Moin, liebe Freunde und Freundinnen von MoinVolkspark!

Moin, liebe Freunde und Freundinnen von MoinVolkspark!

Am Sonnabend steht für den HSV und seine Fans ein ganz besonderer Tag bevor. Es geht mal wieder darum, Anteile am HSV zu veräußern. Diesmal allerdings über eine Strukturreform Unser Blogfreund Marc Osigus, seines Zeichens HSV-Fan und erfolgreicher CEO bei Hauck Aufhäuser Investment Banking, hat eine klare Meinung zu der Abstimmung, die er Euch hier erläutert. Ich hatte Marc, dessen Expertise eich sehr schätze, gefragt, ob er aus seiner Sicht mal darstellen könne, wie er zu dem Thema stehe. Und das hat er gemacht. Vielen Dank dafür!

Wichtig in diesem Zusammenhang:

Sollte jemand hier eine andere, vielleicht sogar gegenteilige Meinung vertreten und mir das mitteilen, werde ich diesem Beitrag selbstverständlich den selben Raum einräumen. Mir geht es nicht darum, hier etwas zu forcieren oder zu verhindern. Mir gehts nur darum, dass Ihr möglichst viele Blickwinkel zu dieser Abstimmung argumentiert bekommt, um Euch Eure Meinung zu bilden. Angefangen mit Marcs Beitrag, für den ich mich sehr bei ihm bedanken möchte. Aber lest selbst: 

Ein Text von

Marc Osigus

Samstag ist für den HSV und seine Fans ein ganz besonderer Tag. Und das an einem spielfreien Wochenende. Denn der Vorstand hat zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung eingeladen.

Der Grund: die Abstimmung über die geplante Umwandlung der HSV Fußball AG in die HSV Fußball AG & Co. KGaA.

Bereits im Januar des letzten Jahres habe ich auf LinkedIn gepostet, dass ich einen solchen Schritt begrüße… Schließlich handelt es sich in meinen Augen um die modernste Rechtsform, die unter den deutschen Gegebenheiten möglich ist. Denn sie vereint die Interessen aller Stakeholder, d. h. Vorstand, Präsidium, Mitglieder und Geldgeber.

Ich möchte Euch drei Punkte nennen, die für die Umwandlung sprechen:

  1. Weder potenzielle Finanzinvestoren/Edelfans, noch etwaige künftige Populisten aus dem e. V. haben Zugriff auf die Führung des Profi-Fußballgeschäfts. Völlig unabhängig von der Höhe ihres Anteilbesitzes. Es ist also auch Prävention gegen Machtmissbrauch.
  2. Der Profi-Fußballbetrieb lässt sich durch Eigenkapitalerhöhungen finanzieren, ohne einen Einfluss auf Mitspracherechte der Geldgeber zu haben. Der BVB ist dafür ein ideales Beispiel. Durch die auf die Umwandlung folgenden Schritte wäre der HSV sehr schnell völlig schuldenfrei und könnte umgehend mit der Planung für die kommende Saison beginnen; sehr unabhängig von der Liga-Zugehörigkeit.
  3. Der geplante Supporters Trust in Anlehnung an die Glasgow Rangers würde die strukturierte Kapitalbeteiligung der Fans am Verein ermöglichen. Ein Schritt, den ich großartige fände, um den Zusammenhalt aller zu fördern.

Leider zeichnet sich ab, dass einigen Supporters trotzdem zu weit geht. Was überhaupt keinen Sinn macht. Denn die Umwandlung stärkt die Mitgliederrechte und schwächt sie nicht. Das führe ich entweder auf mangelnde Sachkenntnis zurück oder auf pure Ideologie nach dem Motto: Geldgeber sind immer böse. Egal, ob sie mitreden können oder nicht.

Jede weitere Einschränkung der Pläne fände ich sehr schade.

Was mich am Fußball immer begeistert, ist die Tatsache, dass durch die gemeinsame Liebe zum Sport und dem Verein Unterschiede und Hintergründe keine Rolle spielen und Menschen aus allen Lebensbereichen zusammengebracht werden. Genau das spiegelt diese Rechtsform wider. Sie reflektiert die Interessen aller. Insofern fände ich es schön, wenn in diesem Fall auch einmal die laute Minderheit, die so häufig die Versammlungen dominiert, im Interesse aller zustimmt…

Daher: Samstag zur Mitgliederversammlung gehen und der Strukturreform ohne weitere Einschränkungen zustimmen.

#nurderHSV

Gut: Der HSV schlägt Wiesbaden unaufgeregt und souverän

Gut: Der HSV schlägt Wiesbaden unaufgeregt und souverän

Das war mal wieder – besser! Endlich hat der HSV zuhause wieder gewinnen können. Und das auch absolut verdient. Denn neben den drei Toren zum verdienten 3:0-Heimerfolg hatte der HSV etliche weitere Szenen, bei denen entweder der letzte Pass nicht passte oder das Aluminium die Gäste von Wehen Wiesbaden rettete. Für mich heute besonders zu erwähnen war die unaufgeregte, ruhige Art, wie der HSV agierte. Defensiv ließ man wenig zu, weil der HSV in den Zweikämpfen heute mit jeder Menge gesunder Aggressivität keine Zweifel daran aufkommen ließ, dass man das Spiel gewinnen will. Und offensiv erzwang Miro Muheim mit einem stark abgefälschten Distanzschuss das 1:0 – und er öffnete dem HSV damit viele Räume, da die Wiesbadener nicht mehr so tief stehen konnten, wie sie es eigentlich wollten. Und diese Räume nutzte der HSV.

Fazit: Ein Sieg ohne Spektakel, aber mit einer Menge Reife und Willen. Offensiv wurde nicht auf Teufel komm raus gepresst, stattdessen wurde die Räume für das Wiesbadener Aufbauspiel zugelaufen. Der HSV spielte kein Spiel, das schon vor Spielbeginn feststand, sondern eines, bei dem sich der HSV dem Spielverlauf anpasste und clever agierte. Endlich mal! Denn so passt das doch auch! Noch mehr, wenn man es jetzt auch in die nächsten Wochen rüberretten kann.

Apropos gut: Hinten rechts durfte heute Ludovit Reis die durch Heyers Sperre und van der Brempt Verletzung verweist Position zu besetzen. Defensiv rückte er in die Viererkette, offensiv löste er sich ins Mittelfeld. Und obwohl ich vor dem Spiel beim Blick auf die Startelf gehofft hatte, dass Baumgart die Rechtsverteidigerposition mit Jatta/Öztunali im Wechsel besetzen würde, war das eine gute Idee. Denn der Niederländer holte sich mit vielen guten Defensivzweikämpfen dringend notwendiges Selbstvertrauen und schaltete sich in der Offensivbewegung immer wieder im Mittelfeld mit ein. Ergo: Top gemacht von Reis.Und der Personalengpass wurde sehr gut gelöst, Herr Baumgart.

SPIELERBEWERTUNG:

MATHEO RAAB: Er kann nichts dafür, dass die Torwartdiskussion entfacht wurde und dass sich viele verwundert gezeigt haben über diesen Wechsel. Aber: Er ist inzwischen ruhiger im Spiel, wirkt souveräner und spielt einfach gut. Er hat sich bis zu einem Punkt gespielt, an dem der Wechsel zurück zu Heuer Fernández wieder nicht zu vertreten wäre. Sein unaufgeregter Auftritt war für mich symptomatisch für das gesamte Spiel des HSV heute. Note: 3

LUDOVIT REIS: Er muss erstmal wieder ins Spiel finden – und dafür war diese Notlösung vielleicht gar nicht so schlecht. Denn hinten rechts ist vom Aufgabenumfang weniger als zentral auf der Acht. So musste er seine Zweikämpfe gewinnen – was er tat – und den Ball weiterspielen. Was er auch machte. Dass er sich in der Offensivbewegung immer wieder im Mittelfeld mit einschaltete war sicher so angesagt. Hoffentlich knüpft er jetzt hieran an und wird wieder der Ludovit Reis, der er vor seiner Verletzung war. Note: 3

DENNIS HADZIKADUNIC: Wirkt auf mich selbstbewusster als zuletzt. Ob das an seinem Nebenmann Schonlau liegt, der ihn viel (und gut )dirigiert? Egal wie, er wird besser. Und das nicht nur im Defensivzweikampf, sondern auch im Spielaufbau. Note: 3

SEBASTIAN SCHONLAU: Er stellt seine Nebenleute, er organisiert die Defensive im Doppelpass mit Meffert.  Note: 3

MIRO MUHEIM (bis 60.): Wer den Abschluss nicht wagt, kann auch nicht treffen, heißt es. Und er bewies das mit seinem Treffer zum 1:0, der im Zustandekommen sicher sehr glücklich war. Aber: Er ist und bleibt der beste Linksverteidiger im HSV-Team. Note: 3

NICOLAS OLIVEIRA (ab 60.): Er ist ganz offensichtlich noch nicht so weit. Defensiv ist er zwar immer nahe am Mann, aber er verhindert einfach zu wenige Flanken, Pässe und Abschlüsse des Gegners. Aber: Er ist noch jung und muss lernen dürfen. Note: wäre nicht gut – aber er muss lernen dürfen. Diese Zeit geben wir ihm hier, bis wir ihn erstmals benoten

JONAS MEFFERT: Endlich wieder Stabilisator mit vielen wichtigen Ballgewinnen defensiv, aber für seine Verhältnisse noch mit zu vielen einfachen Ballverlusten. Trotzdem war das schon deutlich besser als vergangene Woche.  Note: 3

LASZLO BENES (bis 88.): Er ist der Mann, der den Unterschied macht im HSV-Offensive. Er kreiert, er schließt ab, er trifft. Auch heute wieder Man of the Match mit seinem Zauberpass auf Königsdörffer und dem schlitzohrigen Treffer zum torentscheidenden 2:0. Note: 2

MYASAKA OKUGAWA (ab 88.): Dabei. Endlich mal. Hoffentlich demnächst häufiger.

BAKERY JATTA (bis 71.): Seine Pässe werden nicht besser, seine Flanken auch nicht – das wissen wir. Aber er macht immer weiter, probiert viel, läuft noch mehr – und ads macht ihn für Trainer Steffen Baumgart wertvoll. Aber auch für ihn gilt, dass da nach vorn schnell wieder mehr bei rumkommen muss. Note: 4

ANSSI SUHONEN (ab 71): Er ist ein Einwechselpsieler, wie ihn sich die Trainer wünschen. Problem bei so konstant guten Kurzauftritten ist nur, dass der Trainer irgendwann in die Situation kommt, daraus einen Startelfplatz zu machen. Und genau da steht der junge Finne, der heute wieder sehr belebend war und fast sogar getroffen hätte. Note: 2,5

IMMANUEL PHERAI (bis 71.): Was ist los mit ihm? Der junge Mittelfeldmann mit dem feinen Fuß und dem gefährlichen Torabschluss zeigt nichts von dem, was ihn auszeichnet. Seit Wochen läuft er viel – aber fast immer umsonst. Seinen Pfostenschuss heute standen unzählige Ballverluste und verlorene Zweikämpfe gegenüber. Das war wieder viel zu wenig für das Potenzial, das der Niederländer zweifellos hat. Note: 5

LUKASZ POREBA (ab 71.): Er hat sehr viele interessante und sehr gute Ansätze, die er immer wieder zeigt. Aber zum Durchbruch reicht es bislang noch nicht. Leider. Note: 3

LEVIN ÖZTUNALI (bis 61.): Ich hatte angesichts der Startelf vermutet, dass er sich zusammen mit Jatta die Rechtsverteidigerposition teilen würde und war gespannt. Aber es lam anders und er spielte Linksaußen, wo er viel verdichte und wenig bis nichts klappte. Mal wieder nicht. Positiv heute war: Er traute sich wieder etwas mehr und versuchte auch mehr. Daran muss er anknüpfen! Negativ hierbei: Davon klappte fast nichts. Note: 5

RANSFORD KÖNIGSDÖRFFER (ab 61.): Er machte schon in Düsseldorf nach seiner Einwechslung gute Sachen, die aber für das bis dahin schon verlorene Spiel nicht keinen Unterschied mehr machten. Auch heute war er schnell im Spiel, lief viel, machte viel – und er traf sogar. So bietet man sich beim Trainer für mehr an! Note: 2,5

ROBERT GLATZEL: Wieder turnte er rund um den Sechzehner herum und war zu selten dort, wo er hingehört: Als Abnehmer und Vollstrecker im gegnerischen Sechzehner. Dass seine Kernqualitäten nicht das lange Dribbling sowie der finale Pass sind, haben ihm bislang alle seine HSV-Trainer gesagt. Auch Baumgart. Jetzt wird es Zeit, dass sich der Toptorjäger darauf wieder besinnt, was ihn stark macht – denn dann wird er wieder mehr treffen. Heute war das okay, aber nicht gut. Note: 4

STATISTIK ZUM SPIEL:

DIE STATISTIK ZUM SPIEL:

HSV: Raab – Hadzikadunic, Schonlau, Muheim (60. Oliveira) – Reis, Meffert – Jatta (71. Suhonen), Pherai (71. Poreba), Benes (88. Okugawa), Öztunali (60. Königsdörffer) – Glatzel

SV Wehen Wiesbaden: Stritzel – Mockenhaupt, Mathisen, Vukotic – Fechner (66. Agrafiotis) – Goppel (78. Froese), Heußer, Kade (46. Bätzner), Günther (70. Rieble) – Prtajin, Kovacevic (66. Jacobsen)

Tore: 1:0 Muheim (33.), 2:0 Benes (51.), 3:0 Königsdörffer (85.)

Zuschauer: 55.523

Schiedsrichter: Bastian Dankert (Rostock)

Gelbe Karten: Pherai / Mathisen

Baumgart fehlt Unterstützung – HSV-Vorstand in der Pflicht

Baumgart fehlt Unterstützung – HSV-Vorstand in der Pflicht

Der HSV stagniert nicht, er fällt zurück. Er ist schwächer geworden, seit dem Trainerwechsel. Oder sogar „durch den Trainerwechsel“? Ja, behaupte ich – aber das liegt nicht an der Qualität Steffen Baumgarts, sondern vor allem daran, wie er in Hamburg arbeiten kann.  „Wir sind weit weg von dem, wie ich mir das vorstelle“, schimpfte Baumgart nach der schwachen Vorstellung seines neuen Teams bei Fortuna Düsseldorf am Freitag. Es gibt eine ganze Menge, was wir verändern müssen. Das hat jedenfalls mit dem Fußball, wie ich ihn mir vorstelle, noch nicht viel zu tun.“ Angesichts der unzureichenden Leistungen in den ersten Spielen unter seiner Führung muss das auch zu erwarten sein. Denn so wird das mit dem Aufstieg nichts. Also nicht einmal mit dem aktuellen dritten Rang, der zur Teilnahme an der Relegation berechtigt.

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich nicht mehr gewillt bin, auf platte Kommentare zu reagieren. Ich hätte doch so gen Walter gewettert und nun sei nichts besser, schreiben mir ein paar wenige und behaupten, mit Walter würden wir besser dastehen. Woher sie diese Ansicht nehmen – schwer zu sagen. Aber in einem Punkt haben sie tatsächlich recht: Der HSV spielt schwächer als unter Walter. Und das hat ganz einfache Gründe, die ich zusammen mit Profi-Analytiker Mats Beckmann von Createfootball.com in unserem neuen Talk besprechen und klar benenne. Und, Achtung, Spoiler: Die HSV-Führung um Sportvorstand Jonas Boldt spielt eine sehr zentrale Rolle. Aber seht und hört gern selbst:

Der neue Talk mit Profi-Analytiker Mats Beckmann von createfootball.com

Fakt ist, dass der HSV in Person seines Sportvorstandes zuletzt kein Mikrofon ausließ, um Baumgarts Vorgänger Tim Walter den Rücken zu stärken. Interviews, die bei allen ankamen – auch bei den Spielern. Ebenso kam und kommt bei den Spielern an, dass Boldt und Co. widerwillig den Trainer gewechselt haben und zunächst auch den wartenden Baumgart haben warten lassen. Alles in der Hoffnung, mit einer Interimslösung um Merlin Polzin aufzusteigen. Erst als dieser im Spiel bei Hansa Rostock (2:2) nichts verbessern konnte, beugte sich Boldt dem Druck und holte Baumgart. Aber die Frage, die unbeantwortet ist: Wollte Boldt Baumgart wirklich? Ich behaupte: Nein.

Baumgart wird nicht wie die Wunschlösung präsentiert – und so geschwächt

Und ich behaupte auch, dass die Mannschaft diese Haltung sehr wohl mitbekommen hat. Ein Dilemma für den Neuen, der hier gar nicht die Voraussetzungen vorfindet, um alles zu ändern, was er ändern müsste, um sein Spiel spielen zu lassen. Angefangen bei einer Mannschaft, die sehr monotaktisch geprägt ist bis hin zur fehlenden Rückendeckung. Diese wiederum führt dazu, dass es Baumgart schwer hat, die Mannschaft so umzustellen, wie er es sich vorstellt, ohne dass er eine große Unruhe intern riskiert.

Dass Baumgart das nicht selbst moniert – logisch. Es darf nicht jammern, wenn er seine eigene Position nicht unnötig weiter schwächen will. Er soll schließlich der neue Anker werden, mutiger zu agieren. Er will dieser Anker auch sein und vorangehen. „Einfach mal umsetzen, was vorher klar besprochen war“, forderte Baumgart von seinem Team und kündigte in der Kommunikation einen klareren Ansatz an: „Ich muss deutlicher werden.“

So, wie bei Rückkehrer Laszlo Benes, der nach abgesessener Rot-Sperre auf der für ihn ungewohnten Linksaußenposition kein Faktor war. „Es weiß jeder, dass dies nicht meine Lieblingsposition ist“, hatte Benes seine Positionierung und damit die Entscheidung Baumgarts kritisieret, doch Baumgart blieb auch in dieser Frage stur: „Ich wüsste nicht, warum das nicht funktionieren sollte.“ Ich schon: Weil Benes im Mittelfeldzentrum sein Tempodefizit besser kaschieren kann und weil er zum anderen aktuell der einzige zentrale Mittelfeldspieler mit halbwegs Normalform ist, da Immanuel Pherai und Ludovit Reis derzeit schwächeln.

Fazit: Baumgarts schwache Ausgangsposition lässt ihm wenig Spielraum. Zu wenig, um seine Veränderungen schnell durchzusetzen. Und die Kompromisse, die er eingehen muss, lassen ihn zusätzlich Fehler machen wie im Falle Benes. Eine Mischung, die toxisch ist und die den HSV aktuell weiter abrutschen lassen. Es ist eine Mischung, die den Trainerwechsel-Effekt ins Negative verkehrt und die im unveränderten Fall zum Komplett-Umbruch Nummer 10.000 führen würde. Dann nach einem erneut verpassten Wiederaufstieg.

Viele haben gefordert, dass sich die Mannschaft mal intern zusammensetzt, Tacheles redet und für die restlichen neun Spiele richtig einschwört. Mir persönlich würde es fürs Erste reichen, wenn Vorstand Boldt sowie Sportdirektor Claus Costa und Trainer Baumgart dies machen und nach außen auch die Geschlossenheit proklamieren, die Baumgart braucht, um die nötigen Veränderungen auch in der Mannschaft umsetzen zu können. Und zwar sofort, denn Zeit für Umgewöhnung hat der HSV keine mehr.

Euch allem einen schönen Abend.

Scholle

Offenbarungseid in Düsseldorf – HSV am Tiefpunkt

Offenbarungseid in Düsseldorf – HSV am Tiefpunkt

Das war mal wieder – gar nichts! Dieser HSV, der sich heute in Düsseldorf bei der 2:0-Auswärtspleite einen Offenbarungseid erlaubte, wird mit dem Aufstieg nichts zu tun haben. Also wirklich rein gar nichts. Denn aktuell funktioniert beim HSV nichts. Kein Spieler kommt an seine Normalform ran, der Trainereffekt verkehrt sich – und die Mannschaft präsentiert sich auf dem Platz fahrig, fehlerbehaftet und destruktiv. Die Körpersprache der Führungsspieler ist verheerend und die Körperspannung entspricht der eines Regenwurmes. Wir müssen ganz schnell wieder Stabilität reinkriegen und auf dem Platz alles geben. Von allem fehlt etwas. Von der Mentalität, von der Genauigkeit, von den Ballverlusten. Das ist zu wenig“, ärgerte sich Benes. 

Zurecht. Und wer aus der Mannschaft nicht auf Benes hören will, der musste heute nur einmal in die Kurve HSV-Fans schauen und hören.  Denn die ansonsten außergewöhnlich geduldigen Anhänger verlieren ihrerseits den Glauben an diese Mannschaft. So viele Becherwürfe und wütende Proteste habe ich lange nicht mehr gesehen. Und das Schlimmste daran: Jeder einzelne Protest ist absolut nachvollziehbar und sollte auch dem letzten HSV-Profi klarmachen, dass man hier den Bogen maßlos überspannt…

Neu-HSV-Coach Steffen Baumgart wirkt in seinen Analysen und Interviews ebenso klar wie desillusioniert. Er erreicht die Mannschaft zumindest nicht so, wie er es sich selbst vorstellt und wie es nötig ist. Denn während man defensiv für Gegenstöße weiterhin brutal anfällig ist, gelingt offensiv gar nichts mehr. „Vor dem Tor war es auch zu wenig. Der letzte Pass war immer wieder ungenau“, sagte Benes, „wir brauchen deutlich mehr, das weiß ich. Ich hoffe, das weiß jeder. Jetzt geht es weiter darum, dass wir im nächsten Spiel eine Reaktion zeigen und drei Punkte holen.“ Und eines ist auch klar: Ein Sieg gegen Wehen Wiesbaden am kommenden Wochenende dürfte in der aktuellen Verfassung dieser Mannschaft ebenso zwingend wie schwierig werden.

Kurzes Zwischenfazit – und so ehrlich muss man sein: Mit Walter wäre der HSV auch nicht sicherer geworden, aber mit Baumgart ist noch nichts besser, dafür aber einiges schlechter geworden. Ich kann nur hoffen, nein, ich wünsche es dem ebenso sympathischen wie geradlinig-authentischen Baumgart, dass es ihm schnell gelingt, dieser Mannschaft zu vermitteln, was er will. Denn nur dann verspielt die Mannschaft nicht schon frühzeitig den letzten Funken Hoffnung auf einen direkten Aufstieg. Heute hat man in dieser Hinsicht mal wieder einen ganz großen Schritt gemacht – aber rückwärts.

Und das hat Gründe. Tieferliegende, psychologische Gründe, weil man sich in den letzten Jahren immer größer gemacht hat, als man es letzten Endes war. Aber auch in der wenig überzeugenden Art und Weise sowie den zu späten Zeitpunkt des Trainerwechsels seitens des aktuellen Vorstandes. Ich sehe auf dem Platz bei den Führungsspielern nur eine sehr bedingte Bereitschaft, Neues anzunehmen und umzusetzen. Und die Überzeugung seitens des Vorstandes lässt auch auf sich warten – oder seht und lest Ihr Interviews mit Sportvorstand Jonas Boldt, in denen er Baumgart so unmissverständlich stützt, wie er zuvor Tim Walter über jeden Nichtaufstieg hinweggetragen hat?

Nein. Fakt ist für mich, dass Steffen Baumgart noch nicht seinen Fußball spielen lassen kann, weil er hier einen sehr fest geformten Kader und stark eingefahrene Abläufe vorgefunden hat, die er nicht mal eben aufbrechen kann, ohne Chaos zu verursachen. Soll heißen: Baumgart nimmt noch Kompromisse im Spiel in Kauf, von denen er selbst nicht überzeugt ist. Und das merken alle. Aber dazu in den nächsten Tagen mehr.

SPIELERBEWERTUNGEN:



MATHEO RAAB: 
Dass er im reinen Torwartspiel Vorteile gegenüber Heuer Fernandes hat, wird intern schon länger so gesehen. Und auch heute hatte er wieder starke Reflexe. Und: Er kann absolut nichts dafür – aber es bleibt ein riesengroßer Fehler, ihn in dieser Saisonphase reingeworfen zu haben und damit die halbwegs stabile HSV-Mittelachse aufzubrechen. Es lag auch nicht an seinen reinen Torwartleistungen – aber mit diesem Wechsel setzte Walter ein schlimmes Zeichen – und Baumgart korrigierte es nicht. Raab tut mir ehrlich gesagt leid, weil er ein richtig guter Keeper ist, der zum völlig falschen Zeitpunkt reingeworfen wurde und plötzlich Teil des schwächsten HSV der letzten Jahre ist. Note: 3

IGNACE VAN DER BREMPT (bis 72.): Erst muss er schneller einrücken, dann kann er die Flanke zum 0:1 verhindern – und schafft es nicht. Dass beide Tore über die rechte Seite fielen, lag auch an seinem falschen Stellungsspiel. Note: 6

LEVIN ÖZTUNALI (ab 73.): Er traute sich zumindest endlich mal, nach vorn was zu machen. Relativ betrachtet besser als die meisten anderen HSVer auf dem Platz. Aber eben noch nicht gut. Aber ich will ihm keine schlechte Note geben, daher gibts keine..

DENNIS HADZIKADUNIC: Er hätte eher einrücken müssen vor dem 0:1. Note: 4
SEBASTIAN SCHONLAU: 
Hob das Abseits auf vor dem 0:1. Dass der HSV die schwächste Defensive in der Zweiten Liga hat, hatten viele seinem Fehlen zugeschrieben. Auch ich. Aber auch mit ihm wird es einfach nicht besser. Die Konteranfälligkeit ist frappierend. Seine Körpersprache ist auch weit entfernt von der eines Mannschaftskapitäns auf dem Platz. Note: 5

NOAH KATTERBACH (bis 14.): Fahriger Beginn, katastrophal gepennt vor dem 0:1, als er seinen Gegenspieler einfach mal fünf Meter Freiraum gewährte im Sechzehner. Dann musste er früh verletzt raus – schlimmer hätte es für ihn nicht laufen können. Note: 6

MORITZ HEYER (ab 14.): Führte sich gut ein – zog früh die erste Gelbe und flog in der 51. mit Gelb-Rot. So leid es mir tut, aber trotz einiger guter Ansätze bleibt da nichts anderes als die Note: 6

JONAS MEFFERT (bis 72.): Er soll Stabilität im Mittelfeld herstellen, geht aber stattdessen gerade komplett mit unter. So viele Fehlpässe habe ich lange nicht bei ihm gesehen. Ich werde das Gefühl nicht los, dass er mit dem Trainerwechsel schwächer geworden ist.  Note: 6

ANSSI SUHONEN (ab 73.): Zu wild.
LASZLO BENES: 
Er sollte, er wollte, und er machte auch – aber es gelang nicht viel. Linksaußen ist einfach nicht seine Position. Note: 4

LUDOVIT REIS (58.): Er war so wichtig. Er WAR es… Aber wann wird er es wieder? Wird er es in dieser Saison überhaupt noch? Ich hoffe es. Aber: Viel Zeit hat der HSV nicht mehr. Heute wieder in allem viel zu langsam, mutlos, uninspiriert. Manchmal sogar lustlos. Er wirkt auch von der Körpersprache her nicht so, als wäre er auf einem ausreichenden Niveau. Ehrlich gesagt war das brutal schlecht. Note: 6

RANSFORD KÖNIGSDÖRFFER (ab 59.): Er wirkte belebend – aber seine Bemühungen liefen in die allgemeine Leere des restlichen HSV-Auftrittes.

BAKERY JATTA: Grausame Pässe – sobald er mal nicht den ganz einfachen Pass spielt. Wenn einer der schnellsten Spieler der Liga etliche Angriffe langsam macht, läuft mächtig was falsch. Er hat nicht viele aber durch sein Tempo eine überragende Qualität – nur kommt die aktuell null zum Tragen. In der Form ist er:   Note: 6

ROBERT GLATZEL: In der 30. Minute mit dem ersten gefährlichen Torschuss – für den HSV in diesem Spiel und für ihn im dritten Spiel unter Baumgart. Es blieb der einzige. Er ist nur noch ein Schatten dessen, was ihn in den letzten Jahren zum besten Zweitligastürmer gemacht hat. Note: 5

IMMANUEL PHERAI (bis 72): Ineffizientes Gezappel. 95 Prozent seiner Laufwege bringen dem HSV gar nichts. Die ein, zwei gefährliche Aktionen mit seiner Beteiligung machen nicht die sechs oder sieben anderen guten Aktionen wett, die er mit Ballverlusten in allen Variationen verhindert. Nach dem Platzverweis für Heyer im Vierer-Mittelfeld (4-4-1) noch planloser als bis dahin. Note: 6

ANDRAS NEMETH (ab 73.): Harmlos. Konnte nichts bewegen. Teilweise nicht mal sich selbst.

TRAINER STEFFEN BAUMGART: Er ist absolut noch nicht angekommen. Der Trainer-Effekt läuft eher verkehrt herum. Denn unter ihm wirkt der HSV völlig planlos, ungefährlich und sogar noch schwächer als zuletzt unter Walter. Er hat definitiv noch keinen Weg gefunden, seiner Mannschaft Sicherheit zu geben. Denn Fakt ist, dass die Mannschaft mehr läuft und aktiver ist – aber eben auch Taktisch heute mit einem verkappten 4-4-2, das schon allein durch Pherais Quasi-Ausfall nach vorn wirkungslos blieb und nach hinten Löcher verursachte. Dass er nicht frühzeitig umstellte war fahrlässig. Note: 5

DIE STATISTIK ZUM SPIEL:

Fortuna Düsseldorf: Kastenmeier – Zimmermann, Oberdorf, Quarshie (44. Siebert), Gavory (87. Uchino) – Engelhardt – Klaus (60. Jastrzembski), Tanaka, Johannesson (87. Manu), Tzolis – Daferner (60. Mustapha)

HSV: Raab – Van der Brempt (72. Nemeth), Schonlau, Hadzikadunic, Katterbach (14. Heyer) – Meffert (72. Suhonen) – Jatta, Reis (58. Königsdörffer), Pherai (72. Öztunali), Benes – Glatzel

Tore: 1:0 Klaus (11.), 2:0 Tsolis (63.)

Zuschauer: 54.600 (ausverkauft)

Schiedsrichter: Martin Petersen (Stuttgart)

Gelbe Karten: Siebert, Johannesson / –

Gelb-Rote Karten: – / Heyer (51.)

Der HSV darf sich nicht zu schade sein für die einfachen Dinge

Der HSV darf sich nicht zu schade sein für die einfachen Dinge

Steffen Baumgart weiß nach eigener Aussage, wo er ansetzen muss. Und dementsprechend will der HSV mit einem offensiveren Robert Glatzel und dem Rückkehrer Laszlo Benes am Freitag beim Auswärtsspiel bei der Fortuna Düsseldorf offensiv mehr Durchschlagskraft haben. Mit anderen Worten: Glatzel muss das Delta an gefährlichen Pässen nicht mehr selbst ausbügeln, sondern soll sich auf Benes verlassen können, dem eine ganz wichtige Rolle unter Baumgart zuteilwird. Baumgart geht sogar so weit, dass er sagte, Glatzels Positionierung werde „schon wieder besser sein“, sodass „er viel besser in seine Abschlusssituationen kommt“.

Denn das fehlte zuletzt. Gegen Elversberg hatte Glatzel ebenso wie gegen Osnabrück keine Torabschlüsse – vom Foulelfmeter mal abgesehen. Und das „auch aus dem Grund, dass er viel aus der torgefährlichen Zone herausgegangen ist, um der Mannschaft zu helfen“, erklärte Baumgart heute auf der Pressekonferenz. „Ich glaube, wir müssen dahin kommen, dass wir viele gute Jungs haben, die das für ihn machen können, sodass er im zentralen Bereich bleibt.“ Und damit sprach Baumgart kein Geheimnis an, sondern er wählte genau die Worte, die vor ihm auch Walter so gewählt hatte.

Problem hierbei: Glatzel selbst sah das immer wieder anders, wollte sich immer auch tief die Bälle selbst abholen und verteilen. Damit das nicht mehr nötig wird, soll Benes helfen. Der torgefährliche Mittelfeldspieler kehrt nach seiner abgesessenen (und viel zu langen) Rotsperre zurück in den Kader. Der 26 Jahre alte Slowake war im letzten Spiel unter Tim Walter in der Schlussphase gegen Hannover 96 mit Roter Karte vom Platz geflogen und hatte eine Sperre von drei Spielen kassiert. „Er wird auflaufen“, verriet Baumgart heute schon und lobte den Slowaken vorab: „Er wird eine große Rolle spielen, nicht nur aus dem Spiel heraus, sondern auch was Standards angeht. Wenn alles normal läuft, läuft er von Anfang an auf.“

Ein Vertrauensvorschuss, der sicherlich gerechtfertigt ist – der aber auch eine Erwartungshaltung an den Linksfuß richtet. Er soll richten, was Immanuel Pherai und Ludovit Reis zuletzt nicht hinbekommen hatte: Für Torgefahr zu sorgen. Wer am Ende für Benes rausrücken wird, ließ Baumgart noch offen. Und obgleich viele mit Reis rechnen, hoffe ich, dass er Reis nicht runternimmt. Reist braucht die Spielzeit, um langsam wieder zu alter Form zu finden. Wobei, nein: Er muss schnell wieder zu alter Form finden. Aber abgesehen davon, dass ich ihn in der zweiten Halbzeit gegen Osnabrück erstmals ein wenig im Aufwind empfunden habe, als er ausgewechselt wurde, ist er mit seiner Art im Mittelfeld extrem wichtig.

Zumindest so lange wie Baumgart weiter im 4-3-3-System (für mich war es zuletzt mehr ein 4-1-2-3-System) spielen lassen will. Denn dann hätte er mit Reis einen Spieler, der zwar nach vorn gefährlich werden kann, der aber auch die Defensive beherrscht. Und das wird nötig sein, wie auch Baumgart heute ankündigte: „Ich glaube, dass Düsseldorf noch eine höhere Qualität im Umschaltspiel als Osnabrück hat. Deswegen müssen wir höllisch aufpassen. Wir müssen halt klarer werden, wenn wir nach vorn spielen“, sagte Baumgart. „Ich gehe davon aus, dass wir viel Ballbesitz haben werden, dass wir viel in der gegnerischen Hälfte sein werden.“ Und in Benes erhält Baumgart einen wichtigen Spieler für die Offensive zurück, dessen Qualitäten dem HSV bei der 1:2-Niederlage in Überzahl gegen den Tabellenletzten VfL Osnabrück sicherlich gut zu Gesicht gestanden hätten.

Unterstützung erhält der HSV im Rheinland von zahlreichen Fans. Mit bis zu 10 000 Unterstützern rechnen die Hamburger in der Fremde. Stephan Ambrosius, Miro Muheim, Jean-Luc Dompé, William Mikelbrencis und Daniel Heuer Fernandes (fiebrige Erkältung) werden dabei fehlen. „Heuer ist erkältet, hat die letzten zwei Tage auch Probleme und Fieber gehabt. Deshalb wollte ich da relativ schnell Klarheit haben, dass Tom (Mickel) mitfährt“, erklärte Baumgart heute glaubhaft. Dennoch habe ich das Gefühl, dass es nicht das letzte Mal in dieser Saison sein wird, dass Heuer Fernandes fehlt. Zumindest soll die Stimmung intern recht frostig geworden sein. Anders, als es bei der viel gefeierten Vertragsverlängerung des Keepers Anfang des Jahres offiziell verlautbart wurde. 

Dennoch, bei allem Unverständnis über den Torwartwechsel meinerseits dürfen persönliche Befindlichkeiten hier keine Rolle spielen. Baumgart muss genau hinschauen, wer voll mitzieht und wer nicht. Und Letztgenannte gehören raus aus dem Kader. Und das gilt für alle HSV-Profis, ganz klar.

Aber, und auch das sage ich ganz klar: Ich glaube nicht, dass es in dieser Mannschaft viele von dieser Sorte gibt, ganz im Gegenteil. Auch das mir viel zu pauschale Gebashe auf die Spieler, denen nach Osnabrück Leidenschaft und Wille abgesprochen wurde, halte ich in der Form für deplatziert. Denn es sind weniger die Spieler an sich, die den HSV immer wieder scheitern lassen, wenn es gegen die vermeintlich Kleinen geht. Es ist vielmehr das Umfeld, das die Stehenden Ovationen beim Abstieg und die dauerhaft ausverkauften Heimspiele falsch gedeutet haben.

Aus dem außergewöhnlich loyalen Beistand der Fans in schwierigsten Zeiten leiteten die Verantwortlichen für sich die fatale Interpretation ab, die Fans seien begeistert vom aktuellen Weg und man müsse diesen nicht ändern.  Immer wieder wurde davon gesprochen, dass man doch die Fans mit dem spektakulären Fußball endlich wieder begeistert habe. Und obgleich das in kleinen Teilen auch stimmen mag, wünschen sich die Fans nichts mehr als den Fußball, der zum Aufstieg führt. Denn obwohl sich immer mehr Fans fatalerweise mit der Zweiten Liga anfreunden, tut der größte Teil das eben nicht. Zu sehen und zu hören war das am Sonntag in der Nordkurve, wie auch Jan Euch im Talk bestätigt. Fakt ist, zumindest sehe ich das so, dass der HSV seine Leitkultur aufgeweicht hat und sich das gemäß dem Sprichwort „Der Fisch stinkt vom Kopf her“ bis in die Mannschaft ausgewirkt hat. 

Für die völlig überhöhte Selbsteinschätzung des HSV gibt es viele kleine und größere Beispiel, die sich in Zitaten von Tim Walter immer wiederfanden. „Wir bleiben nur bei uns und entscheiden ganz allein, wer aufsteigt“ und ähnliche Sätze sollten das Selbstvertrauen demonstrieren, das Walter seiner Mannschaft mitgeben wollte. Und ich will Walter dabei auch gar keine üble Absicht nachsagen – ganz im Gegenteil! Er hat sich immer vor die Mannschaft gestellt und wollte auch hier vorangehen. Aber Walter ist ein gutes Beispiel für den schmalen Grat zwischen Selbstvertrauen und Überheblichkeit. Diese Haltung hat immer wieder dazu geführt, dass der HSV auf dem Platz dachte, mit viel Ballbesitz auch ausreichend Punkte einzufahren. Oder anders formuliert: Dominanz gepaart mit Arroganz scheitert. Immer wieder.

Und genau das will Baumgart in die Mannschaft hineinbekommen. Bodenständigkeit, Demut vor der Aufgabe, Basics wieder zum Normalen werden lassen und sie nicht mehr als einer Spitzenmannschaft unwürdig erscheinen lassen. Und das alles, ohne der Mannschaft das vorhandene Potenzial abzusprechen. Nach dem jüngsten Misserfolg müsse seine Mannschaft nun den Kopf hochnehmen. „Wir haben geguckt, dass wir hinsichtlich Freitag die richtigen Wege finden, auch einiges dann besser zu machen“, sagte Baumgart. In Düsseldorf werde man wieder „große Möglichkeiten“ auf einen Erfolg zu haben. Zugegeben: Das klingt alles noch nicht so greifbar für mich. Dennoch hoffe ich, dass Baumgart der Mannschaft klarmacht, dass grätschen, kämpfen und mehr zu laufen als der Gegner ausschließlich positiv besetzte Attribute sind. Attribute einer Spitzenmannschaft, die zwingend notwendig sind, wenn man aufsteigen will.

In diesem Sinne, Euch allen einen schönen CL-Abend, sofern Ihr schaut. Und: Bleibt gesund!

Scholle

Alarmierende Niederlage gegen den Tabellenletzten – HSV patzt gegen zehn Mann!

Alarmierende Niederlage gegen den Tabellenletzten – HSV patzt gegen zehn Mann!

Wenn man solche Ergebnisse auf dem Silbertablett gereicht bekommt und es dann über 90 Minuten nicht schafft, gegen den Tabellenletzten zuhause zu gewinnen – dann hat man keine Argumente. Und die hatte der HSV heute nach diesem maßlos enttäuschenden Auftritt auch nicht. Der neue Trainer sprach von fehlendem Einsatz und Laufbereitschaft – und das ist sicher korrekt. Ich fand aber noch schlimmer, wie wenig Ideen der HSV rund um den Osnabrücker Strafraum hatte. 14 Torschüsse stehen statistisch zu Buche. Und wirklich gefährlich war davon – genau: KEINER! Also abgesehen natürlich vom Elfmeter.

Das heute war ein wirklich alarmierender Rückschritt, weil wie schon gegen Elversberg erneut Basics gefehlt haben. Königsdörffer und später Dompé hatten über die Außen nichts beizusteuern, Jatta versuchte es, scheiterte aber letztlich oft an sich selbst. Robert Glatzel wurde nach dem Spiel dafür gelobt, dass er Bälle gut festgemacht und abgelegt hat. Aber noch mal: Außer Glatzel hat der HSV aktuell keine Spieler, die Torgefahr erzeugen können. Ergo: Glatzel muss im und am Sechszehner in Abschlusssituationen gebracht werden. Und das haben weder der noch Ewigkeiten von alter Form entfernte Ludovit Reis noch Immanuel Pherai noch irgendwer sonst heute hinbekommen.

Nächsten Freitag in Düsseldorf wird den HSV ein anderer Gegner erwarten. Die Fortuna wird sich nicht darauf beschränken, dass HSV-Spiel zu zerstören, sondern selbst mitspielen. Das dürfte dem neuen Trainer Steffen Baumgart und seiner Mannschaft entgegenkommen. Ebenfalls gut: Laszlo Benes ist wieder einsatzbereit nach abgesessener (zu langer!) Rot-Sperre. Aber sollten Benes, Glatzel und Co in Düsseldorf wieder der Meinung sein, mit so wenig Fokus im letzten Drittel erfolgreich sein zu können, wird das wieder schiefgehen. Hier muss der Trainer, der das schon gegen Elversberg erkannt und analysiert hatte, der Mannschaft in den nächsten Tagen Lösungen mitgeben, die sich auf dem Platz bemerkbar machen.

Aber dazu mehr im Blitzfazit.

Anbei noch die Daten zum Spiel und ein paar Reaktionen.

DIE DATEN ZUM SPIEL:

HSV: Raab – Van der Brempt, Schonlau, Hadzikadunic, Katterbach (90.Öztunali) – Meffert (81.Suhonen), Reis (58.Poreba), Pherai – Jatta (81.Nemeth), Glatzel, Königsdörffer (58.Dompe)

VfL Osnabrück: Kühn – Ajdini (71. Androutsos), Gyamfi, Diakhite, Kleinhansl – Gnaase – Cuisance, Kunze (62.Tesche) – Makridis (62.Niemann), Engelhardt (78.Wiemann), Conteh (78.Wulff)

Tore: 0:1 Kunze (6.), 1:1 Glatzel (45.), 1:2 Cuisance (89.)

Zuschauer: 57.000 (ausverkauft)

Schiedsrichter: Richard Hempel (Großnaundorf)

Gelbe Karten: Reis (26.), Pherai (47.), Dompe (65.), Proeba (80.) / Gyamfi (45.), Cuisance (82.)

Gelb-Rote Karten: – / Gyamfi (76.)

STIMMEN ZUM SPIEL:

Sebastian Schonlau: Wir sind nicht gut ins Spiel gekommen. Die erste Standardsituation führte direkt zum Tor. Wir sind dann prompt dem Rückstand hinterhergerannt. Das war in meinen Augen nicht schlimm, weil wir noch fast 90 Minuten Zeit hatten, um das Spiel zu drehen. Wir hatten es zur Halbzeit dann auch ausgeglichen, sind mit guter Energie aus der Pause gekommen und waren irgendwann im zweiten Durchgang aber zu hektisch und unsauber. Wir hatten zwar viele Hereingaben, sie wurden aber allen voran vom Torhüter erfolgreich abgefangen. Null Punkte vor ausverkauftem Haus sind enttäuschend. Wir haben jetzt noch zehn Spiele und zwei Punkte Rückstand auf Kiel. Es sind 30 Punkte zu vergeben. Wir haben in den vergangenen Spielzeiten gezeigt, dass wir zu einem Schlussspurt in der Lage sind. 

Noah Katterbach: Die ersten 20 Minuten haben wir uns schwergetan, ins Spiel zu kommen. Danach hatten wir viele Situationen, bei denen wir bis in den Strafraum vorgedrungen sind, aber zu häufig den entscheidenden Pass nicht anbringen konnten. Wir müssen vorn einfach konsequenter sein und auch gegen tiefstehende Gegner unsere Lösungen finden. Wir brauchen nicht darüber zu reden, dass das Ergebnis dann unterm Strich total enttäuschend ist. Osnabrück hat uns mit drei Torschüssen geschlagen.  

Robert Glatzel: Wir hatten mit Ausnahme der Anfangsphase über weite Strecken mehr Spielanteile, haben uns aber zu wenig eigene Torchancen herausgespielt. Osnabrück hat sehr tief verteidigt, sodass es wenig Räume hinter der Abwehrkette gibt. Das darf aber keine Ausrede sein. Für unseren Anspruch und unsere Qualität waren es zu wenig Torchancen. Wir haben mit dem Ballbesitz zu wenig angefangen, zu wenig direkt nach vorn gespielt. Es hat zu lange gedauert, es gab kaum Kontersituationen. Wir müssen dann andere Lösungen finden, mehr über die Flanken und das Zusammenspiel kommen. Es ist extrem bitter, weil die Ausgangslage mit dem Heimspiel und den Ergebnissen der Konkurrenz wie gemalt war. 

Steffen Baumgart: Wir brauchen mehr Klarheit in unserem Spiel. Das wurde nach schlechtem Beginn zwar im Laufe der Partie besser, aber selbst das 1:1 wäre für uns enttäuschend gewesen. Am meisten hat mir in unserem Spiel gefehlt, dass wir gegen eine Mannschaft, die um ihre Existenz kämpft, die gleiche Leidenschaft und das gleiche Herz auf den Platz bringen. Das sind die Grundtugenden, die du immer bringen musst. Natürlich werden wir inhaltlich in die Analyse gehen, vor allem aber müssen wir uns hinterfragen. Wir haben jetzt noch zehn Spiele und alles selbst in der Hand, aber nur mit Fußball wird es nicht gehen, wir brauchen auch die richtige Mentalität. Wir haben noch viel Arbeit vor uns.

Uwe Koschinat: Das war ein Sieg der Solidarität, den wir uns als Mannschaft hart erarbeitet haben. Wir sind gut ins Spiel gekommen, haben den HSV etwas überrascht und uns später dann darauf beschränkt, gegen einen immer stärker werdenden Gegner gut zu verteidigen. Daher hatten wir nur wenige eigene Möglichkeiten. Im Laufe der zweiten Hälfte wurde der Druck dann noch größer und für uns ging es nur noch darum, das Spiel des HSV zu zerstören. Nach dem Platzverweis war dann eigentlich klar, dass für uns maximal das Halten des einen Punktes möglich sein wird. Doch wie es im Fußball eben manchmal so ist, hat beim Gegner in Überzahl ein wenig die Konzentration nachgelassen, was wir dann clever zum Sieg ausgenutzt haben.