Der nächste Schritt? HSV mit erwachsenem Last-Minute Sieg dank Masken-Selke

Der nächste Schritt? HSV mit erwachsenem Last-Minute Sieg dank Masken-Selke

Der HSV hat seine Auswärtsschwäche bei Aufstiegen in kleinen Stadien endlich besiegt. Mit 2:1 und dank zweier Treffer von Masken-Mann Davie Selke sagten die Mannen von Trainer Merlin Polzin bei Preußen Münster, nachdem man in der ersten Halbzeit sogar in Rückstand geraten war.. Und genau darin liegt für mich die Botschaft dieses Spiels: Dieser HSV ist resilient! Diese Mannschaft glaubt so sehr an sich, dass sie die notwendige Geduld auf den Platz bringt, um auch solche Spiele in der Nachspielzeit zu gewinnen. „Wir wollten unbedingt geduldig bleiben. Das Wort habe ich diese Woche so oft gehört wie nie zuvor“, verriet Jonas Meffert nach dem Spiel. „Das war das Wort der Woche. Wir wussten, dass es sehr schwierig hier wird. Wir wollten konzentriert spielen. Das Gegentor war etwas unglücklich, aber wir haben immer an uns geglaubt. Am Ende hatten wir auch ein bisschen Glück mit dem Elfmeter. Vielleicht war das viele Halten in der Summe zu viel. Ich bin sehr glücklich, dass wir hier gewonnen haben.“

Und fürwahr: Schön ausgesehen hat es nicht immer, das muss es aber eben auch n nicht, wenn man nur gewinnen will. Und das wollte diese Mannschaft, angeführt von „Mentalitätsspieler“ (O-Ton Polzin) Davie Selke, der mit Maske auflief und der in der ersten Halbzeit nach schöner Flanke von Meffert eiskalt und cool gegen die Laufrichtung des Münster-Keepers einköpfte. Ein schöner Treffer – und ein. ehr wichtiger. Denn er egalisierte einen Rückstand, den man so immer wieder mal rasieren kann, der aber angesichts des Spielverlaufs eher unglücklich war.

Dennoch, anstatt in Hektik zu verfallen und wie doof anzurennen, blieb die Mannschaft bei ihrem ruhigen Spielstil, der manchmal ein wenig zu träge gewirkt haben mag der aber einfach erwachsen ist. SO geht das, und zwar nur so! Zumindest, wenn man nicht alle Mannschaften von der ersten bis zur letzten Minute dominieren kann. „Es ist genau das Kampfspiel geworden, das wir erwartet haben. Uns war wichtig, dass wir bei unseren Prinzipien bleiben, dass wir uns die Sicherheit trotz Rückstand holen“, sagte Selke nach Schlusspfiff. „Da sind wir heute klar geblieben, machen zum richtigen Zeitpunkt den Ausgleich und haben bis zum Ende daran geglaubt, dass wir dieses Spiel noch gewinnen. Zuvor hatten wir schon Pech mit Pfosten und Latte, aber ich hatte die absolute Überzeugung, dass wir noch gewinnen werden. Und das haben wir als echte Einheit geschafft. Deshalb war dieser Sieg für uns ein echter Bigpoint. Ich bin sehr stolz auf uns alle, weil man eine klare Entwicklung sieht.“

Selke selbst war es, der in der Schlussminute zuerst den Elfmeter selbst (und sehr geschickt!) provozierte, um ihn dann selbst sicher zu verwandeln. Note 1 für den Masken-Mann, der den HSV zumindest vorübergehend wieder an die Tabellenspitze hievte. Vor allem aber war dieser Treffer der Siegel auf dem neuen, erwachsenen Spielstil des HSV, den er jetzt bitte unbedingt konserviert. Denn das wird es mit dem Aufstieg klappen! Schlusswort Merlin Polzin: „Es ist hier in Münster sehr anspruchsvoll, das wussten wir. Wir sind es aber gut angegangen und haben uns am Ende belohnt. Wir hatten viele Torchancen, haben immer weitergenmacht, sind ruhig geblieben und haben weiter unseren Fußball gespielt. Das ist für mich das Wichtigste. Deshalb bin ich sehr stolz auf die Mannschaft, für die dieser Abend in ihrer Entwicklung und in ihrem Prozess ein wichtiger Step war.“

DIE EINZELKRITIKEN:

Daniel Heuer-Fernandes: Bitter, dass er in so einem Spiel trotzdem hinter sich greifen musste. Fehlerfrei und nicht geprüft. Note: 3

Silvan Hefti (bis 81.): Gute Entscheidung, ihn anstelle von Mikelbrencis zu bringen. Er ist einfach defensiv etwas abgeklärter. Dafür traut er sich nach vorn zu wenig und ist zu oft zu unkonzentriert im Abspiel. Er macht insgesamt zu wenig nach vorn. Aber das kann – und muss noch kommen. Note: 4

William Mikelbrencis (ab 82.):  Was für ein belangloser Wechsel…

Denis Hadzikadunic: Er ist momentan gut drauf. Dass er letzte Woch ausgewechselt wurde, war falsch. Und das bestätigte er heute. Hatte seinen Gegenspieler stets im Griff Note: 3

Sebastian Schonlau: Ruhe ins Spiel zu bringen ist nicht immer das Beste. Zumindest nicht, wenn der Gegner bewusst tief steht. Dann kann das schnell nervig wirken. Beim Gegentor kommt er nicht rechtzeitig zum Ball – aber hier war nicht er der Verursacher, sondern Muheim per Stellungsfehler zur Ecke und Sahiti… Elfadli finde ich auf der Position zwar stärker, aber es ist gut, Alternativen zu haben. Note 3,5

Miro Muheim: Er pennt vor der Ecke zum 0:1, war aber ansonsten auf der Höhe. Aber er kann es besser.  Note: 3,5

Jonas Meffert: Seine Flanke war für Selke schnell zu erkennen – und ein Traum für jeden Stürmer. Dass er so einen Pass auch dem Gegner in den Raum legt (65.), war nicht geplant.   Note: 3

Marco Richter (bis 67.): Ich habe ihn letzte Woche gelobt für seine starke erste Halbzeit. Daran konnte er heute nicht anknüpfen. Dafür hätte er zu Beginn der zweiten Halbzeit fast getroffen, wenn er seinen Abschluss etwas weniger zentral aufs Tor gebracht hätte. Und er wurde diesmal hinten raus besser – und dann musste er raus… Note: 3

Ludovit Reis (ab 67.): Sollte noch mal Frische und Druck reinbringen, das schaffte er nicht. Er ist noch weit davon entfernt, eine Hilfe zu sein. Note: 4

Adam Karabec (bis 67.): Er ist immer dabei, spielt mit, verteilt Bälle, fordert sie – aber mir fehlt bei ihm die nötige Entschlossenheit Richtung gegnerisches Tor. Auch vor dem Elfmeter, der keine klare Fehlentscheidung war und trotzdem zurückgenommen wurde.   Note: 3,5

Ransford Königsdörffer (ab 67.): Mit seiner ersten Aktion muss er die Führung herstellen. Erst, indem er Selke hätte freispielen müssen, dann per Kopf im Nachschuss. Er brauchte zu lange, wenn er an den Ball kam. So viele gute Gelegenheiten wie er hatte sonst keiner. Er ließ sie ungenutzt.  Note: 4

Otto Stange (bis 45.): Profitierte von Dompés Verspätung und spielte das auf der linken Seite besser, als ich es gedacht hatte. Aber klar ist, dass er in den Sechzehner gehört und nicht auf die Außenbahn. Trotzdem war die Leistung besser, als dass man ihn rausnehmen müsste. Note: 3,5

Jean-Luc Dompé (ab 46.): Aus disziplinarischen Gründen zunächst nur auf der Bank, weil er zu spät kam. Unfassbar, wie oft das beim HSV in letzter Zeit passiert. Seine Undiszipliniertheit kostete den HSV die erste Halbzeit. Mit ihm wäre der HSV schon in der ersten Halbzeit in Führung gegangen, behaupte ich. Auch wenn er zweite Halbzeit Druck machte, gibt’s Disziplin-Abzug in der A-Note.  Note: 4

Emir Sahiti (bis 90.): Wie kann man seinen Mann einfach so laufen lassen bei einem Standard? Sein Fehler führte zum 0:1. Dass er demselben Gegenspieler, der knappe dreieinhalb Meter größer war als er, weiter zugeteilt blieb, ist für mich komplett unverständlich.  Offensiv fand ich ihn vor allem in der ersten Halbzeit ordentlich, obwohl ihm der letzte Zug zum Tor manchmal abgeht. Wird aber immer besser, weil Dinge selbstverständlicher werden. Das kann noch richtig gut werden!  Note: 3

Joel Agyekum (ab 90.): Er sollte den Sieg sichern. Im Ergebnis hats funktioniert. Und er hat sein erstes Zweitligaspiel gemacht. Ich tippe, er hat ein schönes Wochenende vor sich…

Davie Selke: Diese Maske ist so wertvoll! Er ist vorn immer gefährlich – und er schießt sich langsam in einen Torrausch, der den HSV träumen lässt. Ich habe es schon getan, aber nach so einem Spiel mache ich es noch mal und sehr gern: Ich lag zu Saisonbeginn mit meiner Skepsis falsch! Sein erstes Tor war stark abgeschlossen, beim Elfer, den er selbst rausholte, übernahm er Verantwortung und blieb bei seinem ersten Elfmeter in der Zweiten Liga cool. Mehr kann man in so einem Spiel kaum verlangen: Note: 1,5

Trainer Merlin Polzin: Er ist konsequent, lässt sich auch in solchen Spielen nicht aus der Ruhe bringen. Allein seine Wechsel – bis auf Dompé – machten das Spiel heute nicht wirklich besser. Dennoch können genau diese Ruhe, diese Souveräneität und Konsequenz gepaart mit dem nötigen Erfolg, den er mit acht ungeschlagenen Spielen und 18 Punkten mitbringt, DER Faktor werden. Er bringt die Mannschaft dazu, ruhig zu bleiben und Überzeugung nicht nur auszustrahlen, sondern durchzuhalten. Das hatte der HSV in den letzten Jahren nie zu dieser Jahreszeit. Note für heute: 3. Note insgesamt: 2

DAS SPIEL IN DATEN UND ZAHLEN:

SC Preußen Münster: Schenk – Koulis, Paetow, Frenkert – ter Horst, Hendrix (72. Preißinger), Kinsombi (85. Lorenz), Kirkeskov – Pick (85. Fridjonsson)), Amenyido (56. Nemeth), Kyerewaa (56. Makridis)

HSV: Heuer Fernandes – Hefti (81. Mikelbrencis), Hadzikadunic, Schonlau, Muheim – Meffert, Karabec (67. Königsdörffer), Richter (67. Reis) – Sahiti (90.+ 5. Agyekum), Selke, Stange (46. Dompe)

Tore: 1:0 Frenkert (24.), 1:2 Selke (45.+ 3.), 1:2 Selke (90.+ 4.)

Zuschauer: 12.000

Schiedsrichter: Wolfgang Haslberger (St. Wolfgang)

Gelbe Karten: Fridjonsson / Schonlau, Dompe

Löst Polzin die Handbremse des HSV bei Aufsteigern?

Löst Polzin die Handbremse des HSV bei Aufsteigern?

Es sind nicht die Highlight-Partien – aber durchaus entscheidende. Der nächste Gegner heißt nicht Düsseldorf, Hannover oder Köln und er rangiert auch nicht im direkten Aufstiegskandidaten-Umfeld. Stattdessen geht es am Freitagabend zum Tabellen-15. Preußen Münster. Ein Gegner, den der HSV im Hinspiel zu dominieren wusste und der so ungefähr genau das Gegenteil von dem ist, was der HSV an den ersten drei Rückrundenspieltagen vor sich hatte. Aber: der Aufsteiger ist in etwa das, womit der HSV in der jüngeren Vergangenheit oft Schwierigkeiten hatte: auswärts gegen einen Aufsteiger. Trainer Merlin Polzin legt hierbei keinen besonderen Wert auf die Statistik. Negative Muster haben für ihn keinen Wert. „Mir geht es nicht darum: Was war in der Vergangenheit, sondern nur: Wo will ich hin“, sagte der 34-Jährige. Und die Richtung ist klar: Der HSV möchte endlich aufsteigen. 

Der neue Analysetalk mit Mats Beckmann von createfootball.com beschäftigt sich mit den drei neuen Youngstern beim HSV.
Welches Potenzial bringen sie mit, sind sie die teuren Ablösesummen wert? Wer von den Dreien kann dem HSV sofort helfen?

Doch insbesondere solche Punktverluste gegen vermeintlich kleine Gegner kosteten den HSV in der jüngeren Vergangenheit in der Endabrechnung häufig den Aufstieg. Und das weiß auch Polzin. Er selbst erlebte erst als Co-Trainer und dann als Interimscoach diese sehr spezielle Problemzone des Traditionsclubs – wir erinnern uns alle mit Grauen an die erste Halbzeit des HSV unter Polzin in Ulm Mitte Dezember, die auch für Polzin nicht zu erklären war. „Ich halte jetzt wenig davon, noch mal etwas aus dem Ulm-Spiel, was jetzt schon unter meiner Verantwortung war, oder aus der vergangenen Saison noch mal herauszuziehen“, stellte Polzin klar. Und ich verstehe ihn. Denn wie heißt es schön: Energie folgt immer der Aufmerksamkeit. Und diese lenkt Polzin komplett auf das gemeinsame Ziel Aufstieg und das Neue, das unter ihm und seinen Cotrainern entstehen soll. Nachvollziehbar.

Der HSV steht vor den Aufgaben, die er zuletzt nicht lösen konnte

Denn, obgleich die Zweifel an ihm selbst nach der Partie in Ulm größer wurden, blieb diese Halbzeit bisher die erste und einzige größere Delle in der nunmehr sieben Spiele andauernden Ära Polzin. Zumal es seither mit drei Siegen gegen Topteams und dem jüngsten 2:2 gegen Hannover bergauf ging. Und jetzt warten Münster und danach der Tabellenletzte Jahn Regensburg. Beides auswärts. Fürs Erste stellt Polzin sein Team auf eine Mannschaft ein, „die ihr Tor sehr gut verteidigt“ und „über extrem gefährliche Umschaltspieler verfügt“. In den Reihen der Preußen spielt auch der 22 Jahre alte Angreifer Andras Nemeth, der vom HSV nach Westfalen verliehen ist – und der auch dort bislang nicht durch Torgefahr auffällig wurde. 

Offen bleibt, ob auf HSV-Seite Toptorjäger Davie Selke wieder dabei sein kann. Der Angreifer hat nach seiner Jochbogenfraktur im Gesicht gute Aussichten auf einen Startelf-Einsatz. Denn. Dann mit der extra angefertigten Maske, mit der sich Selke den Fans auch schon im Training und via Social-Media-Bilder präsentierte. „Er fühlt sich wohl, klar. Natürlich schränkt es ein, sonst würde man ja immer eine Maske tragen“, sagte Polzin und schob hinterher: „Die Maske hilft ihm. Und seine Energie wird uns auch am Freitag helfen.“ Ob Selke spielen wird? Polzin verriet wie gewohnt nichts, lobte seinen treffsichersten Offensivspieler aber für den Spirit, den er ins Team einbringt. 

Kann Selke am Freitag beginnen?

Dienstag und Mittwoch habe Selke das Training „positiv“ gestalten können. Zuletzt fehlte der Top-Torjäger (elf Treffer) bei der Partie gegen Hannover. Neben den Langzeitverletzten und den sich im Aufbautraining befindenden Spielern wie Angreifer Robert Glatzel muss Polzin in Münster leider auch auf den Gelb-gesperrten Abwehrspieler Daniel Elfadli verzichten. Für den gesperrten Elfadli dürfte Kapitän Sebastian Schonlau wieder in die Startelf rücken. Zuletzt hatte Polzin anderen Spielern in der Startelf vertraut.

Fun Fact: Der HSV spielt zum ersten Mal seit 61 Jahren wieder in einem Ligaspiel in Münster, zuletzt am ersten Spieltag in der Gründungssaison der Bundesliga. Also dort, wo der HSV seine Erstliga-Zeit startete, geht es jetzt darum, wieder einen wichtigen Schritt in Richtung Erste Liga zu gehen. Übrigens: HSV-Idol Gert „Charly“ Dörfel traf damals für den HSV zum 1:1-Ausgleich und Endergebnis in der 86. Minute. Das Rückspiel in Hamburg gewann der HSV dann 5:1. Aber, wer hier Parallelen erkennt, darf sie gern behalten. Für ich wäre ein erneutes Unentschieden zumindest zu wenig… 

In diesem Sinne, Euch allen einen schönen Abend. Vielleicht mit einem netten Betthupferl, das ich heute zusammen mit unserem Profi-Analysten Mats Beckmann aufgenommen habe. Der Sky-Spezialist (Glückwunsch dazu, Mats!!) von Createfootball.com hat sich unseren drei neuen Youngster mal genauer unter die Lupe genommen. Ob die Jungs ihre für Zweitligaverhältnisse und ihre Profi-Erfahrung sehr hohen Ablösesummen wert sind – Mats hat eine klare Antwort.

Ich persönlich war die letzten zwei Tage leider hier raus, weil ich mir einen ausgewachsenen Bandscheibenvorfall zugezogen habe. Mithilfe der sehr kompetenten Experten im UKE sowie dem Athleticum, denen ich an dieser Stelle allen noch einmal ganz herzlich für die äußerst entgegenkommende Hilfe danken möchte, kann ich heute zumindest im Stehen arbeiten. Nur länger sitzen funktioniert (noch) nicht. Deshalb mussten wir das Video auch in ein paar Etappen aufnehmen. Aber egal wie, was ich sagen wollte: Sollte es morgen noch mal etwas besser werden, werde ich morgen noch mal an dieser Stelle nachlegen.

Bitter: Ein Youngster fällt schon verletzt aus

Bis dahin Euch allen noch einen schönen Abend, den ich leider noch mit der traurigen Nachricht, dass sich der erste Neue leider schon verletzt hat. Aboubaka Soumahoro wird am Freitag ausfallen, während der andere Youngster Alexander Røssing-Lelesiit noch leichte Fitnessrückstande aufzuholen zu haben scheint. Adedire Mebude indes dürfte normal wieder im Kader stehen, nachdem er gegen Hannover ja schon ein paar Minuten lang debütieren durfte.

Also, in diesem Sinne: Gute Nacht.

Scholle

Eine starke Halbzeit reicht nicht – HSV vergibt Sieg gegen Hannover

Eine starke Halbzeit reicht nicht – HSV vergibt Sieg gegen Hannover

Der HSV bleibt stabil. Zumindest eine Halbzeit lang. Oder besser formuliert: Leider nur eine Halbzeit lang. Denn beim 2:2 (1:0) im Nordduell gegen Hannover 96 musste der zuletzt stabiler werdende HSV einen kleinen Rückschlag im siebten Spiel unter dem jungen Cheftrainer Merlin Polzin hinnehmen, weil man die zweite Halbzeit mehr oder weniger an die Hannoveraner abschenkte. Am Ende musste man fast noch froh sein, dass man noch einen Punkt mitnehmen konnte. Das das Remis den Verlust der Tabellenführung nach dem 20. Spieltag bedeutet, werte ich nicht zu hoch. Dafür ist da oben alles noch viel zu eng beieinander. Allein die Hoffnung, dass der HSV seinen fast schon traditionellen Einbruch in den Rückrunden wie in den letzten sechs Zweitliga-Saisons vermeiden kann, bleibt.

„Jeder Punkt hilft auf dem Weg zum großen Ziel. Von daher nehmen wir den Punkt mit“, sagte HSV-Trainer Polzin nach dem Spiel. „Wir müssen uns einfach vorwerfen, dass wir das Spiel in der ersten Halbzeit nicht klarer gestaltet haben», sagte Polzin. Nicolo Tresoldi (53.) und Winter-Zugang Rabbi Matondo (79.) drehten die Partie, nachdem Muheim-Ersatz Silvan Hefti den HSV in Führung gebracht hatte. Doch Jean-Luc Dompé (84.) besorgte mit einem schönen Freistoßtor noch den Ausgleich für die Gastgeber. Polzin: „Wir haben schon häufiger gesehen, was für ein Unterschiedsspieler Dompé ist. Wir sind sehr glücklich, dass wir ihn im Team haben.“

Der HSV rutscht durch dieses Remis auf Rang zwei zurück, zwei Punkte hinter dem 1. FC Köln und punktgleich mit Magdeburg sowie dem 1. FC Kaiserslautern.

DIE EINZELKRITIKEN:

Daniel Heuer-Fernandes: Bei den Gegentoren war er chancenlos, ansonsten war er da, wenn er gebraucht wurde. Weiter eine feste Größe. Note: 3

William Mikelbrencis: Dass er zusammen mit dem defensiv oft wilden Sahiti die rechte Seite sichern sollte, machte mir vor Spielbeginn Sorgen. Im Spiel machten die beiden das in der ersten Hälfte nach ein paar Eingewöhnungsminuten gut. Aber: Sein Laufweg beim Konter von Sahiti (44.) war fatal, da muss er Sahiti außen überholen und den Verteidiger vor die Entscheidung stellen, einen der beiden zu attackieren. So machte er den Konter kaputt. Dazu seine sehr unglückliche Aktion beim 1:1 und ein unnötiger Ballverlust sowie ein verlorener Zweikampf im eigenen Sechzehner zum 1:2 – bitter! In der zweiten Hälfte war das auch sonst zu wenig von ihm. Er ist einfach noch zu inkonstant, zu wackelig. Note: 5

Denis Hadzikadunic (bis 66.): Er scheint sich unter dem neuen Cheftrainer wohler zu fühlen – oder ist es Nebenmann Daniel Elfadli? Egal wie, er macht das momentan gut und rettet immer wieder auch in brenzligsten Situationen (48.). Die Entscheidung Polzins, ihn auszuwechseln erschloss sich mir nicht.  Note: 3

Sebastian Schonlau (ab 67.): Der Kapitän sollte hinten stabilisieren und konnte sich schon mal warmspielen, da er durch Elfadlis Sperre am kommenden Wochenende wieder beginnen dürfte.  Note: 4

Daniel Elfadli: Er hat Übersicht, ist aggressiv im Zweikampf, hat einen sehr guten Spielaufbau – kein Wunder, dass der HSV defensiv stabiler ist mit ihm. Bitter für Schonlau, das Allerdings hat er arge Probleme, wenn der Gegner hoch presst. Aber: Seine heute eingeholte fünfte Gelbe tut weh, er wird in Münster fehlen.  Note 3

Silvan Hefti: Erstmals in der Startelf und dann macht er, was Muheim macht: Er ist an einem Tor beteiligt, nein: er erzielt es sogar selbst! Dass er in einigen Situationen noch unsicher ist – nach so wenig Spielzeit normal. Aber er wurde im Laufe des Spiels sicherer. Auch dank des Treffers. Ich würde als Trainer überlegen, ihn als Rechtsfuß auch als Rechtsverteidiger zu bringen, wenn Muheim links wieder zur Verfügung steht. Note: 3

Jonas Meffert: Deutlich besser als zuletzt. Sogar richtig gut, vor allem auch im Zusammenspiel mit Richter. Er muss aber zusehen, auch nach Wechseln seine Mitspieler sofort zu stellen und das Zentrum zu organisieren. Note: 3

Marco Richter (bis 66.): Er hätte seinen guten Beginn mit einem Torassist krönen können/müssen (14.), aber auch so war das für mich seine beste erste Halbzeit bislang. Sowohl nach vorn als auch nach hinten sehr aktiv. Ballgewinne, schlaue Pässe, gute Zweikampfführung und sich so lange auspowern, bis nichts mehr geht – so geht das! Hoffentlich kann Richter diese Leistung konservieren und immer wieder einbringen. Note: 2,5

Ludovit Reis (ab 67.): Schade, dass er den Ball in der 76. Minute nicht auf Sahiti weitergespielt bekommt – das wäre eine Hundertprozentige geworden. Aber er wird in den nächsten Wochen über die Kurzeinsätze kommen. Hoffentlich!  Note: 3

Adam Karabec (bis 85.): Nach zehn Minuten machte er endlich mal das, was ich mir von ihm viel mehr erhoffe: Er ging dahin, wo es gefährlich werden kann. Und es wurde gefährlich. Erst scheiterte er selbst knapp, während Meffert den daraus resultierenden Eckball per Kopf nur knapp verfehlte. Leider bekommt er sein gutes Spiel immer wieder nur eine Halbzeit auf den Platz, auch heute. Note: 4 

Lukasz Poreba (ab 86.): Durfte noch ein wenig mitspielen.

Jean-Luc Dompé: Immer gefährlich.  Er ist das personifizierte Grauen für jede Zweitliga-Defensive. Dass er Freistöße schießen kann, ist ebenso bekannt wie es für den HSV am Ende ein ganz wichtiger Faktor werden kann. Bester HSVer heute. Note: 2

Emir Sahiti (bis 85.): Sehr guter Start ins Spiel für ihn. Seine Eins-gegen-Eins-Qualitäten werden immer sichtbarer. Defensive kann er nicht, das muss der HSV-Trainer so einplanen. Leider war die Kombi mit Mikelbrencis heute nur die ersten 45 Minuten funktional. Aber: Offensiv ist er ein Spieler, der noch sehr spannend werden kann für den HSV. Note: 3

Adedire Mebude (ab 86.): Durfte noch ein paar erste Minuten im Volkspark sammeln und erinnerte mich in seinen Abläufen sehr stark an Fabio Baldé. Aber abwarten…

Ransford Yeboah Königsdörffer (bis 75.): Er war sehr viel unterwegs, bot sich an, wurde gesucht – aber er fand nicht ins Spiel, weil die Hannoveraner ihn gut zustellten. Note: 5

Otto Stange (ab 75.): Er ist sofort im Spiel, legt einen Ball zum Konter super auf, holt den Freistoß zum 2:2 raus – das passt! Hoffentlich bekommt er auch in den nächsten Wochen und Monaten immer wieder Spielzeit, um sich zu weiterzuentwickeln. Note: 3

Trainer Merlin Polzin: Nach zwei Siegen in Folge wieder ohne Kapitän Sebastian Schonlau zu beginnen ist konsequent und vermittelt eine Art Leistungsgedanken. Ihn zu bringen, um hinten Ruhe reinzubringen, war falsch – zumindest, dass er dafür den überrascht wirkenden Hadzikadunic rausgenommen hat. Wie gut Letztgenannter werden kann, wenn er Vertrauen geschenkt bekommt, hat man bis zu seiner Auswechslung in bislang allen Spielminuten 2025 gesehen. Hoffentlich denkt Hadzikadunic nicht zu intensiv darüber nach. Polzin wird sich fragen müssen, weshalb man nur eine gute Halbzeit gespielt hat und in der zweiten Halbzeit auf Hannovers Umstellungen nicht entsprechend zu reagieren wusste.   Note: 4 

DATEN ZUM SPIEL:

HSV: Heuer Fernandes – Mikelbrencis, Hadzikadunic (67. Schonlau), Elfadli, Hefti – Meffert, Karabec (85. Poreba), Richter (67. Reis) – Sahiti (85. Mebude), Königsdörffer (75. Stange), Dompé 

Hannover 96: Zieler – Neumann, Tomiak, Halsteberg – Dehm, Leopold (88. Christiansen), Kunze, Rochelt (88. Momuluh), Wdowik (46. Matondo) – Nielsen (75. Gindorf), Tresoldi (90.+1 Voglsammer)

Tore: 1:0 Hefti (15.), 1:1 Tresoldi (52.), 1:2 Matondo (79.), 2:2 Dompe (84.)

Zuschauer: 57.000 (ausverkauft)

Schiedsrichter: Michael Bacher (Amerang) 

Gelbe Karten: Meffert, Reis, Mebude, Elfadli, Höh (TW-Trainer auf der Bank) / Halstenberg

Mit Selke? HSV erwartet Hannover mit personellen Fragezeichen

Mit Selke? HSV erwartet Hannover mit personellen Fragezeichen

Er macht es richtig. Angesichts der Dichte und der Nähe aller Teams in der Tabellenspitze sagt die aktuelle Position nur sehr bedingt etwas aus.  „Die Tabellenkonstellation ist für uns nicht so wirklich entscheidend, weil die Liga einfach verdammt eng ist, und sie wird doch bis zum Ende der Saison eng bleiben“, sagt Merlin Polzin heute auf der Spieltags-Pressekonferenz vor dem Top-Spiel am Sonntag gegen Hannover 96. 

Seitdem Polzin die Chefrolle des beurlaubten Steffen Baumgart übernommen hat, holte die Mannschaft vier Siege und zwei Unentschieden. Man ist also weiterhin ungeschlagen. Der Rückrundenstart mit den Erfolgen gegen die mitfavorisierten 1. FC Köln und Hertha BSC war ergebnistechnisch sehr gelungen – und letztlich geht es um Ergebnisse. Aber ich weiß, dass der Trainer und seine Assistenten mit dem Auftritt in Berlin nur bedingt zufrieden waren. Und das wurde in der zurückliegenden Trainingswoche intern auch klar angesprochen. Von einem Polzin-Flow will beim HSV niemand sprechen. Zumindest der Trainer selbst nicht. „Es geht eher darum, dass wir als Mannschaft einen Fußball auf den Platz bringen wollen, der uns möglichst erfolgreich macht“, sagt Polzin selbst.

Nach einem Einbruch des HSV in der Rückrunde – wie in den vergangenen Jahren immer wieder – sieht es derzeit nicht aus – auch wenn Hannovers Trainer André Breitenreiter das hofft. „Es gibt zwei, drei Vereine, die, wenn sie über die ganze Rückrunde hinweg normal abliefern und konstant bleiben, andere Voraussetzungen haben. Dann wird es auch schwer sein, sie einzuholen“, sagte der frühere HSV-Stürmer und meint damit auch seinen Exklub HSV. „Aber das ist in den letzten Jahren nicht passiert. Und vielleicht passiert es auch dieses Jahr nicht, sodass man in diesen Momenten da sein muss“, sagt der 51-Jährige, der mit seiner Mannschaft Tabellenfünfter nach Hamburg reist und sich weiter große Chancen im Kampf um die Aufstiegsplätze ausrechnet.

Und das, obwohl sein Team auswärts zuletzt schwächelte. Das 1:0 beim Tabellenletzten Jahn Regensburg und das 2:2 gegen Aufsteiger Preußen Münster waren nicht vielversprechend. Jetzt könnten Breitenreiter und seine Mannen im Falle einer Niederlage schon ein wenig den Anschluss an die vorderen Ränge verlieren. „Es geht darum, sich bis zum Ende der Saison in eine Position zu bringen, in der man attackieren kann. Siege gegen direkte Konkurrenten helfen da umso mehr“, so Breitenreiter, der ankündigt, bis zum Ende ein gewichtiges Wort um den Aufstieg mitsprechen zu wollen. „Wir können eine sehr gute Rolle spielen“, sagt Breitenreiter selbstbewusst.

Aber wie gesagt, auswärts hakts bislang. Mit acht Zählern sind die 96er die viertschlechteste Auswärts-Mannschaft – und der HSV ist mit 20 Zählern zu Hause der zweitbeste Gastgeber – passenderweise hinter Hannover 96, die es im eigenen Stadion auf 23 Punkte bringen. Aber das sind nur Statistiken, die am Spieltag selbst nahezu nichts mehr wert sind. Zumal beim HSV nach den Langzeitausfällen von Jatta und vor allem Robert Glatzel der Ausfall von Davie Selke (Jochbeinbruch) schwer wiegt. Oder kann er doch spielen?

Zuletzt wurde rund um den HSV nur darüber berichtet und spekuliert, ob der Angreifer mit einer Spezialmaske eventuell doch schon im HSV-Derby auflaufen kann. Kann Davie Selke am Sonntag nur acht Tage nach seinem Jochbeinbruch spielen oder nicht? HSV-Trainer Polzin will die Hoffnung noch nicht aufgegeben. „Wir versuchen natürlich alles zusammen mit Davie und mit unserer medizinischen Abteilung, dass er uns helfen kann“, sagte er. Das Gute sei, dass bei Selke nichts am Körper kaputt sei, „sondern er braucht eine Maske, um funktionieren zu können“.

Die Mediziner des HSV hatten einem Einsatz gerade acht Tage nach dem Unfall zuletzt einen Riegel vorgeschoben. Ich kann es mir schwer vorstellen, dass der HSV dieses Risko geht. Zumal man Ransford Königsdörffer hat. Was passiert denn, wenn sich Selke trotz Maske schwerer verletzt? Was, wenn Selke trotz seiner Bekundungen, unbedingt auflaufen zu wollen, doch ein wenig gehemmt ins Spiel ginge? Es wäre beides unvernünftig und wenig hilfreich. Vorstellen könnte ich mir indes, dass man Selke mit in den Kader nimmt – und im Notfall zum Ende hin tatsächlich bringt.  Laut Polzin soll der elf Mal erfolgreiche Torschütze am Sonnabend abschließend trainieren und danach würde entschieden. Polzin: „Wir warten mal den morgigen Tag ab und gucken dann, ob es für Sonntag reicht.“

Profiteur der Ausfälle in der HSV-Offensive kann der letzte Zugang werden: Winter-Zugang Adedire Mebude, der bis Saisonende ausgeliehen ist. Der 20-jährige Schotte kommt vom belgischen Erstligisten KVC Westerlo gilt als Option für die Außenbahn. „Der Junge ist flink unterwegs“, sagte Polzin über seine ersten Trainingseindrücke des Rechtsfußes. „Er ist am Sonntag definitiv im Kader und natürlich auch eine Option, dann auf möglichst viele Spielminuten zu kommen.“

Einen neuen Innenverteidiger hat der HSV noch immer nicht. Die Gerüchte über den talentierten kroatischen Innenverteidiger Dominik Prpic (20) von Hajduk Split wollte Polzin heute nicht kommentieren. Aber: Der HSV bemüht sich weiter, wie zu hören ist. Daumen drücken also!

Spannend wird, wie Polzin diesmal mit Abwehrchef Sebastian Schonlau plant. Ich persönlich gehe ganz fest davon aus, dass Schonlau wieder in die Startelf zurückkehrt. Sorgen bereitet mir, dass der HSV links auf Miro Muheim (5. Gelbe Karte) verzichten muss und der HSV inklusive Schonlau gleich zwei von vier Positionen tauschen muss. Dass Silvan Hefti dort reinrutschen könnte, macht es nicht weniger spannend. Und ich könnte an dieser Stelle (das gilt generell für eine stabile Defensive, die bei mir immer ganz weit vorn auf der Prio-Liste steht!) komplett auf jegliche Spannung gut verzichten…

Wen würdet ihr hinten links spielen lassen? Oder würdet Ihr auf Dreierkette umstellen mit Elfadli neben Hadzikadunic und Schonlau? Oder habt Ihr eine ganz andere Idee? Schreibt mal in die Kommentare, wie Ihr beginnen würdet.

Bis dahin Euch allen einen schönen Freitagabend und ein schönes Wochenende!

Scholle

Moritz Heyer geht – ein neuer Außenstürmer ist da

Moritz Heyer geht – ein neuer Außenstürmer ist da

Es passiert doch noch etwas. Kurz vor dem Ende der Transferperiode gab es heute gleich drei Personalien. Moritz Heyer verlässt den Hamburger SV und wechselt innerhalb der 2. Fußball-Bundesliga zu Aufstiegskonkurrent Fortuna Düsseldorf mit Ex-Trainer Daniel Thioune, der Heyer seinerzeit auch mit zum HSV gelotst hatte. Wie die Rheinländer mitteilten, hat der 29 Jahre alte Verteidiger seinen Vertrag beim HSV aufgelöst und wechselt ablösefrei vom Spitzenreiter zum Tabellen-Siebten.

Bei der Fortuna trifft Heyer auf seinen Ex-Trainer: „Daniel Thioune kenne ich aus gemeinsamen Zeiten in Hamburg und Osnabrück. Der Kontakt zwischen uns ist nie wirklich abgerissen. Das war auch ein Punkt, der es mir extrem leicht gemacht hat, hier herzuwechseln.“ Für den HSV bestritt Heyer 126 Pflichtspiele und galt als Allrounder, was erst einmal positiv klingt. De facto wurde ihm das aber zum Verhängnis, da man ihm im Gegenzug auf keiner Position als Spezialisten ansah.

Heyer wechselt ablösefrei nach Düsseldorf – geht auch Perrin

Auch nicht auf der Position des Innenverteidigers, die Heyer mehrfach spielen musste. Deshalb verpflichtete der HSV im Sommer Lucas Perrin, den wir hier schon vor der Unterschrift zusammen mit unserem Datenanalysten Mats Beckmann analysierten und ihn damals schon für nicht geeignet beurteilten. Ein halbes Jahr und drei sieglose Startelfeinsätze später ist erst einmal wieder Schluss für den Franzosen in Hamburg – zumindest deutet sich das an. Dem Vernehmen nach sollen sich zwei belgische Erstligisten um ein Leihgeschäft bemühen.

Moritz Heyer nach seinem Treffer im Derby gegen den FC St. Pauli am 21.04.2023 FOTO: Witters

Wobei die erste belgische Liga für den HSV auch aus anderer Sicht sehr interessant zu sein scheint. Der HSV hat seinen Ersatz für den am Sprunggelenk verletzten Flügelstürmer Bakery Jatta gefunden. Vom belgischen Erstligisten KVC Westerlo kommt der 20-jährige Adedire Mebude auf Leihbasis bis Saisonende. Was der Spieler kann, lässt sich schwerlich sagen. Sicher ist, dass der schottische U21-Nationalspieler in der Jugend von Manchester City ausgebildet wurde, dort sogar unter Pep Guardiola trainieren durfte, und 2023 nach Belgien wechselte. In der laufenden Spielzeit erzielte er bei 17 Erstligaeinsätzen für Westerlo zwei Tore und bereitete einen weiteren Treffer vor. Zudem kommt der Spieler vor allem über seine Schnelligkeit gepaart mit einer vernünftigen in Technik für Eins-gegen-Eins-Situationen. Ich bin gespannt, ob das die erhoffte Verstärkung wird.

Dass die HSV-Verantwortlichen überzeugt sind, liegt in der Natur der Sache. „Mit der Leihe von Adedire Mebude können wir die Kernkompetenzen auf dieser Position ersetzen, zudem sehen wir in ihm großes Entwicklungspotenzial“, erklärt Sportvorstand Stefan Kuntz, und Direktor Sport Claus Costa ergänzt: „Adedire ist mit seiner Explosivität und Schnelligkeit sowie seinen Stärken im Umschaltspiel und seinen Tiefenläufen ein Spieler, der uns in vielen Spielphasen helfen kann und unsere anderen Flügelprofile ideal ergänzt.“

Der junge Außenstürmer „Dire“ soll Tempo machen

Der Spieler selbst würde am liebsten schon am Sonntag gegen Hannover 96 sein Debüt für den HSV feiern. „Ich bin sehr glücklich, jetzt ein Teil des HSV zu sein und dieses Stadion, für das ich kaum Worte finde, nun mein Zuhause nennen zu dürfen“, sagt „Dire“, wie er gerufen wird. „In einem Heimspiel hoffentlich mein Debüt geben zu können, das wäre fantastisch.“ Welche Qualitäten er mitbringt und wie er dem HSV helfen möchte? „Dire“ ist noch zurückhaltend: „Ich möchte immer meine Mitspieler in Position bringen und den Fans Freude bereiten, darum geht es. Und darum, dass der HSV sein großes Ziel erreicht. Dazu möchte ich meinen Teil beitragen und dafür mein Bestes geben.“

Herzlich Willkommen, Adedire!

Dass man sich parallel hierzu jetzt offenbar gegen eine Verpflichtung eines weiteren Stürmers entschieden hat, das hat einen sehr erfreulichen Grund: Davie Selke, der ebenso wie Bakery Jatta frisch und erfolgreich operiert worden ist, soll schon binnen zwei Wochen wieder voll einsteigen und spielen können. Zumindest ist das sein Wunsch – und wohl auch der Plan des HSV. Helfen soll dabei eine bereits in Auftrag gegebene spezielle Maske, die Selke so lange tragen soll, bis der Jochbeinbruch komplett verheilt ist. Bis dahin wird Ransford Königsdörffer, in der laufenden Saison mit neun Treffern nur zwei Tore hinter Selke, den verletzten Angreifer im Sturmzentrum ersetzen. Mit dem jungen Otto Stange als Backup.

Kein Selke-Ersatz, stattdessen Hoffnung auf schnelles Comeback

Schwieriger zu ersetzen ist aus meiner Sicht die Position hinten links in der Viererkette, wo Miro Muheim ob seiner fünften gelben Karte gegen Hannover 96 am Sonntag gesperrt fehlen wird. Hier läuft es darauf hinaus, das Silvan Hefti seine Chance bekommt. Ein Spieler, der zuletzt zweimal nur für wenige Minuten in der Schlussphase eingewechselt wurde. Inwieweit ja matchfähig ist und den stabilen Muheim ersetzen kann, vermag ich nicht zu sagen. Aber zugegeben: hier hoffe ich mehr darauf, dass er es hinbekommt, als dass ich davon überzeugt bin. Aber das soll nichts bedeuten, im Gegenteil: Ich würde mich sehr freuen, wenn ich mich hier irre.

In diesem Sinne, Euch allen noch einen schönen Abend und nach dem Willkommensgruß an Abedire Mebude geht auch noch ein ganz besonders herzlicher Gruß raus an Mo Heyer, den ich persönlich nicht abgegeben hätte. Aber, es ist jetzt so und wir wünschen Mo alles erdenklich Gute bei der Fortuna, solange diese hinter dem HSV bleibt…

Also: Mach‘s gut, Mo Heyer!

Scholle

Mit viel Dusel, Heuer Fernandes in Topform und starker Moral zum Auswärtssieg – aber große Sorgen um Selke

Mit viel Dusel, Heuer Fernandes in Topform und starker Moral zum Auswärtssieg – aber große Sorgen um Selke

Der HSV hat das Topspiel des Spieltages bei Hertha BSC mit 3:2 gewonnen und damit die Tabellenführung nach kurzzeitiger Übernahme des 1. FC Köln (1:0 gegen Elversberg am Nachmittag) zurückerobert. Und das mit einer brutalen Effektivität. Bei 0,6 Expected Goals schaffte der HSV drei Treffer, während die Hertha in der Anfangs- und Schlussphase mehrere klare Gelegenheiten liegen ließen. Daniel Heuer Fernandes rettete hinten mit sensationellen Reflexen, während Sahiti den Siegtreffer nach Konterlauf besorgte. Zuvor hatten für den HSV Ransford Königsdörffer und Davie Selke, für den Königsdörffer eingewechselt worden war, getroffen.

Aber: So sehr wir uns über diesen Sieg freuen dürfen, so schwierig wird es personell, wenn Davie Selke den befürchteten Jochbeinbruch (und danach sah es aus) davongetragen hat. Von daher: Daumen drücken! Einmal, dass Selke sich nicht so schwer verletzt hat. Und dann, dass der HSV nicht wieder so unvorbereitet ist, wenn er personell reagieren muss… Zumal im Spitzenspiel am kommenden Wochenende gegen Hannover 96 auch Muheim durch seine heute eingehandelte 5. Gelbe Karte fehlen wird.

DIE EINZELKRITIKEN:

Daniel Heuer-Fernandes: Souverän, wenn er gefordert war. Sensationelle Reflexe in der 76. Und in der 92.Minute! Note: 1+

Schlussjubel v.l. Torwarttrainer Sven Hoeh, Torwart Daniel Heuer Fernandes (HSV) Berlin, 25.01.2025, Fussball, 2. Bundesliga, Hertha BSC Berlin – Hamburger SV

William Mikelbrencis: Er ist mutig, er versucht einiges – und das ist auch gut so! Aber er ist oft noch viel zu fahrig, zu wild und mit falschem Stellungsspiel unterwegs. Er legte Reese den Ball (unfreiwillig) in den Lauf vor dem 1:2 und pennte beim 2:2 – das ist dann in der Summe einfach schlecht. Dass die Trainer nach Reeses Einwechslung weiter mit ihm und dem Null-Defensiven Sahiti die rechte Seite bespielen ließen, war fahrlässig. Note: 4,5

Denis Hadzikadunic: Er war noch einer der Besseren in der ersten Hälfte! Und auch in der zweiten Hälfte war das okay – bis Reese auch ihn überlief.   Note: 3

Daniel Elfadli: Oha, heute wurde er früh auf die Probe gestellt und schaffte es – im Doppelpack mit dem ebenso schwimmenden Meffert – nicht, seine Mannschaft auf die Berliner Offensive einzustellen. Steht es nach zehn Minuten 0:2 darf sich niemand beschweren. Aber gute Spieler zeichnet es eben auch aus, dass sie sich selbst zurückholen in solche Spiele – und das schaffte Elfadli. Die zweite Halbzeit war er da – aber eben auch überfordert, als Resse die rechte HSV-Seite überlief. Note 3,5

Miro Muheim: Er schwamm in der ersten Hälfte in der insgesamt schwachen Viererkette mächtig mit. Zweite Hälfte wurde er besser, kassierte aber die 5. Gelbe und komplettiert das Personalfiasko.  Note: 3,5

Jonas Meffert (bis 86.): Er steckt aktuell in einem Formtief. Heute war er auch defensiv nicht so effektiv, wie sonst. Er war in allem – mit wie ohne Ball – heute zu langsam. Am Ball brauchte er wieder zu lang. Und geordnet bekam er das Mittelfeld als Interimskapitän auch nicht.  Note: 4

Sebastian Schonlau (ab 86.): Sollte mit absichern, was im Ergebnis gelang.

Marco Richter: Ich wiederhole mich: Was bitte sehen die Trainer in Richter? Er ist kein Sechser, kein klarer Achter (dafür fehlt der defensive Teil) und kein klarer Zehner, weil er fast immer das Tempo verschleppt. Auch seine oft so gerühmte Abschlussstärke geht ihm beim HSV bislang verloren. Dass er am Ball viel kann, ist super. Aber wenn er diese Fähigkeit nicht gewinnbringend auf dem Platz einbringen kann, bringt das gar nichts! So ist er in dieser HSV-Mannschaft fehlt der Platz für seine Spielweise. Langsam wird das schon fahrlässig vom HSV, immer wieder freiwillig mit einem Mann (heute mit Sahiti 2) weniger zu spielen. Hart von Polzin, ihn auf dem Platz zu lassen und stattdessen Karabec runterzunehmen! **Korrektur: Mit dem Pass auf Sahiti hatte er dann doch entscheidende Wirkung. Asche auf mein Haupt, das nicht gesehen zu gaben.  Die Note verbessert so eine Aktion natürlich: Note: 4

Silvan Hefti (ab 87.): Nur noch dabei. Ohne Aktion.

Adam Karabec: Bereitete das 1:0 wunderbar vor und zeigte dabei, was für ein feines Füßchen er hat. Das kommt auch immer wieder vor. Aber: Auch heute fehlte wieder der unbedingte Wille, in die Gefahrenzone zu kommen. Sowohl mit Ball als auch per Pass. Ich hätte ihn dennoch niemals vor Richter vom Platz geholt, weil er einfach mehr Wirkung hat als Richter. Note: 3 

Jean-Luc Dompé: Was für eine katastrophale erste Halbzeit von ihm. Und das wurde in der zweiten Halbzeit kaum besser. So schlecht habe ich ihn ehrlich gesagt noch nie gesehen… Aber wer weiß, vielleicht hat er sich ein paar Aktionen fürs kommende Wochenende aufbewahrt, wenn Hannover 96 in den Volkspark kommt.  Note: 5

Emir Sahiti (bis 86.): Wild, ohne defensives Zweikampfverhalten, zu körperlos generell, und dann auch noch zu früh gelbverwarnt – das war kein gutes Startelfdebüt. Vor allem, weil es Themen sind, die er schon lange kennt. Härte kann man antrainieren, taktisches Verhalten muss er umsetzen – und das schafft er (noch immer) nicht ausreichend gut. Dass er dann das 3:2 macht – okay. Sehr wichtig und gut abgeschlossen. Aber in der Verfassung ist er eben ein Mann für die letzten 15 Minuten, wenn die Gegner müde werden. Mehr noch nicht. Aber: Macht er dann immer wieder solche Aktionen wie heute mit dem 3:2 werde ich ihn gern loben bis zum Abwinken… Note: 3

Ludovit Reis (ab 87.): Endlich wieder zurück.

Davie Selke (bis 55.): Er triff einfach. Und das ist gut. Sein Treffer war für den HSV der Weckruf und gab ein wenig Sicherheit, nachdem man so schlecht begann wie lange nicht mehr.  In seiner alten Heimat machte er sich damit heute nicht beliebt – aber das spricht ja für sein Spiel. Und dieses Spiel ist und bleibt sehr effektiv vor dem Tor. Er hat sich rein, motovierte seine Mitspieler und schont sich in keinem Zweikampf – was heute leider zu seiner Verletzung nach einem Kopf-Zusammenstoß mit Toni Leistner.  Die Verletzung sah nicht gut aus. Hoffentlich ist es nicht der befürchtete Jochbeinbruch (würde ca. sechs Wochen Zwangspause bedeuten). Gute Besserung von dieser Seite!  Note: 2

Ransford Yeboah Königsdörffer (ab 56.): Alter Ghanaer, was für ein herrliches Tor! Und was für ein wichtiger Treffer! Dieses 2:0 war nötig, wie wir am Endergebnis erkennen! Top, dass er sich trotz seiner Nichtberücksichtigungen weiter in einer solchen Verfassung präsentiert. Note: 2

Trainer Merlin Polzin: Solange Marco Richter mit solchen Leistungen in der Startelf steht, kann nicht alles richtig sein. Dann rechts mit dem defensiv-scheuen Sahiti und dem wilden Mikelbrencis auch nach Reeses Einwechslung zu agieren war nicht mehr mutig, sondern fahrlässig. Auch die Wechselreihenfolge ist ausbaufähig. Aber: Die Moral der Mannschaft ist intakt, und das ist auch ihm zuzuschreiben. So viel Glück er auch aktuell mit seiner Mannschaft beansprucht, es steckt immer auch ehrliche Arbeit dahinter, weil die Mannschaft alles reinhaut.  Ich hoffe zudem, dass er seiner Mannschaft vorführt, wie sie sich trotz Führung auswärts unnötigerweise hat auskontern lassen. Aber, wer 14 Punkte aus sechs Spielen holt, muss schon einiges richtig machen. Insgesamt ist es die Note 2 – heute war es eine 3

DIE STATISTIK ZUM SPIEL:

DAS SPIEL IM STENOGRAMM:

Hertha BSC: Gersbeck – Zeefuik, Leistner, Klemens, M. Dardai – Karbownik (66. Reese), Cuisance, Maza (85. Sessa) – P. Dardai (66. Winkler), Niederlechner (66. Prevljak), Scherhant 

Hamburger SV: Heuer Fernandes – Mikelbrencis, Hadzikadunic, Elfadli, Muheim – Meffert (86. Hefti), Karabec (76. Poreba), Richter (86. Reis) – Sahiti (86. Schonlau), Selke (55. Königsdörffer), Dompe 

Tore: 0:1 Selke (23.), 0:2 Königsdörffer (61.), 1:2 Cuisance (72.), 2:2 Winkler (80.), 2:3 Sahiti (84.)

Zuschauer: 71.500

Schiedsrichter: Tobias Welz (Wiesbaden)

Gelbe Karten: Niederlechner / Sahiti, Hadzikadunic, Poreba, Muheim (5.)