Hannover bricht ein – der HSV schießt sich aus der Krise

Hannover bricht ein – der HSV schießt sich aus der Krise

Noch Minuten nach dem Schlusspfiff feierten die Spieler des HSV mit ihren Fans im ausverkauften Volksparkstadion den höchsten Saisonsieg in der 2. Fußball-Bundesliga. Mit dem 6:1 gegen die desolaten Gäste von Hannover 96 setzte der HSV am Samstag ein Statement im Aufstiegskampf und erhöhte nach drei sieglosen Spielen wieder den Druck auf die Konkurrenten Darmstadt 98 und 1. FC Heidenheim. „Wir sind glücklich, dass wir uns heute belohnt haben, was wir in den anderen Spielen schon hätten tun können“, sagte Trainer Tim Walter – und das nach einer schwachen ersten halben Stunde: „Mit dem HSV musst du immer rechnen!“  Durch den Erfolg rückten die Hamburger zumindest bis zum Abendspiel (20.30 Uhr) des 1. FC Heidenheim gegen den FC St. Pauli auf den zweiten Platz vor. Tabellenführer Darmstadt 98 spielt am Sonntag (13.30 Uhr) gegen den SC Paderborn. 

In den ersten 30 Minuten hatte es überhaupt nicht nach einem solch deutlichen Erfolg ausgesehen. Beide Mannschaften machten zu viele oft stümperhafte Fehler. Doch nach der Führung durch Sonny Kittel (34. Minute) und Laszlo Benes (41.) kamen die Hamburger allmählich in Fahrt. Auch der Anschlusstreffer durch Hannovers Derrick Köhn (52.) brachte sie nicht mehr vom Weg ab.

Benes‘ zweites Tor per Foulelfmeter (61.) und der 17. Saisontreffer von Torjäger Robert Glatzel (65.) beendeten alle Zweifel. Der eingewechselte Ransford Königsdörffer (76.) und Ludovit Reis (87.) sorgten mit ihren Treffern endgültig für eine Party auf den Rängen. „Wenn man die Fans sieht, die Mannschaft sieht, wie wir das genießen heute: So oft spielen wir nicht so deutlich – auch wenn wir die Chancen oft dazu haben“, sagte Kapitän Sebastian Schonlau.

Bei ihrem Erfolg profitierten Schonlau und Co. zweifellos auch von der Schwäche des Gegners. Wie Hannover 96 nach dem 3:1 für den HSV auseinanderfiel, war bitter (für die Niedersachsen). Vor einer Woche hatten sich die Niedersachsen noch über den ersten Rückrunden-Sieg gegen den SV Sandhausen freuen können – nach dem Gastspiel in Hamburg ist die Ernüchterung aber groß. „Innerhalb von vier Minuten geben wir das Spiel aus der Hand mit dem 1:3 und 1:4. Danach war das Spiel gegessen“, sagte 96-Trainer Stefan Leitl. „Was danach passiert ist, darf so natürlich nicht passieren.“ 

Hannovers Zusammenbruch in den letzten 30 Minuten hatte für die Hamburger die Wirkung einer Therapiesitzung. Sie konnten sich für die Schlussphase im Aufstiegsrennen Selbstvertrauen holen. «Ich bin sehr stolz darauf, was die Mannschaft dann an den Tag gelegt hat», sagte Walter. Zur Belohnung gab er seinen Spielern über Ostern frei. Sie können nun Kraft bei der Familie tanken. Denn die nächsten Aufgaben mit dem Spiel beim 1. FC Kaiserslautern und dem Stadtderby gegen den FC St. Pauli haben es in sich. So leicht wie gegen 96 wird es nicht mehr. (dpa)

DIE EINZELKRITIK:

DANIEL HEUER FERNANDES: Rettete seinen Kollegen Meffert nach dessen Fehlpass und war präsent wie immer. Er spielte fehlerfrei. Und auch wenn er nicht allzu gefordert wurde, verdient sein Auftritt eine gute Note: 2

MORITZ HEYER: Endlich wieder auf „seiner“ Position. Rechts im Zusammenspiel mit Jatta deutlich wirkungsvoller als links Katterbach/Kittel. Er hatte erst die Chance zum 3:1, dann holte er den Elfer zum 3:1 heraus. Ich würde wirklich alles versuchen, um ihn rechts zu behalten. Dort ist er einfach am stärksten. Note: 2

NOAH KATTERBACH: Er braucht zu oft noch zu lang, um sich zu orientieren. Er muss schneller spielen. So machte er das Spiel oft langsam und stand sich mit Kittel (und im Wechsel Benes/Reis) zu oft auf den Füßen. Defensiv hatte er zu Beginn Schwierigkeiten, fing sich aber schon im Laufe der ersten Halbzeit. Mit Beginn der zweiten Halbzeit bekam er Räume über links – und er nutzte diese wie bei der gefühlvollen Vorlage auf Glatzel zum 4:1. Note: 3

SEBASTIAN SCHONLAU (bis 86.): Mit ihm ist der HSV defensiv eine Klasse besser, als ohne ihn. Auch heute. Note: 2,5

VALON ZUMBERI (ab 87.): Durfte endlich mal Zweitligaluft schnuppern.

JONAS DAVID: Ohne grobe Fehler kommt er leider nicht aus. Seine gleich zweimal schlecht verteidigte, selbst verschuldete Gelbe Karte in der dritten Minute war ein früher Dämpfer.  So früh vorbestraft als Innenverteidiger – das geht oft schief. Und wenn man ehrlich ist, hätte David schon in der ersten Hälfte Gelbrot kassieren können, wenn nicht sogar müssen. Da hatte er Glück. In der zweiten Hälfte blieb er dann komplett fehlerfrei, gewann seine Zweikämpfe und wirkte sicher. Note: 3,5

JONAS MEFFERT (bis 70.): Von Beginn an hellwach, bügelte er Fehler der Kollegen aus, stopfte Löcher und verteilte Bälle.  Aber er bekam erst sehr langsam Ordnung ins Mittelfeld und die Defensive. Dann aber war er auch offensiv vor dem 2:0 mit seinem Ballgewinn der entscheidende Mann. Um nicht die fünfte Gelbe Karte zu riskieren und ihn nach seinen zuletzt andauernden Knieproblemen etwas zu schonen, durfte er beim Stand von 4:1 runter. Note: 2

ANSSI SUHONEN (ab 71.): Das ist schon geil, so einen quirligen Typen in der Hinterhand zu haben. Er brauchte gefühlt nullkommanull Eingewöhnung und ist immer im Vollgasmodus unterwegs. Note: 2

SONNY KITTEL (bis 70.): Der Teilzeitmitspieler. Während alle um ihn herum (oft zu wild) liefen, stand er. Er spart seine Kräfte, sagen die, die es nett meinen. Und er traf. Er weiß, wann und wo es gefährlich wird.  Leider war er es auch, der mit einem unkonzentrierten Ballverlust, den Anschlusstreffer einleitete. Hätte er unmittelbar danach getroffen – es wäre wieder ausgeglichen gewesen. Note: 3

RANSFORD KÖNIGSDÖRFFER (ab 71.): Hannover liegt ihm! Gerade mal fünf Minuten nach seiner Einwechslung durfte er wie schon im Hinspiel wieder einen eigenen Treffer bejubeln. Note: 2

LUDOVIT REIS: Letzte Woche in Düsseldorf hatte er sich seine Auszeit genommen – heute war er wieder bärenstark! Von der ersten Minute an war der Niederländer der aktivste Hamburger. Er kurbelte das HSV-Spiel maßgeblich an und war dann mit dem Auge für Kittel beim 1:0 auch der entscheidende Faktor für die Richtungsänderung gen Heimsieg. Dass er auch noch selbst traf war das i-Tüpfelchen. Note: 1

BAKERY JATTA (bis 80.): Er bekam mit Köhn seinen persönlichen Schatten zugeteilt und lieferte sich spannende Duelle, die er oft gewann. Schade nur, dass er seine sehr guten Aktionen nicht auch noch sehr gut abschließt. Dennoch: Er ist mit seinem Tempo immer ein Unruheherd und für mich unverzichtbar. Note: 3

ANDRAS NEMETH (ab 81.): Dabei. Mehr kann man da nicht sagen. 

LASZLO BENES (bis 80.): Er ist immer extrem bemüht – aber zu selten effektiv. Heute hatte er vor dem 2:0 einen Trick parat, mit dem er alle täuschte und dann eiskalt versenkte. Und obwohl ich mir sicher bin, dass er den Ball eigentlich nach hinten und nicht in den eigenen Lauf legen wollte – schön war es, dieses 2:0 kurz vor dem Pausenpfiff. Er nahm sich nach dem in Düsseldorf verschossenen Elfer heute sofort den Ball beim Elfer in der zweiten Halbzeit – und er verwandelte sicher. Das war sein bislang bestes Spiel für den HSV, weil er sich selbst belohnte. Note: 1,5

ELIJAH KRAHN (ab 81.): Saustarke Ansätze hat er definitiv. Und wäre er nicht so lange verletzt ausgefallen, er wäre sicher schon sehr viel häufiger auf dem Platz gewesen. Wobei: Das wird jetzt kommen. Auch in diesen wenigen Minuten zeigte er sofort, dass er eine Verstärkung werden kann. Der Junge wird in den nächsten Wochen und Monaten noch mehr zeigen, da bin ich mir sicher. 

ROBERT GLATZEL: Endlich hat er wieder getroffen! Das allein wird ihm nach diesem Spiel extrem gut tun. Dass er seinen zweiten Treffer trotz klarster Chance verpasste, fällt da nicht mehr ganz so schwer ins Gewicht. Zumal Königsdörffer den Abpraller zum 5:1 nutzte. Note: 2,5

Trainer TIM WALTER: Der HSV-Trainer war nach dem Spiel sichtlich zufrieden. So einen hohen Sieg gab es in dieser Saison noch nicht. Dennoch muss man dieses Spiel in zwei Teile aufteilen: Bis zur 30. Minute – und von dort an. Denn bis zur 30. Minute stimmte nur der Einsatz, der teilweise noch etwas wild wirkte. Danach übernahm der HSV dann aber zunehmend die Kontrolle und spielte endlich mal wieder effektiv in der Offensive – und fast zu null defensiv. So einen Fernschuss wie den von Köhn (sensationell in den Winkel) kann man schwer verteidigen. Dennoch weiß Walter, dass auch defensiv noch nicht alles stimmt. Es ist nur etwas besser gewesen – und das gilt es weiter im Training zu bearbeiten. Aber weil heute auch die Wechsel griffen, gibt es für heute die Note: 2.

DAS SPIEL IM STENOGRAMM:

HSV: Heuer Fernandes – Heyer, David, Schonlau (81. Zumberi), Katterbach – Meffert (71. Suhonen) – Jatta (79. Nemeth), Reis, Benes (79. Krahn), Kittel (71. Königsdörffer) – Glatzel

Hannover 96: Zieler – Lührs, Krajnc, Kunze – Muroya, Ernst (82. Momuluh), Besuschkow, Köhn – Schaub (64. Teuchert) – Nielsen (74.Foti), Beier

Tore: 1:0 Kittel (34.), 2:0 Benes (41.), 2:1 Köhn (52,.), 3:1 Benes (FE., 61), 4:1 Glatzel (65.), 5:1 Königsdörffer (76.), 6:1 Reis (87.)

Zuschauer: 57.000 (ausverkauft)

Schiedsrichter: Florian Badstübner (Nürnberg)

Gelbe Karten: David (3.), Benes (11.), Reis (75.) / Beier (80.)

Gegen Hannover 96 geht es um mehr als drei Punkte

Gegen Hannover 96 geht es um mehr als drei Punkte

Zwischen Anspannung und bedingungslosem Vertrauen bewegt sich dieser Tage die Gefühlswelt von HSV-Trainer Tim Walter. Sagt er. Einerseits lieferte der 47-Jährige zuletzt die bekannten und auch selbstbewussten Aufstiegsbekundungen. Auf der anderen Seite haben die mäßigen Ergebnisse der vergangenen Wochen auch beim abgeklärten Coach ihre Spuren hinterlassen. Im Training waren immer wieder Anforderungen des Trainers an seine Spieler zu hören, die verdeutlichten, dass er eben doch nicht so zufrieden ist, wie er es in der Öffentlichkeit gern erklärt. „Ihr müsst umschalten! Nicht nur traben! Habt ihr das verstanden?“, schrie der Coach. Und das lässt mich tatsächlich hoffen, dass es nicht dieses „weiter so“ beim HSV gibt, sondern nur verträgliche Worte nach außen, während nach innen gearbeitet wird. Die Ergebnisse der vergangenen Wochen dürfen einfach nicht so weggesabbelt werden. Sie sind da – und alarmierend:

„Wir haben in den letzten Wochen individuelle Fehler zuhauf gemacht“, hat Walter im „kicker“ gesagt. Und genau so ist es. Es ist einfach zu wenig. Und für Walter und den HSV geht es in den verbleibenden acht Spielen alles. „Wir können es aus eigener Hand schaffen. Selbst wenn wir Dritter sind, können wir durch die Relegation aufsteigen. Und wir wissen auch, dass wir es schaffen. Wir holen uns die letzten Punkte auch noch“, sagte Walter gewohnt selbstsicher – und erhöhte damit den

Dass Walter trotz seines Eingeständnisses der Fehler sagte, dass seine Mannschaft in den vergangenen zwei Begegnungen „sehr, sehr gut gespielt“ habe, hat mich stutzig werden lassen. Denn damit hatte er den eigenen Anspruch sehr tief gelegt. Seine Ergänzung: „Wir müssen uns für den Aufwand mehr belohnen. Das haben wir uns für Samstag auf die Fahnen geschrieben“, lässt allerdings hoffen, dass Walter es doch erkannt hat. 

Ich werde, wie vor jedem Spiel gern gefragt, was ich glaube, wie das Spiel ausgeht. Und bei allen Bedenken, die sich bei mir ob der Leistungen der Letzten Wochen aufgebaut haben, sehe ich Hannover als einen Gegner, der passen könnte. Aber bei jeder Antwort versuche ich auch zu vermitteln, dass das eben nur gilt, wenn man selbst seine eigenen 100 Prozent abzurufen vermag. Denn mit weniger geht es nicht. Gegen niemanden. Und Hannover 96 wird alles abrufen, was in deren Macht steht. Nach neun Spielen ohne Sieg und Kritik aus dem eigenen Fan-Lager gelang dem Club am vergangenen Wochenende mit dem 3:1 über Tabellenschlusslicht SV Sandhausen endlich wieder ein Dreier – und den will man in Hamburg vergolden. 

So sagt es zumindest Trainer Stefan Leitl. Der verdeutlichte, dass seine Mannschaft „eine gewisse Leidensfähigkeit und trotzdem auch den Mut, nach vorne und aggressiv zu verteidigen“ brauche. So äußerte es der H96-Coach in der Medienrunde. Für den 45-Jährigen steht aber fest: „Der Druck liegt nicht bei uns, der liegt bei Hamburg. Die Hamburger haben schon ein bisschen Druck aufgrund der letzten Ergebnisse“, äußerte Leitl und fügte hinzu: „Das wollen wir dann auch vielleicht in eine positive Energie für uns ummünzen und eine stabile und gute Leistung zeigen.“

Personell muss Leitl auf Jannik Dehm und Sebastian Kerk verzichten, Abwehrspieler Julian Börner fehlt gesperrt. Für Börner könnte der defensive Mittelfeldspieler Fabian Kunze in die Innenverteidigung wechseln.Beim HSV wird neben den beiden gesperrten Javi Montero und Miro Muheim auch Jean-Luc Dompé fehlen, der heute auch das Abschlusstraining nicht mitmachen konnte.

Dennoch: Dass der HSV mit Druck im Rücken gegen Hannover umgehen kann, hat er in Hannover bewiesen. Im Hinspiel Ende September des vergangenen Jahres hatte Ransford Yeboah Königsdörffer mit einem sehr geilen Solo den Siegtreffer zum 2:1 herbeigeführt. Hoffen wir mal, dass sich Geschichte beim HSV nicht immer nur bei den negativen Dingen wiederholt – sondern auch diesmal.

Ich freue mich auf das Spiel morgen im ausverkauften Volksparkstadion und wünsche Euch allen jetzt erst einmal einen schönen Karfreitag.

Scholle

Der HSV schaltet in den Staccato–Modus 

Der HSV schaltet in den Staccato–Modus 

Tim Walter bleibt sich und seiner Art treu. Das fordert er immer wieder von seinen Spielern – aber er unterstreicht das immer wieder auch mit seinem eigenen Verhalten. „Keine Zweifel“, „alle Spieler haben mein Vertrauen“, „wir schauen nicht nach hinten“ und andere Sätze wiederholen sich stakkato auf den Pressekonferenzen dieser Saison. Und auch jetzt, nach zuletzt drei sieglosen Partien, will der HSV-Trainer von einer Krise nichts wissen. Seine Mannschaft habe „sehr, sehr gut gespielt“, sagte Walter heute und ergänzte mit Blick auf das ausverkaufte Heimspiel gegen Hannover 96 am Sonnabend: „Wir müssen uns für den Aufwand mehr belohnen. Das haben wir uns für Samstag auf die Fahnen geschrieben.“

Cornelius hat seine ersten Schritte als HSV-Reporter für Euch in Bild und Ton festgehalten

Vor allem müssen sie punkten. Egal wie. Das weiß auch Walter, der seinen Wiederholungen eine Treppen-Metapher folgen ließ: „Die Zweite Liga ist hart. Das ist nicht die eine Tür zur Bundesliga, sondern eine Treppe. Und auf dieser musst du Schritt für Schritt hochklettern. Und genauso gehen wir es an“, sagt der HSV-Trainer, der nach eigener Aussage absolut vom Aufstieg überzeugt ist. „Wir machen schon vieles richtig. Wir haben bereits 50 Punkte geholt, jeden davon hart erarbeitet. Wir können alles aus eigener Kraft schaffen und wenn wir über die Relegation gehen müssen. Wir wissen, dass wir es schaffen. Wir holen uns die letzten Punkte auch noch.“ 

Aber dafür muss sich wie schon geschrieben etwas verändern. Auch Walter hat erkannt, dass seine Mannschaft sowohl in der Offensive als auch in der Defensive Fehler gemacht habe. Das hatte er in den letzten Tagen gesagt – und heute noch mal wiederholt. Man habe zu viele Gegentreffer kassiert, selbst aber zu wenig erzielt, sagte der Coach heute mit Blick auf die 4:6 Treffer in den letzten drei Partien. Gegen den Tabellenneunten aus Hannover sei ihm aber „nicht angst und bange, sondern wir machen immer das Beste daraus, weil ich meinen Jungs zu hundert Prozent vertraue“. Da war es wieder…

Personell gibt es neben den gesperrten Miro Muheim (5. Gelbe) und Javi  Montero (Gelbrot) gegen Hannover bislang nur einen Ausfall. Oder besser gesagt: einen eventuellen Ausfall. Offensivmann Jean-Luc Dompé ist fraglich. Schon seit einiger Zeit hat Dompé Probleme mit dem Sprunggelenk. Am Donnerstag setzte er nun sogar komplett mit dem Training aus. „Wir wissen nicht, ob er bis Samstag fit wird. Alles ist ein bisschen fraglich“, sagt HSV-Trainer Tim Walter heute. Für den Franzosen stünde wieder Sonny Kittel bereit, der in Düsseldorf eine gute Leistung gezeigt hatte, wie Walter betonte.

Aber in diesem Zusammenhang kommt bei mir Unbehagen auf, wenn ich Walter höre. Eine lange Zeit fand ich es gut, dass Walter seinem Edeltechniker immer wieder maximales Vertrauen ausgesprochen hatte. Es funktionierte auch lange Zeit, in der Kittel mit Assists und Toren glänzte. Und: Dass Kittel es kann, wissen wir alle. Allein seine Unbeständigkeit war noch auffälliger als sein Talent. „Wenn er die Freude in sich hat, und die hat er, dann ist er ein unfassbarer Spieler“, sagte Walter über den 30-jährigen heute. Walter muss darauf achten, dass Kittel Spaß und Freude an seinem Job hat, damit dieser abruft, was in ihm steckt? Nee. So funktioniert das nicht. Zumindest nicht auf Dauer. Oder anders formuliert: So funktioniert kein Führungsspieler. Und den wollte Walter seinerzeit noch in Kittel erkannt haben.

Kittel ist und bleibt ein Standby-Spieler mit dem Potenzial, Spiele allein zu entscheiden. In Düsseldorf hat er einen guten Anfang hingelegt, sagen die meisten. Mir hat das noch nicht gereicht – gemessen an dem, was er kann. Aber ich hoffe, dass Kittel in den letzten acht Saisonspielen noch mal aufdreht und Walters Worten Taten folgen lässt und seinen Trainer für dessen Geduld belohnt.  Denn Kittels Qualitäten sind jetzt offensiv gefragter denn je.

Auch defensiv gibt es einige Fragen. Wobei: So wirklich spannend scheint es gar nicht zu werden. Zumindest rechne ich damit, dass Walter wieder Viererkette spielt mit Sebastian Schonlau und Jonas David in der Innenverteidigung sowie Moritz Heyer rechts und Katterbach links. Auch sonst erwarte ich abgesehen von den erzwungenen (Muheim, Montero) nicht allzu viele Neuerungen gegenüber Düsseldorf. Obwohl ich es gern anders hätte. Denn ich würde über die Außen gern mehr Tempo sehen (Jatta und Königsdörffer/Dompé). Ich würde im Zentrum Ludovit Reis wieder anspitzen und ihm den Rücken so freihalten, dass er neben Laszlo Benes agiert. Letzteren würde ich sagen, dass er laufen soll, bis nichts mehr geht – und dann Anssi Suhonen bringen. Der wiederum ist noch nicht so weit, zu beginnen, wie Walter sagt: „„Wir müssen aufpassen, dass er sich nicht wieder verletzt. Wir müssen geduldig und vorsichtig sein, weil ich nicht will, dass er wieder ausfällt. Gerade am Ende der Runde müssen wir aufpassen, dass da nichts passiert.“ Dass der Finne, der auf körperliche Unversehrtheit in seinem Spielstil keine Rücksicht nimmt, noch nicht beginnen kann/soll, halte ich für sehr sinnvoll. 

Und ganz vorn würde ich wieder mit Glatzel beginnen. Reicht das wieder nicht, würde ich Andras Nemeth einwechseln und mit zwei Spitzen agieren. Zumindest würde ich den Ungarn nicht noch mal auf der Außenbahn vergeuden, da seine Qualitäten zweifellos im Zentrum liegen. Qualitäten, die ich sehr, sehr spannend finde. Aber da wiederhole ich mich staccato mäßig…

In diesem Sinne: Wie würdet Ihr aufstellen? 

Scholle

Der Neue ist da!

Der Neue ist da!

Ich freue mich sehr, Euch den nächsten Zugang bei „MoinVolkspark“ präsentieren zu dürfen: Cornelius Link. Oder besser gesagt: ER stellt sich im Folgenden selbst vor. Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass mir die bisherigen Gespräche mit Cornelius sehr gut gefallen haben und ich die Mischung aus journalistischer Erfahrung und Passion für Fußball sowie den HSV als sehr spannend erachte. Zudem freue ich mich darauf, dass sich Cornelius vor allem den digitalen Medien von uns widmen will. Soll heißen: Er steht selbst gern vor der Kamera, sagte er mir.

Von daher wird er auch bei den nächsten Ausgaben unserer Auswärtscouch dabei sein, die auch nach der Vertragsverlängerung des HSV mit dem letzten Bierpartner „König Pilsener“ weiterhin nach dem traditionellen HSV-Bierpartner „Holsten“ benannt bleiben wird. Denn wir wissen nicht nur, was Tradition bedeutet. Wir wissen auch, dass es schon an diesem Wochenende vor dem Hannover-Spiel im Volkspark wieder etwas Schönes gibt. Aber dazu morgen mehr. Denn jetzt übergebe ich das Wort unserem neuen Blogfreund und neuen MoinVolkspark-Kollegen Cornelius: 

Moin! 

Von Geburt an Vereinsmitglied, als kleiner Stöpsel schon in der Kurve mit dabei – klingt gut, ist aber nicht meine HSV-Story. Zwar bin ich in Hamburg geboren, allerdings wuchs ich größtenteils in der mittelhessischen Provinz auf. Und ausgerechnet dort verliebte ich mich in den HSV. In einer Region, in der Straßenlaternen mit Adler-Stickern tapeziert sind und Fischbrötchen nur bei ‚Nordsee‘ serviert werden, ging ich stolz im van der Vaart-Trikot zum Sportunterricht. Umgeben von Eintracht- und Bayern-„Fans“ musste ich mir schon früh abwertende Kommentare à la „Scheiße Hamburg, Hamburg Scheiße“ gefallen lassen. Ich wusste es jedoch stets, diese in ‚Abschlach‘-Manier mit „liebe Leute, nun mal leise“ zurückzuweisen. Das Leben als Exil-Hamburger härtete mich ab und bereitete mich auf die schwere fußballerische Zeit vor, die noch folgen sollte. 

Mein erstes Stadion-Erlebnis war ein 2:2 des HSV bei Eintracht Frankfurt in der Saison 2006/07. Unter den Hamburger Torschützen war damals noch ein gewisser Boubacar Sanogo, der nur wenige Wochen zuvor schon in der Champions League gegen Arsenal getroffen hatte. Ich hätte mir durchaus eine schlechtere Phase für meinen Einstieg als Fußball- und HSV-Fan aussuchen können. Der HSV wurde daraufhin zu einer Konstante in meinem Leben und der Fußball zu meiner großen Leidenschaft neben der Musik. Mein Vater und mein Onkel – beide ebenfalls leidenschaftliche HSVer – schwärmten von den Erfolgen der Achtziger und erweckten in mir den utopischen Gedanken, einmal selbst einen Titelgewinn des HSV miterleben zu dürfen. Damals schmückte die Magnet-Meisterschale von ‚Aral‘ mein Kinderzimmer, heute würde ich mir im Falle des Aufstiegs auch die Zweitliga-Felge an die Wand nageln. 

Neben der sportlichen Situation unserer Rothosen hat sich in den vergangenen Jahren auch meine persönliche Perspektive auf den HSV und den Profi-Fußball verändert. Neben meinem Studium der Kommunikationswissenschaft an der Uni Greifswald durfte ich bei der ‚Ostsee-Zeitung‘ in Rostock bereits erste journalistische Erfahrungen sammeln. Vor einem persönlichen Dilemma stand ich, als ich im August 2022 erstmals im Volksparkstadion auf der Pressetribüne saß – und beim ersten Spiel nach Uwe Seelers Tod über den FC Hansa Rostock berichten musste.

Die HSV-Lieder und Fangesänge nicht mitzusingen war hart, doch bei einem solch schmerzhaften wie emotionalen Moment neutral zu bleiben – unmöglich. Mein Herz schlägt eben für den HSV. Der Kontakt mit Spielern oder Vereinsvertretern lässt dieses jedoch nicht mehr so schnell schlagen wie früher. Der professionelle Fußball ist (leider) wie jedes andere Geschäft auch: Viel Routine, oftmals gepaart mit zwischenmenschlicher Kälte. Trotz meines Traums, später als Journalist mein Geld zu verdienen, will und werde ich mir meine Leidenschaft für den Fußball nicht nehmen lassen. Leidenschaft und Professionalität schließen einander nicht aus, sondern bilden die Grundlage erfolgreicher Arbeit – in egal welchem Beruf.

Heute lebe ich wieder in Hamburg. Ich bin also nach einer fast zwei Dekaden umfassenden Odyssee wieder im Heimathafen Hamburg angekommen. Im Oktober werde ich hier mein Master-Studium beginnen. Scholle hat mir nun die Chance gegeben, bei ‚Moin Volkspark‘ einzusteigen. Hier darf ich endlich meine Liebe ausleben (und vielleicht ja irgendwann einmal aus Gründen im HSV-Trikot auf die Pressetribüne gehen). Ich freue mich auf jeden Fall auf die gemeinsame Zeit und vor allem: Auf Euch! 

Bis bald und: nur der HSV, 

Euer Cornelius  

Zu wenig Punkte – also Reizpunkte?

Zu wenig Punkte – also Reizpunkte?

Ich hatte es in den letzten Wochen immer wieder mal thematisiert – und es bleibt weiter ein großes Thema. Der HSV muss etwas verändern, wenn er den Aufstieg nicht fahrlässig gefährden will. Das zeigen schon die Ergebnisse der letzten Wochen, die sehr wohl eine Delle darstellen. Auch wenn der Trainer das immer wieder abstreitet. Dabei muss es sich nicht um drastische Maßnahmen wie einen Trainerwechsel oder Suspendierungen im Team etc. handeln, sondern lediglich um kleine Hebel. Auch kleine Dinge können große Veränderungen bewirken. Taktik, Personal, anderes Training, eine andere Ansprache – alles bietet Chancen, dass es besser wird. Allein das stoische Festhalten an ALLEM, was den HSV bis hierhin durch die Saison getragen hat kann nicht der richtige Weg sein.

Dieser Meinung bin offenbar nicht nur ich, sondern auch unser Blogfreund und Gastautor Robert, der heute noch einmal das Thema Reizpunkte aufnimmt. Denn wir wollen hier nicht nur Veränderungen fordern, sondern auch erläutern, wie diese Aussehen könnten. Daher viel Spaß mit Roberts Gastbeitrag:

Zu wenig Punkte – also Reizpunkte?

Von Robert Hoyer

Scholle hat es letzte Woche schon richtig gefordert. Ein „Weiter so!“ kann es bei den Ergebnissen der letzten Spiele nicht geben. Da kommt die Bemerkung von Bernhard Peters im letzten Abendblatt-Podcast „HSV – Wir müssen reden“ gerade richtig. Erfolgreiche Mannschaften bräuchten immer wieder neue Reizpunkte, um dauerhaft in der Erfolgsspur zu bleiben.

Was können das für „Reizpunkte“ sein? Nun, sie lassen sich auf unterschiedlichste Weise setzen. Vor der Saison und in der Winterpause gibt es die Möglichkeit, durch Transfers die Mannschaft personell zu verändern. Clemens Fritz von Delmenhorst-Ost sagte erst kürzlich, dass man im Sommer mit punktuellen Verstärkungen „den einen oder anderen Reizpunkt“ im Kader setzen wolle. Die Aufstiegseuphorie halte schließlich nicht ewig und da gelte es vorzusorgen. Ein Problem, mit dem sicher der HSV hoffentlich auch bald auseinandersetzen muss. Dass nicht jeder Transfer ein Reizpunkt ist, zeigen die Wintertransfers des HSV. Javi Montero wurde als Vuskovic-Ersatz verpflichtet, fällt jedoch hauptsächlich mit Stellungsfehlern und Gelb-Roten Karten auf. Andras Nemeth ist immerhin eine neue Alternative im Sturm und hat auch schon zweimal getroffen, blieb zuletzt aber eher blaß. Er ist noch ein junger Spieler, der als Back-Up für den gesetzten Glatzel fungiert. Abschließend noch Noah Katterbach, der hinten für personelle Entlastung sorgt und gerade im Heidenheim-Spiel frischen Wind brachte. Wäre die komplette Viererkette gesund hätte der Trainer so Muheim mal eine nötige Pause erlauben können. So muss er im Moment eher die Löcher stopfen, die durch Sperren und Verletzungen entstehen. 

Interessant wäre es aus meiner Sicht gewesen, wenn man im Winter Kittel abgegeben hätte und dafür einen neuen Offensivspieler als Ersatz geholt hätte. Was so ein Transfer für Wirkung haben kann, hat aus meiner Sicht Jean-Luc Dompe gezeigt. Auch wenn ihm nicht alles gelingt und er sicher auch schlechtere Spiele hat, er hat auf jeden Fall ein neues Element in das HSV-Spiel gebracht und für Belebung gesorgt. Generell gilt aber, dass bei neuen Spielern häufig mit einer gewissen Eingewöhnungszeit gerechnet werden muss. Benes ist hierfür ein gutes Beispiel. So tritt der Effekt, bestehende Strukturen, Hierarchien und Abläufe neu auszurichten, zumindest nicht sofort auf.

Die zweite Möglichkeit, zumindest kurzfristig einen neuen Reizpunkt zu setzen, ist der Trainerwechsel. Beim HSV häufig genug durchgeführt worden, aber langfristig nur mit mäßigem Erfolg. Die Feuerwehrmänner um Slomka, Labbadia und Gisdol waren nach der Rettung vor dem Abstieg schnell wieder Geschichte. Über Bert van Marwijk und Bernd Hollerbach wollen wir in dieser Hinsicht gar nicht erst sprechen. Und auch die aktuellen Beispiele in der Bundesliga zeigen, dass dieser Reizpunkt bei einer zuvor schlecht zusammengestellten Mannschaft nichts bringt. Interessant ist dagegen, was bei einem Stadtteilverein in Hamburg passiert. Dort scheint das Zusammenspiel von Trainerwechsel und ergänzenden Transfers genau den richtigen Reizpunkt gesetzt zu haben. Fraglich wie lange dieser Erfolg anhält. Spätestens am 29. Spieltag ist damit dann hoffentlich Schluss. Für einen Trainerwechsel beim HSV gibt es derzeit jedoch wenig gute Argumente. Erstens hat man weiterhin die besten Chancen aufzusteigen und so das ausgegebene Ziel zu erreichen. Und zweitens würde ein Trainerwechsel zu diesem Zeitpunkt die gesamte Organisation, insbesondere auch Jonas Boldt als Vorstand in Frage stellen und in eine tiefe Vertrauenskrise schicken. Schwer vorstellbar, dass in so einem Chaos noch der Aufstieg gelänge.

Abschließend existiert noch die Möglichkeit, über die Aufstellung und das System neue Reize zu setzen. Dies ist innerhalb der Saison nahezu der einzige Weg, zu agieren. Die meiste Symbolkraft hat dabei der Torwartwechsel, der auch beim HSV immer mal zum Einsatz kam (bspw. Pollersbeck für Mathenia unter Titz). Darüber hinaus können Stammspieler so eine Schaffenspause erhalten und frische Spieler bringen neuen Wind. Diese Wechsel sind jedoch am effektivsten, wenn die Mannschaft selbst ein stabiles Gerüst hat und neue Spieler direkt integriert werden können. Willkürliches und vor allem zu viele Wechsel sorgen eher für Chaos und Verunsicherung. Eingespieltheit ist ein hohes Gut. Auch die Persönlichkeit der Spieler gilt es zu beachten. Manche stachelt ein Wechsel auf die Bank zu höheren Leistungen an, andere verunsichert es nachhaltig.

Aus meiner Sicht hat Walter auf diese Weise auch schon probiert, etwas zu verändern. Königsdörffer für Benes beginnen zu lassen, war jedoch nur in der Hinsicht erfolgreich, als dass Benes nach seinen Einwechslungen etwas aufblühte. Für Walter ist es aber auch nicht einfach, auf diese Weise etwas zu verändern. In den letzten Wochen setzten sich die Reizpunkte ungewollt selbst. Für jedes Spiel galt (und gilt) es, eine neue Viererkette aufstellen. Und jeder, der mal Fußball gespielt hat, weiß, dass man Rotation auf den Innenverteidigerpositionen gar nicht mag. Umso ärgerlicher, dass Walter schon länger auf das bewährte Duo Schonlau/Vuskovic verzichten muss. Hätte man mit dieser Innenverteidigung konstant gespielt, wären es sicherlich einfacher neue Reizpunkte in anderen Mannschaftsteilen zu setzen – bzw. der Druck darüber nachzudenken wäre angesichts stabilerer Ergebnisse geringer.

Bleibt die Frage, was Walter jetzt noch für Möglichkeiten hat. Personell könnte er bspw. einen Anssi Suhonen mal reinwerfen, in der Hoffnung, dass er mit seinem Wirbeln für Belebung sorgt. Gegen Düsseldorf gelang das zumindest in einigen Situationen. Auch Umstellungen am System könnten Veränderungen bringen. Gegen Düsseldorf setzte Walter auf eine Dreier-Kette, um für mehr defensive Stabilität zu sorgen – mit allerdings mäßigem Erfolg. Ich bin sowieso der Meinung, dass das 4-3-3 mit den offensiven Außen und Glatzel als Zielspieler der richtige Ansatz ist. Alternativ könnte man mit zwei Spitzen spielen und Nemeth oder Königsdörffer neben Glatzel stellen. Mit Kaufmann hatte das in der letzten Saison ein paar Mal ganz gut geklappt. Der HSV schlägt ligaweit die meisten Flanken. Mit einem Abnehmer mehr stiegen die Chancen auf einen Torerfolg. 


KURZ NOTIERT:

Einspruch: Nach dem Doping-Urteil des DFB-Sportgerichts gegen Mario Vuskovic hat die Nationale Anti-Doping-Agentur Rechtsmittel eingelegt und „nach eingehender Prüfung der Urteilsbegründung“ eine höhere Sperre verlangt. „Die NADA wird auf der Grundlage des vom DFB-Sportgericht festgestellten Verstoßes gegen Anti-Doping-Bestimmungen des Spielers eine dafür vorgesehene Vierjahressperre beantragen“, teilte die Kontrolleinrichtung am heutigen Dienstag mit. Eine Entscheidung, die so erwartet worden ist, nachdem das Sportgericht von der regelsperre in einem solchen Dopingfall abgewichen war.

Vuskovic selbst bestreitet weiter die Vorwürfe. „Ich werde mich davon nicht brechen lassen und bis zum Ende kämpfen, um die Wahrheit zu beweisen“, schrieb er zuletzt via Socialmedia (nach dem Urteil bei Instagram). Die vom DFB-Sportgericht vorgesehene Sperre würde bis zum 14. November 2024 laufen. Hiergegen wollte Vuskovic seinerseits Einspruch einlegen. Und man kann behaupten, dass sich dieser Fall inzwischen zu einem Grundsatzstreit über die Epo-Analytik entwickelt hat. Mit einem weiterhin offenen Ausgang, da es sowohl Experten gibt, die die Höchststrafe als richtig erachten, wie die, die einen Freispruch fordern. 

Den Fokus endlich wieder aufs Wesentliche richten…

Den Fokus endlich wieder aufs Wesentliche richten…

Dass der HSV auf Mario Vuskovic für lange Zeit nicht zurückgreifen kann, das war für alle Beteiligten seit Mitte Dezember klar. Zeit genug also, um sich auf das Szenario in der Rückrunde vorzubereiten. Und: Mit Javi Montero wurde ein junger Innenverteidiger gefunden, der trotz seiner jungen Jahre über eine Menge Erfahrung verfügt. Sogar Einsätze in der Champions League kann der Linksfuß vorweisen. Statistisch also ein Kandidat, der interessant ist. Problem nur: Sportlich blieb der Spanier bislang alles schuldig. Mehr noch: Montero verschuldete Gegentore maßgeblich, wurde einmal zur Halbzeit ausgewechselt und flog in den anderen beiden Spielen zweimal vom Platz. Mit anderen Worten: Bislang ist Montero noch ein Fehlgriff – und damit eine Gefährdung für das große Ziel Wiederaufstieg.

Aber: Weniger Montero trägt hieran die Schuld als vielmehr die Verantwortlichen, die ihn als geeignet empfunden und verpflichtet (sechs Monate auf Leihbasis von Besiktas Istanbul) haben. „Mit Javi Montero haben wir einen wichtigen Baustein für unsere zentrale Defensive gefunden. Aufgrund seines starken linken Fußes und seiner fußballerischen Qualität bietet er uns zusätzliche Variabilität im Spielaufbau“, erklärte HSV-Vorstand Jonas Boldt seinerzeit. „Sein Zweikampfverhalten in der letzten Linie und seine internationale Erfahrung werden uns zudem weitere Stabilität verleihen und den Konkurrenzkampf erhöhen.“ So weit, so gut. Aber: Montero kam mit gerade einmal vier Einsätzen in der erste Halbserie – und so präsentiert er sich auch.

Denn bei allem, was ich an ihm kritisiere (und das ist tatsächlich fast alles, was er bisher für den HSV auf dem Platz gezeigt hat), sieht man sehr wohl, dass er es besser konnte – und eigentlich auch wieder können muss. Allerdings ist das HSV-System in seiner Komplexität und mit seiner riskant-offensiven Ausrichtung für Defensivspieler eine besondere Herausforderung – und dieser ist der 24-Jährige aktuell ebenso wenig gewachsen, wie alle anderen Alternativen in der Innenverteidigung. Sebastian Schonlau explizit ausgenommen. Und das ist auch nicht so wirklich verwunderlich. Die Frage ist nur: Was tun, wenn man das Personal für sein System nicht mehr zur Verfügung hat?

Die Antwort werdet Ihr Euch denken können. Ich habe sie hier schon hundertfach reingeschrieben und ich bleibe dabei, dass Walter mit dem HSV überzeugenden, guten und spektakulären Fußball spielen kann – dies aber nie über eine ganze Saison durchhält. Zumindest hat er es auch diese Saison wieder nicht geschafft. Oftmals konnte der HSV eine schwächelnde Defensive mit einer starken Offensive ausgleichen, seltener aber zumindest ein paar Male auch andersrum. Aktuell fehlt es defensiv an der nötigen Sicherheit und offensiv an der nötigen Effizienz. Eine beschissene Mischung, die den HSV in der Tabelle fallen lässt.

Wie es anders geht, zeigen seit Jahren die Konkurrenten, die (Paderborn im Aufstiegsjahr mal ausgenommen) mit eher einfachem Fußball aufsteigen. Hinten wird massiv dicht gemacht mit Verteidigern, die weniger über filigranes Passspiel denn über effektive Tacklings verfügen. Heidenheim spielt so, Darmstadt spielt so, der FC St. Pauli spielt seit Wochen schwer erträglich anzuschauenden Fußball, der an Huub Stevens‘ Taktik erinnert. Aber: Sie alle punkten mehr als der HSV, bei dem der Walter-Fußball zum Politikum wird. Oder wie ich meine: Walters Offensivfußball ist längst nicht mehr das taktisch überraschende Tool, mit dem man alle Gegner an die Wand spielen kann. Vielmehr ist er ein Handicap, weil das Überraschungsmoment fehlt. Noch viel mehr aber, weil dem HSV ohne Vuskovic das notwendige Personal dafür fehlt.

Es wird aber werde personell nachgelegt werden können, noch darf auf Walters Einsicht gehofft werden. Und deswegen bleibt mir nur die Hoffnung, dass der HSV offensiv wieder Feuerwerke zünden kann. Er muss es zumindest, wenn er bei der aktuellen Konstellation Siege einfahren will. 13 Gegentore in nur neun Spielen seit der Winterpause. In der gesamten Hinrunde waren es insgesamt 19 Gegentore nach 17 Spielen. Oder habt Ihr eine bessere Idee?

Enttäuschend ist, dass der HSV es seit Jahren immer wieder verpasst, die Spannung hochzuhalten – sportlich wohlgemerkt. Wenn ich dazu noch höre, was Walter aktuell im Kicker-Podcast „DAZN meets kicker“ sagt, lässt das meine Zweifel wachsen. Denn dabei dreht es sich weniger darum, aktuelle Probleme zu beheben, als darum, über Nebensächlichkeiten zu fabulieren.  Dass rund 20.000 Hamburger die Reise an einem Freitag angetreten haben, sei „unfassbar und unglaublich. Das ist das Größte, was wir hier geschaffen haben in den letzten eineinhalb Jahren“, sagt Walter zum Beispiel.  Und ich behaupte, dass es darum immer gehen muss – aber nie zu Lasten des sportlichen Fokusses. Denn der MUSS IMMER an erster Stelle stehen. Meine Frage: Tut er das noch? 

Ich hatte in den letzten Tagen immer auch wieder das Thema Reizpunkte hier genannt. Diese zu setzen, das muss jetzt die Aufgabe für Walter sein. Er muss defensive Stabilität herstellen und dabei Tore schießen lassen – darum geht es! Ob das vor zwei oder 57.000 Zuschauern passiert, das muss für Walter jetzt fast zweitrangig sein. Zumal: Wenn in den letzten Jahren völlig unabhängig von Trainer und Spielsystemen eine Sache wirklich immer funktioniert hat, dann war es der Zuspruch der Fans… Von daher: Bitte, richtet den Blick endlich mal nur auf das Wesentliche. Dann klappt’s vielleicht auch mal mit dem Aufstieg.

Scholle