kostenreduktionen und zu Lasten unserer angesparten Reserven. Das lässt sich aber nicht ins Unendliche fortsetzen.“ Soll heißen: Die eh schon seit Jahren latent angeführte Diskussion über weitere Anteilsverkäufe wird von Wettstein weiter befeuert.

Satzungsgemäß hat der HSV den Anteilsverkauf auf maximal 24,9 Prozent begrenzt. Der Verein dürfte also nur noch 0,63 Prozent der Anteile verkaufen oder müsste eine Mehrheit von einer Satzungsänderung überzeugen. Investor Bohnhorst würde gerne mit den Supporters sprechen. „Wir müssen alle zusammen herausfinden, wie der HSV in der Zukunft besser aufgestellt werden kann“. Seiner Meinung nach offensichtlich über weitere Anteilsverkäufe.

Der HSV endlich mehr auf Ausbildung setzen

Ein trauriges Bild, das allerdings alles andere als neu ist. Aber es macht noch einmal deutlich, wohin der HSV steuern muss: Weniger Kosten, höhere Einnahmen. Oder um es aufs Sportliche runterzubrechen: Der HSV muss endlich ein Ausbildungsverein werden, der auch wirklich Talente so ausbildet, dass man sich durch ihre Qualitäten sportlich verbessert und anschließend über ihre Verkäufe finanziell saniert. Auch wenn Wettstein vorrechnet: „Andere Clubs wie der VfL Bochum haben deutlich länger in der zweiten Bundesliga gespielt und dennoch den Aufstieg für sich entschieden. Auch wir wollen immer sportlich erfolgreich sein, ohne die Existenz des HSV zu gefährden.“

Wird Zeit, dafür einen gangbaren Weg zu finden. Einer, der diesen Weg mit ebnen soll, ist Horst Hrubesch. Und der Nachwuchschef sortiert die eigene Abteilung Nachwuchs gerade neu. Heute wurde bekannt, dass  Oliver Kirch die U19 des HSV übernimmt. Der 38-Jährige Exprofi kommt von Arminia Bielefeld, wo er zuletzt die U19 trainierte und unterschreibt einen Vertrag bis 2023. „Mit Oliver konnten wir einen erfahrenen Nachwuchstrainer für unser NLZ gewinnen, der sowohl fachlich als auch menschlich sehr gut zu uns passt. Oliver kennt sich in der Arbeit mit Jugendlichen bestens aus und kennt aus seiner eigenen Erfahrung auch die Anforderungen, die der Lizenzfußball mit sich bringt“, freut sich Hrubesch. „Deshalb sind wir davon überzeugt, dass er unseren jungen Spielern beim Übergang in den Herren- und Profibereich entscheidend helfen kann.“

Na dann, herzlich Willkommen, Oliver Kirch!

Aber dazu morgen mehr. Wie viele von Euch wissen, habe ich derzeit ein paar private Dinge zu erledigen. Aber für morgen sind wir bestens gerüstet. Denn sollte alles nach Plan verlaufen, werde ich morgen selbst einen Blog verfassen können. Sollte es sich unerwartet länger hinziehen oder andere Probleme geben, habe ich einen sehr interessanten Gastbeitrag von Robert Hoyer für Euch.

In diesem Sinne, bis morgen!

Scholle