Hinten stabil, zu Null, vorne einmal getroffen – so geht das, HSV!

Hinten stabil, zu Null, vorne einmal getroffen – so geht das, HSV!

Der HSV hat im ersten Spiel unter Merlin Polzin als Cheftrainer gegen den bisherigen Tabellenführer zu Null gespielt, selbst getroffen – und somit sogar (zumindest vorübergehend) die Tabellenführung in der 2. Fußball-Bundesliga erobert. Beim 1:0 im Spitzenspiel gegen den 1. FC Köln zeigte der HSV vielleicht fußballerisch nicht sein bestes Spiel– aber er war taktisch auf der Höhe und spielte gegen den Ball so stabil und konsequent, dass man im Stadion ein gutes Gefühl bekam. Mich lässt es zumindest darauf hoffen, dass der HSV die Balance aus Offensive und Defensive noch findet.

Den entscheidenden Treffer erzielte Ransford Königsdörffer (78.). Er scheiterte zunächst mit einem Foulelfmeter an Kölns Schlussmann Marvin Schwäbe, verwandelte aber den Nachschuss. Königsdörffer hatte auch die beiden Treffer beim 2:1-Sieg des HSV in der Hinrunde in Köln markiert.

Später Anpfiff

Dass die Partie ein Spitzenspiel war, machten die Begleitumstände deutlich. Wegen des hohen Verkehrsaufkommens rund um das Volksparkstadion wurde die Partie 15 Minuten später angepfiffen. 

Fast schon Normalität: Nach Pyroeinsatz der Kölner Fans und der dadurch bedingten Rauchentwicklung unterbrach Schiedsrichter Christian Dingert schon in der zweiten Minute für kurze Zeit das Spiel. Dramatischer war der Zwischenfall Stunden vor dem Spiel im Hamburger Stadtteil, als laut Polizei ca. 200 HSV-Fans Kölner Anhänger angegriffen hatten. 

Das Spiel selbst verdiente dabei wie erwähnt kaum das Prädikat Spitzenduell. Lange neutralisierten sich beide Mannschaften mit ihren guten Defensivreihen. Mit einem spielerischen Übergewicht für den HSV gegen Kölner, die sich an der stabil und von Daniel Elfadli gut organisierten Defensive des HSV immer wieder die Zähne ausbissen. Denn selbst wenn mal was durchkam, dann war Daniel Heuer Fernandes da.

HSV mit leichtem Übergewicht

Zwei nennenswerte Aktionen gab es in der ersten Halbzeit für den HSV: Davie Selke (25.) verpasste nach Flanke von Jean-Luc Dompé nur knapp mit der Fußspitze. Kurz vor der Pause scheiterte Dompé (44.) an Kölns Torwart Marvin Schwäbe. Gut: Der HSV spielte zwei stabile Halbzeiten tat etwas mehr für die Offensive un d gewann am Ende verdient, nachdem man noch ein mal Glück bei einem Pfostentreffer des Kölners Eric Martel (87hatte. Schlusswort Merlin Polzin, der auch in seinem fünften Spiel in Folge als Chef an der Seite ungeschlagen blieb: „Wir sind zufrieden mit dem Ergebnis. Wir haben zu null gespielt, daran haben wir im Winter viel gearbeitet. Mit Aggressivität und Laufbereitschaft wollten wir es den Kölnern schwer machen. Gleichzeitig haben wir selbst versucht, unser Spiel nach vorn zu tragen. In einigen Szenen sind wir an Martin Schwäbe gescheitert, aber insgesamt haben wir diesen verdienten Arbeitssieg eingefahren. Am Ende haben wir die große Geschlossenheit gesehen, auch zusammen mit dem Volksparkstadion, das uns am Ende getragen hat. Das war eine geile Atmosphäre, die wir sehr genossen haben, aber ab morgen geht es weiter.“

DIE EINZELKRITIKEN:

Daniel Heuer-Fernandes: Er war lange nur als Anspielpunkt der eigenen Mitspieler gefragt, und stand dann plötzlich im Mittelpunkt des Geschehens, als die Kölner zu guten Chancen kamen. Aber: Er war da und parierte stark. Alles richtig gemacht, dazu noch ein, zwei überragende Szenen – das ergibt die   Note: 1

William Mikelbrencis: Er wird immer sicherer, sein Tempo hilft immer wieder. Und die zunehmende Spielzeit lässt ihn entwickeln. Das kann noch Note: 3

Denis Hadzikadunic: Aggressiv, wach und kompromisslos. Er spielte ebenso rustikal wie er effektiv verteidigte. Fehlerfrei über die gesamten 90 Minuten. Für mich war das sein bisher bestes Spiel für den HSV.  Note: 2

Daniel Elfadli: Heuet mal wieder als Abwehrchef – und das wie immer stark. Aber: Wenn er da hinten steht, fehlt er in der Mitte auf der Sechs. Wer auch immer sagt, der HSV müsse nichts. Mehr machen personell, der hat einfach keine Ahnung. Einen guten Innenverteidiger zu finden binnen zwei Jahren – das MUSS drin sein! Aber.. –  ach, scheiß drauf!  Beim HSV sind sie alle schlauer! Ich sage das jetzt seit zwei Jahren, irgendwann reichts auch. Von daher, zurück zu Elfadli: Der machte das im Zentrum der Viererkette stark, rettete in höchster Not (63.), stand immer richtig – top! Und weil er hinten zusammen mit Hadzikadunic und Heuer Fernandes eine lange vermisste Kompaktheit herstellte gibt es die  Note: 1

Miro Muheim: Er ist und bleibt einer der konstanten Spieler beim HSV. Auch heute hatte er links fast alles im Griff, versuchte sich – leider etwas zu selten und zu zögerlich – auch offensiv einzubringen. Auch wenn da, gerade im Zusammenspiel mit Dompé, noch Luft nach oben ist, war das insgesamt okay.  Note: 3

Jonas Meffert (bis 74.): Er ist wichtig als Abläufer, der die Räume nach hinten zumacht. Aber was er offensiv mit dem Ball anstellt, das ist oft schwer zu verstehen. Note: 3,5

Jean-Luc Dompé (bis 83.): Er ist offensiv die größte Gefahrenquelle für den HSV. Seine Dribblings, seine Flanken, und bestenfalls noch eigene Abschlüsse braucht der HSV. In der ersten Halbzeit war das gut, in der zweiten Hälfte ausreichend – ergibt die Note: 3

Silvan Hefti (ab 84.): Sollte mit absichern, hatte aber mit dem gesamten Spiel nicht mehr viel zu tun.

Adam Karabec (bis 72.): Den Kopfball in der zweiten Halbzeit muss er machen! Aus einem Meter Entfernung muss der Ball drin sein! Auch sonst macht er vieles gut, aber er bringt seine Aktionen selten zu einem Abschluss. Soll heißen: Er deutet weiter mehr an, als er bislang imstande ist, zu zeigen. Er spielt nicht schlecht, aber mir fehlt einfach ein wenig mehr Wille, mehr Aggressivität, mehr Mut nach vorn.  Es war wie immer okay – aber eben nicht so gut, wie man es sich von ihm erhofft. Note: 4

Lukasz Poreba (ab 73.): Stabilisierte, war sofort im Spiel. Das passte!

Immanuel Pherai (bis 45.): Er versuchte viel und wirkte dabei leider noch etwas übermotiviert (wild). Dann die Gelbe und gleich danach ein Foul . Wenn er nicht angeschlagen runter musste, dann weil er Gelbrot-gefährdet war. Trotzdem: Er macht mehr, treibt den Ball nach vorn, ist anspielbar – und mit mehr Spielzeit kommt auch der Rest! Note: 3

Marco Richter (ab 46.): Er will ja – aber es reicht einfach zu oft nicht mit diesem (Nicht-)Tempo am Ball. Dass er den Elfer rausholte, glich den einen oder anderen Ballverlust aus und machte ihn heute wertvoll. Note: 3

Bakery Jatta (bis 56.): Er macht mehr kaputt, als er hilft. Dass er diesmal mehr wollte, war zu sehen. Er wirkte nicht so demotiviert wie vor der Winterpause. Aber das war im Ergebnis wieder nichts.  Note: 5

Emir Sahit (ab 57.): Er kam rein und lief mit wedelnden Armen wild herum, spielte Fehlpässe, dribbelte sich im Sechzehner frei – aber kontrolliert passiert da gar nichts. Einfach wild! Aber: Man kann irgendwie immer darauf hoffen, dass er die entscheidende Vorlage spielt oder selbst trifft. Dass er besser als sein Vorgänger war, erwähne ich hier nicht. Das sagt nichts aus… Note: 4

Davie Selke (bis 72.): Er war gegen seinen Exklub fleißig, aber er wurde von den Exkollegen abgemeldet oder war nicht auf der Höhe, wenn mal ein Ball durchkam.  Note: 4

Ransford Königsdörffer (ab 73.): Im Nachschuss getroffen, zählt auch! Seine Körperlichkeit und sein Tempo hatte ich mir früher erhofft.  Note: 3

DIE STIMMEN ZUM SPIEL:

Marco Richter: Wir sind sehr glücklich, dass wir mit einem Heimsieg vor dieser Kulisse ins neue Jahr starten konnten. Wir haben von Anfang an gezeigt, dass wir hier gewinnen wollten. Wir waren aggressiv und griffig, haben nicht viele Chancen zugelassen. Das war ein verdienter Sieg. Ferro hat gut gehalten, die Viererkette stand fest und jeder ist für jeden gerannt. Nur gemeinsam sind wir erfolgreich und so sind wir heute aufgetreten. Nächste Woche folgt jetzt wieder ein Kracher und wir wollen erneut drei Punkte holen.

Heuer Fernandes: Man hat viel von dem gesehen, was wir uns in der Vorbereitung vorgenommen haben: Bereitschaft, Rhythmus und Spielwitz. Wir haben es dem Gegner schwer gemacht, Räume zu finden. Wir waren kompakt und hatten gute Umschaltmomente. Wir haben das Spiel kontrolliert, waren zugleich immer gefährlich und hatten unsere Chancen. Wir sind zufrieden mit der Leistung. Und jetzt gilt: weiter machen!


Davie Selke: Ein Riesenkompliment an die Truppe. Man sieht, wie fokussiert wir an unserem Ziel arbeiten. Diesem Ziel sind wir heute einen Schritt näher gekommen. Und bis dahin haben wir jetzt noch 16 Spiele. Wir haben im Trainingslager 17 Spiele ausgerufen, in denen wir genau das auf den Platz bringen wollen, was wir heute gezeigt haben. Es war ein verdienter Sieg. Für uns gilt es, jetzt Woche für Woche so eine Stimmung zu kreieren und aufzubauen. Das wird nicht immer gelingen, aber wir können die Wahrscheinlichkeit erhöhen. Ich konnte heute 70 Minuten durchhalten. Da geht ein Lob an die medizinische Abteilung, die mich super gesteuert und zurückgebracht hat.

Jonas Meffert: Wir haben uns diesen Sieg absolut verdient. Köln hat eine starke Defensive, gegen die wir uns trotzdem einige Chancen erspielt haben. Wir selbst haben defensiv sehr gut gestanden, haben kaum etwas zugelassen. Und wenn doch, dann war Ferro da, so dass wir zu null spielen konnten, was unser Ziel war. Und vorne haben wir uns dieses Glück einfach dadurch erarbeitet, dass wir permanent drangeblieben sind und weitergemacht haben. Wir haben jetzt in den letzten Wochen einen sehr guten Punkteschnitt, haben heute erneut eine sehr gute Teamleistung gezeigt und wollen da oben jetzt weiter dranbleiben.

In diesem Sinne, Euch allen einen schönen Sonntag!

Scholle

Gute und schlechte Nachrichten für den HSV vor dem Topspiel gegen den Tabellenführer

Gute und schlechte Nachrichten für den HSV vor dem Topspiel gegen den Tabellenführer

In der Reihe der Halbzeitanalyse fehlen noch die Trainer. Und die werden wir nach Köln auch noch mal analysieren, um auch dem neuen Trainerteam die faire Chance einer gesamten Vorbereitung mit der Mannschaft zu geben. Dass diese in diesem Winter extrem kurz war – okay. Aber vier Spiele war Merlin Polzin in dieser Zweitliga-Saison ja auch zuvor schon der verantwortliche Mann des HSV neben dem Platz. Zudem ist er seit Jahren schon als Cotrainer aktiv und dementsprechend auch in teilen für das mitverantwortlich, was der HSV in den letzten Jahren geleistet – und eben auch nicht geleistet hat.

Heute steht stattdessen das Spitzenspiel am Sonnabendabend im Volksparkstadion im Mittelpunkt. Denn dieser Auftritt wird ein erster Fingerzeig sein, wo der HSV steht. Und es ist eine Premiere für Polzin. Gegen den Tabellenersten 1. FC Köln steht der 34-Jährige erstmals nicht mehr Interims- sondern als echter Cheftrainer an der Seitenlinie. Ob es für ihn eine besondere Situation sei? Für ihn und seinen Assistenten Loïc Favé ändere sich nichts, sagte Polzin heute auf der obligatorischen Spieltags-Pressekonferenz. „Es ist in jedem Spiel, bei dem wir, also Loïc und ich, angetreten sind, so gewesen, dass wir das Spiel gewinnen wollen“, so Polzin im typischen Trainersprech. „Wir haben eine Trainingswoche, wo wir uns auf den Gegner und auf unser eigenes Spiel einstellen, was wir sehen wollen am Wochenende. Und das war der Fokus, und der Fokus hat sich jetzt nicht verändert.“

Unmittelbar nach dem letzten Hinrundenspiel hatte der HSV in Person von Sportvorstand Stefan Kuntz mitgeteilt, dass Polzin Cheftrainer bleiben würde. Vorerst bis Saisonende. Die Spieler selbst hatten sich schon vorher klar committed und Polzin das Vertrauen ausgesprochen. Auch öffentlich. Kapitän Schonlau, Davie Selke, Jonas Meffert und Co. lobten Polzin und seine Cotrainer. „Er kennt die Jungs natürlich in- und auswendig. Das ist sicherlich ein Vorteil für ihn“, hatte stellvertretend Kapitän Sebastian Schonlau gemeint. „Er hat es geschafft, Inhalte reinzubringen, aber auch Lockerheit, Spaß und eine gewisse Gier.“ Aber: Auch das ist normal. Schonlau als Kapitän hat zumindest bis heute noch alle seine HSV-Trainer gesondert gelobt.

Was also kommt dabei raus, den Hamburger Weg mit den Hamburger Jungs Polzin, Favé und Co. zu gehen?

Dieb Erwartungen sind gleichbleibend groß. Polzin soll in der Rückrunde einfach das schaffen, was seine zum Teil deutlich namhafteren Vorgänger wie der im November freigestellte Steffen Baumgart, Tim Walter, Daniel Thioune oder auch Hannes Wolf in den vergangenen Jahren seit dem Abstieg 2018 nicht gelungen ist: der Aufstieg. Und so sehr Der Aufstieg unter ihrer Leitung wäre zweifellos ein schönes Stück Fußball-Romantik. Aber danach richtet sich im Profisport eben auch niemand. Wie es funktionieren könnte, zeigte der HSV unter Polzin in der Hinrunde zum Schluss noch einmal, nachdem man zuvor aber auch gezeigt hat, wie es auch schiefgehen kann. Wobei: acht Punkte aus vier Spielen reichten für den Sprung auf Platz drei. Mit einem Sieg am Sonnabend würde sogar der direkte Aufstiegsplatz winken.

Es ist schon ein wenig seltsam, wenn ein jahrelanger Cotrainer – immerhin erster Ansprechpartner und Tippgeber des Cheftrainers, plötzlich alles anders machen will. Aber dem scheint so zu sein. Polzin setzt auf eigene Akzente. Den Feinschliff für die zweite Saisonhälfte gab er den Spielern im Trainingslager im türkischen Belek. Polzins Vorgänger Baumgart hatte keine Vorbereitung in der Ferne geplant. Nach Ansicht der Mannschaft war die Reise aber genau die richtige Maßnahme. „Merlin ist das Teamgefüge sehr wichtig. Das betont er immer wieder“, sagte Mittelfeldspieler Jonas Meffert. „Ich fand den Teamspirit vorher auch schon sehr gut, aber natürlich hat uns das Trainingslager jetzt nochmal richtig gutgetan.“

Wie gesagt: Es sind alles nur Worte. Und die haben beim HSV schon oft mehr versprochen, als die Mannschaft im Nachgang zu liefern imstande war. Entscheidend für alles ist und bleibt das, was auf dem Platz rumkommt.  Und mit dem Tabellenführer 1. FC Köln kommt für Polzin und seine Spieler gleich der erste Maßstab, wie er schwieriger nicht hätte gewählt werden können.  „Natürlich ist ein absolutes Highlight-Spiel. Und wir wollen das Ganze auch so angehen und so bewerten, weil die Jungs einfach richtig Bock haben auf das Spiel“, sagte Polzin. 

Gute Nachrichten hatte Polzin dann auch in personeller Natur zu verkünden. Denn personell entspannte sich diese Woche die Situation. Torwart Daniel Heuer Fernandes meldete sich ebenso wieder fit wie Zehn-Tore-Mann Selke und dessen Sturmpartner Ransford Königsdörffer. Positiv überraschend hinzu kam die Aussage des Trainers, dass Ludovit Reis bald wieder voll im Mannschafts-Training sein wird. Ob Schonlau dagegen schon wieder spielen kann nach seiner Grippe, soll am Freitag oder Sonnabend entschieden werden.

In diesem Sinne, Euch allen eine gute Nacht!

Scholle 

Katterbach will kämpfen, und der HSV-Angriff macht Hoffnung

Katterbach will kämpfen, und der HSV-Angriff macht Hoffnung

Die schlechte Nachricht gleich vorweg, und bei ihm tut es mir besonders weh, weil er einfach zu viel Pech hat: Noah Katterbach hat sich im letzten Testspiel einen Riss des vorderen rechten Kreuzbandes zugezogen und fällt erneut monatelang aus, nachdem er mit der gleichen Verletzung im linken Knie schon zwischen April und Oktober 2023 ausgefallen war. Einfach bitter für den Linksfuß! Er selbst gibt sich kämpferisch. Via Social MediaIn kündigte er schon jetzt an: „Comeback loading..“, und setzte ein Löwen-Emoji dahinter, um zu demonstrieren, dass er stark genug ist, sich diesen Rückschlag zu meisten. Katterbach Er gibt sich zuversichtlich, bald wieder auf dem Platz stehen zu können. Und genau das wünschen wir ihm auch! Von unserer Seite wünschen wir Dir, lieber Noah, nur das Allerbeste! Kopf hoch und kämpfen!

Ebenfalls noch nicht wieder fit ist Davie Selke. Er gehörte heute beim ersten Training auf Hamburger Boden nach dem Trainingslager im warmen Belek zu der Gruppe, die noch separat trainieren mussten. Er ist noch nicht wieder bei 100 Prozent, soll das aber bis Sonnabend sein, damit er im Spitzenspiel gegen den Tabellenführer 1. FC Köln dabei sein kann. Ebenfalls viel diskutiert wird gerade Selke langfristige Zukunft, denn der Toptorschütze soll seinen Vertrag verlängern.

Selkes Vertragsverlängerung darf keinen Druck ausüben

So weit, so gut. Zehn Tore sind tatsächlich auch ein Bewerbungsschreiben, das ankommt. Zudem hat Selke einen Vertrag, der ihn im Sommer ablösefrei wechseln ließe, wenn er es denn darauf anlegt. Aber: Dass der HSV dadurch unter Druck gerät, wie es medial heißt, kann ich nicht erkennen. Dass Sportvorstand Stefan Kuntz jetzt liefern müsse, ebenso wenig – zumindest nicht in Bezug auf Selke.

Fakt ist: Selke hat noch einen Vertrag bis Saisonende. Fakt ist auch, dass sich dieser verlängert, wenn der HSV aufsteigt und Selke eine bestimmte Anzahl Einsätze hat – wonach es aktuell aussieht. Also Einsätze und so. Sollte der HSV dazu auch noch den Aufstieg realisieren, muss er eh noch mal nachlegen. Auf fast allen Positionen. Nur mit Selke und einem bis dahin wieder gesunden Robert Glatzel würde es eng in der Bundesliga. Soll heißen: Es wäre gar nicht so schlimm, wenn der HSV im Sommer auf wichtigen Positionen noch nicht voll verplant wäre. Dementsprechend würde ich die Verhandlungen als HSV mit Selke noch aus einer recht komfortablen Position heraus führen. Denn Selke wäre für mich kein gesetzter Spieler für einen etwaigen Aufstieg. Im Gegenteil: Ich sehe ihn als starken Backup für Glatzel – in der Zweiten Liga. Aber er ist zweifellos nicht unersetzlich.

Davie Selke bewirbt sich mit vielen Toren für einen neuen Vertrag – und ist auch in der Kabine wichtiger Bestandteil Foto: WITTERS

Und das, obwohl er zuletzt der effektivste Angreifer des HSV war. Zehnmal Startelf, sieben Einwechslungen – er war in allen 17 Ligaspielen bislang dabei. Das ist gut.  Ebenso zehn Treffer, die sich auf siebenmal Startelf und drei Jokertreffer verteilen. Selke trifft alle 95 Minuten – das ist ein absoluter Topwert in der Zweiten Liga.  Aber: Treffer allein sind nicht alles. Es zählt bei einem richtig guten Stürmer noch einiges drumherum zur Bewertung dazu, zum Beispiel die Ballbesitzphasen.

Selke ist fleißig und effektiv – auch neben dem Platz

Hier ist Selke fleißig. Er läuft viel und gewann 53 Prozent seiner 116 Zweikämpfe . In der Luft ist hierbei seine Stärke. Hier gewinnt er 63% seiner Zweikämpfe. Dass nur 72% seiner Pässe ankommen ist dagegen durchschnittlich. Mir persönlich gefällt es, wie sich Selke immer wieder voll einbringt – aber mir fehlt die Fantasie, dass er auch auf Erstliganiveau zum Leistungsträger würde. Im Falle eines Aufstieges müsste Selke aus meiner Sicht dankbar sein, dabei zu bleiben, schon deshalb würde ich ganz entspannt in die Verhandlungen gehen mit Selke. Ich würde mir an Kuntz’ Stelle null Druck machen.

Sportlich betrachtet ist Selke für einen ambitionierten Zweitligisten eine Top-Verstärkung. Dass er sich inzwischen auch neben dem Platz beim HSV einbringt und zum Faktor in der Kabine geworden ist, spricht ebenfalls für ihn. Alles in allem ist Selke für den HSV in der Zweiten Liga zu einem wichtigen Leistungsträger aufgestiegen und erfüllt, was sich alle von ihm erhofft haben. Besser geht immer und bei Selke ist es das Spiel mit Ball sowie das Tempo – aber das sind nur kleine Abstriche für eine insgesamt sehr gute Entscheidung, ihn zum HSV zu holen. Note: 1,5

Der zweite Unterschiedsspieler: Jean-Luc Dompé kann fast alles

Ebenfalls ein Unterschiedsspieler, vielleicht sogar noch ein Stück weitdeutlicher, ist Jean Luc Dompé, der sich ebenso wie Glatzel in Vertragsverhandlungen mit dem HSV befindet. Bei ihm hätte ich allerdings die Fantasie, dass er auch auf Erstliganiveau seine Rolle als Unterschiedsspieler beibehalten könnte. Zumindest bringt er offensiv alles mit: Das Tempo, die Ballbehandlung, die Torgefahr. Fünf Tore und fünf Assists in elf Startelfeinsätzen zzgl. vier Einwechslungen. Das ist ein starker Wert, den der Franzose sicher noch ausbauen kann und wird, wenn er gesund bleibt (dreimal auf Holz geklopft!). 

Hätte der pfeilschnelle Außenstürmer jetzt noch den Blick für Defensivarbeit – es wäre eine glatte eins. Aber dann würde er auch nicht beim HSV verlängern, sondern sicher woanders spielen können.  Von daher gibt es auch hier die Note: 1,5

Sehr gut begonnen hatte Ransford Yeboah Königsdörffer, der heute zusammen mit Glatzel noch nicht wieder voll belastbar war.  Vier Tore in den ersten vier Spielen – das war als Glatzel-Ersatz unerwartet effektiv. Aber leider hielt das nicht bis zum Schluss an, wobei ich mich immer noch frage, warum Baumgart nicht mehr auf ihn setzte. Plötzlich war er nach einem Ausflug auf die Linke Mittelfeldposition nur noch Ersatz – was nicht zwingend motiviert. Trotzdem blieb Königsdörffer immer dran, war immer einer der fleiß0igeren, wenn er auf dem Platz stand. Ich fand ihn wichtig, weil er mit seinem tempo, seiner Körperlichkeit und seinem neuen Zug zum Tor wichtig war. Und ich hoffe sehr, dass er sehr bald wieder fit ist und spielen kann. Note: 2,5

Zwei Durchstarter – und Levin Öztunali (r.), der den HSV verlassen soll, aber wohl noch nicht gehen will. Foto: WITTERS

Königsdörffer und Bald verdienen mehr Spielzeiten

Wie immer schnell zum neuen Star hochstilisiert, erging es Fabio Baldé zuletzt nicht viel besser als Königsdörffer, der zumindest bis zum 16. Spieltag in jedem Spiel zum Einsatz kam (12 x Startelf, vier Einwechslungen). Nach einigen Einwechslungen durfte er unter Baumgart dreimal in Folge von Beginn an ran und schaffte hierbei drei Torvorbereitungen, ehe er wieder auf die Bank musste und dann einmal krank war. Seither ist der junge Linksaußen nicht mehr richtig in Fahrt gekommen.  Tiefpunkt war das Spiel in Braunschweig – für alle. Aber für ihn noch mal ganz speziell, weil er erst ein- und 21 Minuten später wieder ausgewechselt wurde. Bittere Pille, die von einer Nichtnominierung in der Woche danach noch getoppt wurde. 

Ich persönlich finde seine Entwicklung gut und verstehe nicht, weshalb man bei ihm nicht den Weg über regelmäßige Teileinsätze weitergegangen ist, nach dem er bewiesen hat, dass er über das Potenzial verfügt. Angesichts der Erwartung, die bei ihm vor wenigen Monaten noch bei Null lag, verdient sich der im Sommer erst 19 Jahre jung gewordene Offensivspieler bei mir eine Schutz-Note, und zwar eine gute 3 für eine sehr positive Entwicklung.

Emir Sahiti ist ein spannender Spieler, der im Trainingslager einen kleinen Schritt nach vorn gemacht hat und der über Skills verfügt, die dem HSV sehr helfen könnten. Und das schreibe ich ganz bewusst im Konjunktiv, weil er es bisher eben noch nicht so zeigen konnte. Noch weniger zeigen konnte nur Levin Öztunali, der noch gar nicht zum Einsatz gekommen ist und wohl auch nicht mehr kommen wird. Beide bleiben daher ohne Note.

Sahiti kommt, Öztunal soll gehen – und Jatta muss sich mächtig steigern

Anders Bakery Jatta, der für mich offensiv die größte Enttäuschung dieser Hinrunde ist. Anstatt seine wenigen sportlichen Qualitäten konstant anzubieten, wirkte der Gambier zuletzt abwesend, wenn er auf dem Platz stand. Anders als vor seiner Vertragsverlängerung bis 2029 zog Jatta zuletzt kaum noch Sprints, hatte viel zu viele einfache Ballverluste und zeigte insgesamt deutlich weniger Einsatz als man es von ihm gewohnt war. Ob das klärende Gespräch mit Trainerteam und Sportvorstand Stefan Kuntz im Trainingslager etwas gebracht hat? Es schien so. Zumindest wirkte Jatta in den Testspielen nicht mehr so abwesend. Aber gut ist immer noch anders. Note: 5

Bakery Jatta spielte eine sehr schwache Hinrunde und muss mächtig zulegen, um wieder wichtig für die Mannschaft zu werden Foto: WITTERS

Ich hoffe sehr, dass sich Jatta in der Rückrunde wieder auf seine Kompetenzen beschränkt und diese brutal konsequent einzusetzen versucht. Soll heißen: Bei jedem Gegenstoß im Vollsprint anbieten. Denn da ist er wertvoll. Oder besser formuliert: Da kann er wertvoll sein, wenn er durchzieht. Aber eben auch nur dann!

Stange verdient maximale Förderung, viel Vertrauen und Zeit

Zum Schluss dieser Analyse und Bewertung kommen wir noch zu einem Spieler, der für Aufsehen sorgte, und der hoffentlich vom Trainierteam in nächster Zukunft sinnvoll aufgebaut wird. Das heißt: Mit vielen Einsatzzeiten an den Profibereich heranführen, das Wilde in etwas effizientere Laufwege ummünzen und ihn lernen lassen. Denn das Talent zum guten Stürmer hat der junge Otto Stange allemal Er ist ein spannender Typ mit einem Spielerprofil, das für den HSV sehr spannend ist. Denn Stange zählt zu den Wühlern im Sechzehner, er hat ordentliches Tempo eine ausgeprägte Abschlussstärke.

Otto Stange begeisterte in den letzten Spielen der Hinrunde – und sollte beim HSV weiter maximale Förderung sowie maximales Vertrauen genießen entgegengebracht bekommen, um sein ganzes Potenzial zu entwickeln. Foto: WITTERS

Vor allem hat er noch diese angenehme Unverbrauchtheit, wenn er auf den Platz kommt. Er gibt einfach Vollgas. Dass es nach seinem Treffer gegen Greuther Fürth am letzten Hinrundenspieltag alles andere als ein Selbstgänger wird, zeigte sich in den Testspielen im Trainingslager, in denen er nahezu wirkungslos blieb. Leider. Aber genau hier setzt mein Gedanke von vorhin an: Gebt dem Jungen das Vertrauen in Form von Spielzeiten. Entwickelt ihn und holt das Maximale aus ihm raus. Erst dann werden wir sehen, wohin sein Weg führt. Von mir gibt es eine hoffnungsvolle Perspektiv-Note: 3+

Glatzel schwebt über allen Angreifern

Über all diesen Angreifern schwebt immer auch der name des wohl besten Angreifers, Robert Glatzel. Der schaffte sieben Tore in sechs Spielen, ehe ihn seine schwere Verletzung aus der Bahn warf. Allein für diese Quote verdient er schon eine glatte eins. Aber auch sonst sehe ich in Glatzel einen Angreifer, den der HSV selbst mit einem treffsicheren Selke nicht ganz ersetzen kann. umso schöner ist es, zu hören, dass Glatzels Genesung sehr gute Fortschritte macht.

Ist zuversichtlich und macht beim HSV alle zuversichtlich: Robert Glatzel kämpft weiter für sein Comeback Foto: WITTERS

In diesem Sinne Euch allen einen schönen Tag!

Scholle

Guter Abschluss des HSV-Trainingslagers trotz Niederlage im ruppigen Rumänen-Test

Guter Abschluss des HSV-Trainingslagers trotz Niederlage im ruppigen Rumänen-Test

Der HSV hat sein Trainingslager im türkischen Belek zwar mit einer Niederlage im Test gegen den Europa-League-Teilnehmer FCSB Bukarest abgeschlossen. Aber das mit einer recht ordentlichen Leistung gegen teilweise grenzwertig ruppige Rumänen. Bukarests Mannschaftskapitän Darius Olaru stieg gleich mehrfach überhart ein und hätte schon den Platz verlassen haben müssen, ehe er am Schultergelenk verletzt ausgewechselt werden musste. Bitter für den rumänischen Erstliga-Zweiten – aber auch ein Stück weit selbst initiiert. Denn gerade in der ersten Halbzeit war der HSV heute sehr präsent, ließ den Ball gut laufen und ging völlig verdient nach einer schönen Einzelleistung des heute auffälligen Emi Sahiti in Führung, verlor am Ende aber durch zwei ebenso unnötige wie unstrittige Foulelfmeter in der zweiten Halbzeit doch noch mit 1:2. 

„Das war ja auch das, was wir erwartet haben. Wir haben uns ja auch schon beim Aachen-Spiel einen Gegner ausgesucht, für das, was wir in der Liga erwarten. Das war auch heute definitiv der Fall, wo es um viele harte Zweikämpfe ging“, bilanzierte ein nicht unzufriedener Merlin Polzin, der sich schon während des Spiels immer wieder in Richtung der Bank der Rumänen beschwerte. „Wichtig dann ist es, sich auch zu wehren, aber trotzdem einen klaren Plan zu behalten und sich nicht davon anstecken zu lassen. Sondern das Spiel weiterzuspielen, wie wir es gehofft haben. Und wir sind froh, dass sich keiner verletzt hat.“ Er glaube, in Testspielen dürfe man auch mal etwas ausprobieren. „Wenn der Spielfluss darunter leidet, ist es nicht das, was sich beide Seiten darunter vorstellen. Deswegen war ich stolz darauf und froh darüber, dass meine Mannschaft einen kühlen Kopf bewahrt hat und versucht hat, sich auf spielerische Art und Weise zu wehren.“

Sahiti und Richter machen auf sich aufmerksam

Acht Tage vor dem Rückrunden-Start am kommenden Sonnabend (18. Januar, 20.30 Uhr) im heimischen Volksparkstadion gegen den Tabellenersten 1. FC Köln zeigte der HSV eine gute Leistung. Und gerade, weil ich zuletzt Sahiti und Richter kritisch gesehen hatte, möchte ich es nicht missen, gerade diese beiden heute für ihre Leistungen in der ersten Halbzeit zu loben. Richter, der leider verletzt ausgewechselt wurde (gute Besserung!) agierte als freier Mann im Zentrum und verteilte die Bälle gut, während Sahiti immer wieder mutig die Eins-gegen-Eins-Situationen suchte – und heute mehrheitlich gewann. „Emir kommt in unserem Spiel jetzt direkt über den Flügel und hat gezeigt, dass er da brandgefährlich ist“, lobte Polzin. Bleibt zu hoffen, dass beide diesen kleinen Aufschwung mitnehmen, wobei ich bei Sahiti davon ausgehe, dass er auf rechts den Vorzug vor Jatta erhalten wird.

Im zweiten Abschnitt stockte der Spielfluss dann, was auch an den vielen Wechseln auf beiden Seiten lag. Der HSV fand offensiv kaum noch statt, hatte dann aber in der Schlussphase noch Gelegenheiten zum Ausgleich. Die Rumänen waren im zweiten Abschnitt das überlegen agierende Team.

Mannschaftsabend und keine Neuen für den HSV

Heute Abend lässt die Mannschaft das Trainingslager mit einem gemeinsamen Essen, bei dem die Neuen singen müssen, stimmungsvoll ausklingen. Am Sonnabend reist die Mannschaft dann nach Hamburg zurück. Und das mit neuen Sorgen um die im Trainingslager ausgefallenen Angreifer Ransford Königsdörffer und Davie Selke (beide Muskelprobleme) sowie um Noah Katterbach. Der Linksfuß musste kurz vor Schluss raus, nachdem er von Edjouma einen Schlag aufs Knie bekommen hatte. Auch hier wünschen wir selbstverständlich gute Besserung!

Verbesserungen hatten wir – damit meine ich Mats und mich – uns hier zuletzt auch immer wieder personell gewünscht. Insbesondere auf der Innenverteidigerposition, die Polzin offenbar notgedrungen mit Daniel Elfadli als Ersatz für den noch angeschlagenen Abwehrchef Sebastian Schonlau zu planen scheint. Aber dem schob Sportvorstand Stefan Kuntz jetzt einen Riegel vor und erklärte, dass man der aktuellen Mannschaft das Vertrauen schenken würde. Soll heißen: Es sollen keine Neuen im Winter kommen – ein großer Fehler auf der Innenverteidigerposition. Dort hätte man zwingend einen schnellen, zweikampf- und kopfballstarken Spieler holen müssen, behaupte ich. Zumindest würde man damit die Aufstiegswahrscheinlichkeit deutlich steigern…

Jetzt gilt es für Polzin und Favé

Aber, auch das möchte ich klar sagen:  Das neue Trainerteam Polzin und Loic Favé halte ich für das taktisch beste Duo, das der HSV hier in den letzten Jahren auf der Bank hatte. Und jetzt, wo sie ihre Meinungen nicht mehr nur vorschlagen dürfen, sondern selbst entscheiden, bin ich sehr gespannt, wie sich das auf das HSV-Spiel auswirkt. Ich drücke den beiden auf jeden Fall beide Daumen!

In diesem Sinne, Euch allen ein unterhaltsames, erholsames Wochenende!

Scholle

Ballverschlepper, Talente ohne Spielzeit, Hoffnungsträger – das Mittelfeld des HSV in der Halbzeitanalyse

Ballverschlepper, Talente ohne Spielzeit, Hoffnungsträger – das Mittelfeld des HSV in der Halbzeitanalyse

Mein ehemaliger und heute noch immer aktive Chefredakteur des Hamburger Abendblattes hat es in seiner Ansprache beim Neujahrsempfang des Hamburger Abendblattes ganz richtig formuliert: Wir brachen wieder mehr Optimismus, mehr positive Stimmung im Land. Auch beim HSV. Aber es darf eben auch nicht alles auf Optimismus aufgebaut werden, sondern bedarf eines stabilen Fundamentes.  Umso schöner war zu lesen, dass Abwehrchef und Kapitän Sebastian Schonlau heute wieder ins Training einsteigen konnte. Denn ohne ihn ist der HSV defensiv noch anfälliger. Dass man bislang nichts über einen neuen Innenverteidiger für den Winter, dafür aber Namen für den Sommer hören und lesen konnte, überrascht mich nicht. Aber ich bleibe dabei, dass der HSV es sich ohne passenden Konterpart für Sebastian Schonlau selbst schwer macht.

Aber: Je unwahrscheinlicher der schnelle Innenverteidiger beim HSV ist, desto wichtiger wird das Mittelfeld. Mit Jonas Meffert hat der HSV hier einen sehr viel diskutierten Routinier im Team, dessen Bedeutung für den HSV vor allem immer dann deutlich wird, wenn er fehlt. Zumindest den meisten. Ich persönlich halte weiterhin sehr viel von Meffert für den HSV als Zweitligisten, weil er schlau Räume zuläuft. Mefferts Rolle beim HSV ist wichtiger, als es die allermeisten erkennen, weil e meistens eher unspektakulär spielt. Aber die Tatsache, dass der HSV auf der Sechs mit ihm und dem nächsten hier Beurteilten den dritt- und viertbesten Zweikämpfer im Team hat, untermauert meine These nochmal. Und das schließt sogar den Minuspunkt mit ein, dass Meffert oft noch die die Vertikalität mit Ball fehlt. Er ist eben kein Spieler, der das Spiel schnell machen oder den Ball selbst in die Gefahrenzone tragen kann. Er ist auch kein Distanzschütze oder gefährliches Standardmonster – aber Meffert ist ein auf Zweitligaebene überdurchschnittlicher Sechser, der seine Rolle als Hiwi vor allem im Abräumen sieht. Mannschaftsdienlich eben. Diese Saison ist er allerdings noch nicht so stabil wie in den letzten Jahren. Note: 3

Daniel Elfadli ist der bessere Meffert

Dass Meffert etwas weniger stabil spielt, liegt vielleicht auch an der neuen, für ihn vorher komplett ungewohnten Konkurrenzsituation. Denn Daniel Elfadli ist mit Abstand der beste Neuzugang bislang. Der nominellen Sechser, der zuletzt vermehrt in der Innenverteidigung spielen musste, weil er schlichtweg besser verteidigt als die anderen Abwehrspieler des HSV, ist der bislang überzeugendste Spieler beim HSV nach der Hinrunde. Er antizipiert stark, läuft Räume zu, ist stark im direkten Zweikampf und trägt den Ball entweder selbst nach vorn oder sieht den nächsten Mann. Er ist sozusagen der etwas bessere Meffert, weil er alles von Meffert hat – und darüber hinaus auch offensiv mitwirkt. Zudem ist er wie gesagt ein starker Innenverteidiger. Note: 2

Nachdem Anssi Suhonen zu Jahn Regensburg geht, was ich sportlich für ihn als sehr sinnvoll erachte, entwickelt sich Lukasz Poreba langsam, aber stetig. Im Schatten der gesetzten Meffert und Elfadli kam er bislang oft von der Bank, er bewegte aber fast immer auch etwas. Poreba ist der offensive Sechser, fast schon ein Achter. Zumindest bringt der Wadenbeißer auch ein Stück weit Offensivgeist und Torgefahr mit. Er ist ein guter Kompagnon zu dem fast ausschließlich defensiv ausgerichteten Meffert und Elfadli, die als Sechser agieren. Note: 3,5

Ludovit Reis kam zu Saisonbeginn immer wieder zum Einsatz – spielte aber nur ein einziges Mal annehmbar, bevor er sich erneut verletzte. Den alten Reis, bei dem man Sorge haben musste, dass er abgeworben wird, habe ich jedenfalls schon länger nicht gesehen. Leider, denn der könnte ein ganz wichtiger Faktor auf dem Weg zum Aufstieg sein. Aber: Das Leben ist kein Konjunktiv, daher die Note: 4,5

Karabec deutet vieles an – aber zeigt es noch zu selten

Besser kommt der nächste Neue weg, Adam Karabec. Der technisch versierte Linksfuß deutet immer an, was er (hoffentlich) im Stande sein könnte, zu leisten. Wobei der Unterschied zu reis der ist, dass der Tscheche immer wieder auch ordentliche Leistungen zeigt. Keine überragenden bislang, aber gute. Schade ist, dass er nicht noch sehr viel mutiger das Spiel nach vorn anzukurbeln versucht. Er müsste es können. Zumindest waren seine Ausreißer nach oben immer wieder dem Mut geschuldet, den er ansonsten zu selten hatte. Und wie bei Reis schon geschrieben, auch hier zählt nicht der Konjunktiv, sondern ausschließlich das Gezeigte. Und dafür bekommt er die Note: 3

Viel zu wenig zeigen konnte bislang Immanuel Pherai. Zunächst, weil Trainer Steffen Baumgart absolut nicht auf seine Spielweise abfuhr, dann auch auf dem Platz unter Neu-Chef Merlin Polzin. Fakt aber ist für mich: Spielt Pherai, hat der HSV den Zug zum 16er (wo Selke und/oder Glatzel in aller Regel lauern), den er benötigen wird, wenn er den Gegner wieder mehr unter Druck setzen will. Neun Einwechslungen bei drei Startelfauftritten, nur ein Spiel über die kompletten 90 Minuten und nur ein Tor bei null Assists – diese Bilanz tut weh. Ich hoffe jedenfalls, dass Pherai in der Rückrunde mehr zum Einsatz kommt. Insbesondere gegen Teams, die sich hinten reinstellen, sollte seine quirlige Art helfen können. Ihr merkt schon, schon wieder Konjunktiv. Von daher für das Gezeigte gibt es eine Gnaden-Note: 4.

Marco Richters Rolle im HSV-System ist irgendwie keine

Deutlich mehr auf dem Platz stand Neuzugang Marco Richter. Weshalb der Zugang aber 9-mal in der Startelf (dazu drei Einwechslungen) stand, erschließt sich mir bis heute nicht. Der technisch starke Zugang vom FSV Mainz ist von der Spielweise ein toller Hallenfußballspieler. Er fällt im Training auch bei den Spielen auf verkürztem Spielfeld durchaus positiv auf. Aber auf dem großen Feld in der Liga wird sein Tempodefizit immer wieder deutlich. In Laufduellen, bei Zweikämpfen, wenn er zu spät kommt – Richters Rolle im HSV-System ist irgendwie gar keine. Zumindest macht er weder das Offensiv- noch das Defensivspiel des HSV besser. Er macht irgendwie alles – aber eben nichts richtig. Abgesehen von seinem Freistoßtreffer und wenige Ausnahmesituationen ist Richter für mich eine Fehlbesetzung. Ich hoffe, dass Polzin und Co. einen Plan für und mit ihm haben, bin aber eher skeptisch. Zumindest sehe ich fast alle anderen Mittelfeldspieler vor ihm. Daher gibt es von mir auch nur die Note: 5

In diesem Sinne, das war es mit dem Mittelfeld in dem Bilal Yalcinkaya noch fehlt. Aber der talentierte Youngster kam bislang noch nicht zum Einsatz und wird daher auch nicht bewertet. Für ihn hoffe ich aber, dass sich ein guter Zweitligist finden lässt, bei dem er endlich Spielzeit bekommen kann. Sein Talent, seine Bewegung jedenfalls versprechen viel Gutes. Also, Daumen drücken, dass der HSV einen guten Leihklub findet, bei dem der U19-Nationalspieler sein Talent weiterentwickeln und sich den Anforderungen im Profifußball anpassen kann.  

Euch allen jetzt aber eine gute Nacht!

Scholle  

Entlarvende Statistiken: HSV-Abwehr ist nicht aufstiegsreif

Entlarvende Statistiken: HSV-Abwehr ist nicht aufstiegsreif

Die Erkenntnis ist nicht neu! Aber die Zahlen, die Football Recruitment Consultant Mats Beckmann, der Gründer von Createfootball.com, mitgebracht hat, machen es noch einmal mehr als deutlich: Diese HSV-Abwehr ist in keiner Weise aufstiegsreif. Und dabei bleibt tatsächlich kaum bis keine Luft zum Diskutieren. Im Gegenteil: Die Zahlen beweisen, dass dieser HSV bislang mehr Glück als Können hatte – und einen starken Keeper Daniel Heuer Fernandes. Fakt ist, dass die HSV-Abwehr zu viele Torabschlüsse und Chancen zulässt, weil sie sowohl am Boden als auch in der Luft so zweikampfschwach ist wie kaum ein anderes Zweitligateam!

Ich hatte Euch in der Analyse der HSV-Defensiven zuerst separat Sebastian Schonlau und gestern den Rest der Defensivabteilung bewertet und benotet. Dabei kam eine schmeichelhafte 4 als Durchschnittsnote zustande. Sieht man sich die Zahlen an, die unser Chef-Analyst Mats Euch in diesem Video präsentiert und erläutert, müsste man die Noten definitiv noch mal ein Stück weit runterstufen. Aber seht selbst.

Fakt ist, dass der HSV es in zwei Jahren ohne Mario Vuskovic nicht geschafft hat, diesen halbwegs adäquat zu ersetzen. Warum auch immer! Denn Zeit und Geld hat der HSV ausreichend gehabt, um die weiterhin größte Baustelle, die Position neben Abwehrchef Sebastian Schonlau, mit einem schnellen und zweikampfstarken Spieler zu besetzen. Sieht man sich dazu die Zweikampfschwäche allgemein und in der Luft im Speziellen an, ist es sogar noch unglaublicher, dass Sportdirektor Claus Costa samt seiner Mitstreiter auf Vorstandsebene diese Personalie einfach nicht priorisiert haben. Denn nicht nur für mich ist sie der Schlüssel zum lange erhofften Aufstieg. Oder? Aber schaut Ech das Video an und urteilt selbst … 

In diesem Sinne, das erst einmal für heute. Ich melde mich in den nächsten Tagen mit der Benotung des HSV-Mittelfeldes wieder bei Euch! Bis dahin: Bleibt gesund!

Scholle