Selbstverständlich zieht eine Personalie wie die von Robert Glatzel viel Interesse auf sich. Sehr viel sogar. Dennoch geht mir die Diskussion darüber, ob er in Magdeburg spielen wird oder nicht, inzwischen auf den Keks. Denn es ist alles gesagt. Und: Der HSV hat weitere Alternativen für den Ausfall des bisherigen Toptorjägers Davie Selke. Beim starken 4:1 gegen Fortuna Düsseldorf saß Glatzel noch als Zuschauer mit seinen Mitspielern vor den Fans auf der Tribüne. Nun steht der beliebte Torjäger vor seinem Comeback im Topspiel beim 1. FC Magdeburg. Nach fast fünf Monaten Verletzungspause gehört der 31-Jährige am Wochenende zumindest endlich wieder dem Kader der Norddeutschen an. „Es ist auch kein Geheimnis, dass er am Freitag dabei sein wird. Er hat diese Woche voll mittrainiert, ist voll dabei, hat sehr viel Energie“, sagte Trainer Merlin Polzin vor der Partie am Freitag (18.30 Uhr/Sky) in Magdeburg – und heizt damit die Gerüchte an, Glatzel könne sogar in der Startelf stehen.
Aber das wird er nicht, wenn die Trainer nicht ihren bislang sehr nachvollziehbaren, leistungsorientierten Weg verlassen. Und genau dafür schätze ich das neue Trainerteam: Sie sind konsequent und vernünftig. Deshalb war Glatzel am vergangenen Wochenende trotz Einsatzfähigkeit auch noch nicht im Kader. Vor allem aber demonstrieren sie den restlichen Offensivspielern, dass sie ihnen keinen 80-Prozent-Glatzel vorziehen, sondern ihnen vertrauen. Auch jetzt in Magdeburg, wo es ohne den gelbgesperrten Toptorjäger zweifellos sehr schwer wird. „Da ist es, glaube ich, sinnvoller, den Spieler nach und nach dann heranzuführen, als ihn jetzt direkt in etwas hineinzujagen. Und trotzdem ist es Freitagabend definitiv ein besonderes Spiel“, sagt Polzin – und er hat recht!
Glatzel: „Alles kann, nichts muss…“
Zur Erinnerung: Glatzel musste im Oktober nach seinem Sehnenabriss im Hüftbereich operiert werden. In den vergangenen Wochen wurde der Fußballprofi langsam und sehr behutsam wieder ans Mannschaftstraining herangeführt. Seit zwei Wochen ist er mehr oder weniger voll dabei. Dennoch sind sich alle einig, dass es für die vollen 90 Minuten noch nicht reichen kann. Die Faustregel, dass man so lange braucht, um zu seiner alten Form zu finden, wie man raus war – sie gilt sicher nicht für jeden gleichermaßen. Aber dass Glatzel nicht sofort bei 100 % Matchfitness sein kann, ist logisch.
Von daher ist der Plan des Trainerteams, Glatzel langsam heranzuführen, absolut nachvollziehbar – und aus vielerlei Gründen auch richtig. Denn Glatzel im noch nicht spielfitten Zustand schon die Verantwortung des Hoffnungsträgers aufzubürden, macht das Comeback nicht einfacher, im Gegenteil. Am Ende aber eingewechselt zu werden und in kurzer Zeit vielleicht noch einmal helfen zu können – das ist auch für Glatzel eine überschaubare Drucksituation, bei der er mehr gewinnen als verlieren kann.
Ich würde Glatzel in Magdeburg noch nicht beginnen lassen, ihm aber sehr wohl am Ende noch ein paar Minuten Spielzeit schenken, wenn das Spiel es zulässt – oder es sogar danach verlangt. In der darauffolgenden Länderspielpause würde ich Glatzel dann in einem oder mehreren Testspielen noch ein Stück weit näher an seine Matchfitness heranbringen. Und: Im ersten Zweitligaspiel nach der Länderspielpause kommt der SV Elversberg ins Volksparkstadion – da würde ich Glatzel ebenfalls nicht beginnen lassen, sofern Selke dann fit sein sollte und/oder einer der anderen Stürmer gut performen sollte.
Soll heißen: Glatzel kann – Stand heute – ganz behutsam herangeführt werden, es besteht aktuell kein Druck für die Trainer. Dass das nie ausschließen darf, Glatzel doch zu bringen, wenn er am besten von allen Offensivspielern trainiert und wirklich „topfit“ sein sollte, wie es Trainer Polzin heute etwas überspitzt formuliert hat – logisch! Oder wie haben wir früher immer vor unseren nächtlichen Partyzügen gesagt: „Alles kann – nichts muss …“
Magdeburg fehlt der Abwehrchef – dem HSV der Toptorjäger
Im nächsten Topspiel beim Tabellenvierten Magdeburg wird es nicht zum Duell der beiden besten Torjäger kommen. Davie Selke mit 17 Treffern und Martijn Kaars mit 16 Toren für den FCM stehen ganz oben in der Torjägerliste der 2. Bundesliga. Der Niederländer Kaars war im Sommer nach Magdeburg gewechselt. Er gilt als großer Scouting-Erfolg, denn der 26-Jährige hatte zuvor „nur“ in der zweiten niederländischen Liga bei Helmond Sport gespielt.
Dennoch sorgten Selke auf HSV-Seite und Kaars für Magdeburg dafür, dass ihre Klubs die torreichsten der Liga wurden. Der HSV erzielte bisher 55 Treffer, die Magdeburger stehen mit 53 Toren knapp dahinter. Die Magdeburger um Ex-HSV-Trainer Christian Titz sind zudem nur drei Zähler von den Hamburgern distanziert – und könnten am Wochenende mit einem Sieg mindestens für Punktgleichheit sorgen. Polzin freut sich auf das nächste Duell mit einem Trainer, der eine HSV-Vergangenheit hat: „Das wird ein richtig cooles Fußballspiel.“ Hoffen wir mal, dass der HSV in der immer sehr stimmungsvollen und mit 30.098 Zuschauern wieder ausverkauften Magdeburger AVNET-Arena seine Leistung aus den Düsseldorf- und Kaiserslautern-Heimspielen (im Gegensatz zur Leistung beim SC Paderborn) diesmal auch auswärts konservieren kann …
Ich würde dort mit Ransford Yeboah Königsdörffer für Selke in der Spitze beginnen und ansonsten nichts ändern. Zumal auch gesagt werden muss, dass dem FCM mit Abwehrchef Daniel Heber ein Stammspieler hinten gelbgesperrt fehlen wird. Sollte es mit Königsdörffer (wie zuletzt gegen Düsseldorf) nicht gut funktionieren, kann Otto Stange einspringen – oder RYK als Doppelspitze ergänzen, was ich für eine durchaus geeignete Umstellung erachten würde. Und: Dass Stange 45 Minuten im Köcher hat, hat er bei seiner sehr ordentlichen Performance bei Preußen Münster bewiesen. Und wie bereits erwähnt: Wenn das alles nicht greift, hat man immer noch einen Robert Glatzel in der Hinterhand. Es gibt definitiv schwierigere Ausgangspositionen für einen Trainer.
Dementsprechend positiv ist Polzin dann auch gelaunt. Heute sagte er: „Ich glaube, die Fußball-Fans können ein Spektakel erwarten. Die Magdeburger setzen auf Ballbesitz, wir müssen also auf höchstem Niveau verteidigen. Unabhängig davon wollen wir aber natürlich gewinnen.“
In diesem Sinne, morgen melde ich mich wieder mit dem Matchday-Video mit Stefan Schnoor zusammen bei Euch!! Bis dahin wünsche ich Euch allen alles Gute – und bleibt gesund! Scholle
Das war genau die Reaktion, die der Trainer sehen wollte, die die Fans sehen wollten – und die alle hoffen lässt, dass Paderborn nur ein Ausrutscher war. Mit 4:1 schlägt der HSV im mit 57.000 Zuschauern wieder einmal ausverkauften Volksparkstadion seinen alten Trainer Daniel Thioune, dessen Düsseldorfer zwischenzeitlich überraschend zum Ausgleich kamen und in der zweiten Halbzeit tatsächlich noch eine Einladung bekamen, die sie ungenutzt ließen. Aber: Dieses 4:1 war in Summe mindestens genauso verdient wie das 3:0 im letzten Heimspiel, als es – wie heute – gegen einen direkten Verfolger (1. FC Kaiserslautern) ging. Bigpoints also!
„Wir haben einen sehr reifen und souveränen Auftritt hingelegt“, freute sich HSV-Coach Merlin Polzin nach Schlusspfiff zu Recht. „Wir sind gut ins Spiel gestartet und konnten viele Dinge umsetzen, die wir uns vorgenommen haben. Wir haben es immer wieder geschafft, eine Mischung zwischen Spielkontrolle und der Absicherung gegen die Situationen, die Fortuna kreiert hat, zu finden.“
Okay, in kurzen Phasen hatte Düsseldorf Möglichkeiten, sich Chancen zu erspielen. Aber zum einen fehlte hier etwas Entschlossenheit, zum anderen hatte der HSV heute selbige entgegenzusetzen. Vor allem Ludovit Reis war im Mittelfeld ein entscheidender Faktor und erinnerte ein wenig an den Ludovit Reis, der er vor seinen langen Verletzungspausen war. Er gewann seine Zweikämpfe, war wieder handlungsschnell, bereitete sogar das 1:0 vor – kurzum: Er war der beste Mann heute auf dem Platz und lässt mich hoffen, dass er in der Schlussphase dieser Saison an seine alte Hochform anknüpfen und letztlich wieder zum gewinnbringenden Faktor für den HSV werden kann.
Reis: „Es war ein sehr gutes Spiel von uns, und ich bin happy, dass ich meinen Teil dazu beitragen konnte. Ich fühle mich nach meiner Verletzung wieder leicht und bin bei einhundert Prozent. Als die Fans mich bei der Auswechslung so laut gefeiert haben, hat es mir wieder einmal gezeigt, dass wir hier beim HSV eine große Familie sind.“
Okay, das ist wieder aus der Euphorie des Moments geschildert – aber nicht gänzlich falsch. Denn dieses Spiel heute war eine starke Reaktion auf das 0:2 in Paderborn und der zweite Sieg im dritten von insgesamt fünf Topspielen. Einziger Wermutstropfen: Davie Selke, der seine Gegenspieler mit allen Mitteln stresste, handelte sich seine fünfte Gelbe Karte ein und wird in Magdeburg fehlen. Aber darüber denken wir ab morgen nach. Heute freuen wir uns erst einmal über die zurückeroberte Tabellenspitze und ein richtig gutes Spiel des HSV.
Die Einzelkritiken:
Daniel Heuer-Fernandes: Beim 0:1 wurde er das erste Mal überhaupt im Spiel gefordert – und war hier sicher chancen- und schuldlos! Was ihn dann aber trieb, als er in der 56. Minute viel zu weit vor dem Tor stand – keine Ahnung? Zum Glück ging der Schuss aufs verwaiste Tor vorbei… Note: 3
William Mikelbrencis (bis 67.): Sein Tempo ist sein großes Plus. Dazu kommt, dass er offensiv mit seinem schnellen Passspiel immer wieder für Schwung sorgen kann. Dass er RechtsVERTEIDIGER ist, kam bis zur 60. Minute gar nicht zum Tragen, weil es nicht gefordert war. Sein Ballverlust in der zweiten Halbzeit hätte das 2:2 sein können, bzw. aus Düsseldorfer Sicht sein MÜSSEN. Aber er hätte selbst ach treffen können, weil er sich offensiv immer wieder gut mit einschaltete. Note: 3
Silvan Hefti (ab 68.): Er ist defensiv robuster als Mikelbrencis – aber auch er steht immer wieder zu weit weg vom Mann. Auf der Rechtsverteidigerseite hat Trainer Polzin defensiv zu wenig Qualität zur Verfügung. Weshalb man im Winter noch einen Außenstürmer holte, anstatt hier nachzubessern, bleibt mir genauso ein Rätsel wie der Umstand, dass man seit zweieinhalb Jahren keinen Ersatz für Vuskovic verpflichtet hat. Note: 3,5
Denis Hadzikadunic: Vorweg: Er spielt bislang eine wirklich gute Rückrunde! Aber beim 0:1 hat er einfach gepennt, da fehlte die Abstimmung mit seinen Nebenleuten, und ein simpler, langer Ball über die Abwehr reichte. Danach und davor war er aber wie zuletzt immer sehr zuverlässig. Note: 3
Daniel Elfadli: Er gewann seine Zweikämpfe – aber er stellte seine Abwehr bzw. die gesamte Defensive nicht immer gut. Zwischenzeitlich stand der HSV unerklärlich hoch und ließ sich überlaufen. Aber: In der kritischen Phase rund um die 60. Minute war er wieder sehr präsent. Fakt ist: Mit ihm ist die Defensive einfach stabiler als ohne ihn. Note: 3
Miro Muheim: Er kann es einfach! Wenn es einer aus 25 Metern versuchen darf, dann (Dompé und) er! Hatte seine Seite gut im Griff, war offensiv aktiv und leitete mit seinem Traumtor den Heimsieg ein. Gut! Note: 2,5
Jonas Meffert: Er ist so wichtig. Seine Balleroberungen, seine zugelaufenen Wege, seine gewonnenen Zweikämpfe – auch heute war er wieder stark. Er gibt der Mannschaft Stabilität. Aber auch er hätte seine Mitspieler oft besser staffeln müssen. Note: 2
Adam Karabec (bis 85.): Er war wie schon gegen Lautern auch heute wieder extrem fleißig, lief hinter jedem Ball her – und suchte endlich auch mal den Pass in die Tiefe und vor allem auch den direkten Abschluss. Das wurde auch gleich belohnt mit dem 3:1. Note: 2
Marco Richter (ab 85.): Er sollte mit seiner Ballsicherheit die letzten Minuten heil über die Bühne bringen. Zwei Sprints, 5 Ballkontakte und ein Fehlpass durfte er noch beisteuern.
Jean-Luc Dompé: Seine Flanke in der 10. Minute ist genau das, was ihn immer stark macht. Erst das Solo mit seinem Dribbling, dann die scharf getretene Flanke, die für jeden Kopfballspieler ein Traum – und für jeden gegnerischen Keeper ein Alptraum ist. Schade, dass Selke den nicht reingemacht hat. Dafür holten die beiden das beim 2:1 sehr schön nach! Er war heute wieder bärenstark und gewann das Duell mit seinem Ex-Kollegen Heyer nach Belieben. Dass er zum Ende hin abbaute – okay, geschenkt! Insgesamt war das wieder gut! Note: 2
Emir Sahiti (bis 85.): Fand in der ersten Halbzeit überhaupt nicht ins Spiel – und hätte trotzdem in der 29. Minute das 2:1 machen müssen, als ihm der Ball beim Abpraller ein wenig versprang. Seine Bemühungen nach vorn liefen heute oft ins Leere, und seine Abschlüsse wurden allesamt geblockt. Das kann er besser. Note: 4
Fabio Baldé (ab 85.): Wurde Neuzugang Mebude erneut vorgezogen. Das hat auch etwas zu sagen. Aber was er in den paar Minuten defensiv nicht machte, war zu viel für diese kurze Zeit.
Ludovit Reis (bis 90.): Er begann schon sehr stark, war aggressiv in den Zweikämpfen und um Tempo am Ball bemüht. Er holte viele Bälle zurück, gewann seine Zweikämpfe und bereitete das 1:0 von Muheim mit energischem Einsatz vor. Er suchte die Offensive, stärkte die Defensive. Die Standing Ovations und den Extra-Applaus hatte er sich als bester Mann auf dem Platz redlich verdient! Hoffentlich kann Reis dieses Niveau konservieren und damit nicht nur heute ein echter Faktor werden! Note: 1
Otto Stange (ab 90.): Er kam, sah – und traf! Geile Geschichte, vor allem für den Jungen selbst!!
Davie Selke (bis 67.): Wenn die Gegner sich beschweren, dass er zu hart spielt, dann macht er sehr viel richtig. Ich meine, das machte er eh – aber dieser Umstand unterstreicht das noch einmal zusätzlich. Wie wichtig er ist, zeigte er beim 2:1 nach der Dompé-Ecke. Und leider werden wir es am kommenden Wochenende sehen müssen – denn er ließ sich zu einer unnötigen Gelben Karte hinreißen – seiner fünfte! Er wird gesperrt fehlen. Note: 2
Ransford Yeboah Königsdörffer (ab 68.): Haute sich voll rein, wirkte aber manchmal etwas zu wild. Note: 3
Trainer Merlin Polzin: Vertraute auf die Mannschaft, die es in Paderborn nicht auf den Platz bekommen hatte – in der Hoffnung auf eine positive Reaktion? Er bekam sie! Die erste Halbzeit war bärenstark. Mit zwei Mankos: Zum einen darf man den Gegentreffer nicht so kassieren. Zum anderen hätte seine Mannschaft drei, vier Tore mehr erzielen müssen. Aber dieser Auftritt war wieder das, was gebraucht wird, wenn man am Saisonende ganz oben stehen will. Note: 2
Daniel Elfadli: Wir sind sehr glücklich über den Sieg und darüber, dass wir das umsetzen konnten, was wir uns vorgenommen hatten. Und es war nicht nur ein erkämpfter Sieg, sondern auch gut herausgespielt und mit sehr viel Struktur und einem klaren Plan, den wir gut umgesetzt haben und der super funktioniert hat. Wir als Mannschaft und die Fans mit ihrer großen Energie haben heute wieder mal gezeigt, welch große Wucht der HSV hat. Da ist es für jede Mannschaft schwer, hier im Volksparkstadion zu bestehen.
Jonas Meffert: Ich habe gestern schon gespürt, dass die ganze Mannschaft total bereit ist. Uns war wichtig, nach dem Rückschlag in Paderborn zurückzukommen und die richtige Reaktion zu zeigen. Das hat mit den Fans im Rücken geklappt. Die Stimmung war überragend und es hat einfach unglaublich viel Spaß gemacht, hier heute Fußball zu spielen. Die Abendspiele liegen uns einfach, das war ein top Auftritt und ich hatte während des Spiels die ganze Zeit überzeugt, dass wir heute so gut sind, dass wir dieses Spiel gewinnen werden.
Ludovit Reis: Es war ein sehr gutes Spiel von uns und ich bin happy, dass ich meinen Teil dazu beitragen konnte. Ich fühle mich nach meiner Verletzung wieder leicht und bin bei einhundert Prozent. Als die Fans mich bei der Auswechslung so laut gefeiert haben, da hat es mir wieder einmal gezeigt, dass wir hier beim HSV eine große Familie sind. Ich möchte aber nicht so viel über mich reden, sondern über die Mannschaft. In der haben wir im Moment einen sehr guten Mix aus Defensive und Offensive. Wir müssen jetzt Schritt für Schritt weitermachen, Spiel für Spiel. Wir als Mannschaft glauben an uns.
Adam Karabec: Wir hatten wieder eine unglaubliche Unterstützung von den Fans, die uns die ganze Zeit angefeuert haben. So konnten wir eine sehr gute und dominante Leistung zeigen. Wir haben uns auch von dem Gegentor nicht aus der Ruhe bringen lassen und haben weiter unseren Fußball gespielt, für den wir unter dem Trainer stehen. Es ist schön, dass wir auch wieder viele Tore schießen und die Fans damit happy machen konnten. Jetzt geht es Schritt für Schritt weiter.
Merlin Polzin: Wir haben einen sehr reifen und souveränen Auftritt hingelegt. Wir sind gut ins Spiel gestartet und konnten viele Dinge umsetzen, was wir uns vorgenommen haben. Wir haben es immer wieder geschafft, eine Mischung zwischen Spielkontrolle und die Situationen, die Fortuna kreiert hat, früh zu verteidigen und gut abzusichern. Mit dem Tor von Miro haben wir es geschafft, mit Selbstvertrauen die Partie zu gestaltet. Beim Gegentor hat man gesehen, wie eiskalt die Düsseldorfer sind und warum sie in der Spitzengruppe der Liga mitspielen. Da ist der Ausgleich verdient gefallen. Wir haben es danach geschafft, unser Spiel wieder durchzudrücken und haben durch einen Standard zugeschlagen. In der Halbzeit haben wir uns vorgenommen, unser Spiel über 90 Minuten durchzuziehen. Wir wollten nicht verwalten, sondern auf das dritte Tor gehen. Das war am Ende mehr als verdient.
Daniel Thioune: Es war ein mehr als verdienter Sieg für den HSV. Es war zu erkennen, dass meine Mannschaft nicht die Qualität auf den Patz gebracht hat, die es braucht, um hier in Hamburg zu bestehen. Man muss auch anerkennen, dass von Anfang sehr viel Druck und Dominanz da waren. Es gipfelte in der Qualität beim 1:0. Ein tolles Tor von Miro Muheim. Wir waren situativ in der Partie drin. Danach war es ein Standard, der uns wieder in Rückstand gebracht hat. Wir haben aber offensiv nie so stattgefunden, wie ich es mir gewünscht hätte. Das hat auch über 90 Minuten nie dazu geführt, um auch ausreichend Stress auszuüben und sich hier mehr zu verdienen.
Eine sensationelle Leistung vorab: Das Halbfinale der HSV-Frauen gegen Werder Bremen (nicht unter Flutlicht) ist – ausverkauft! Für die Partie im Volksparkstadion am 23. März (15.30 Uhr/Sky und ZDF-Livestream) wurden 57.000 Tickets abgesetzt, teilte der HSV mit. So eine große Kulisse gab es bislang bei noch keinem Frauenfußballspiel in Deutschland. Schon in der vergangenen Woche hatte der HSV so viele Tickets verkauft, dass die bisherige nationale Bestmarke von 44.808 Zuschauern – aufgestellt beim Pokalfinale am 18. Mai 2023 zwischen dem VfL Wolfsburg und dem SC Freiburg (4:1) – übertroffen worden war.
Als Weltrekord für ein Frauenfußballspiel gelten die 91.648 Zuschauer bei der Champions-League-Partie des FC Barcelona gegen den VfL Wolfsburg im April 2022 im ausverkauften Camp Nou. HSV-Präsident Marcell Jansen betont die Bedeutung der Partie: „Dieses Spiel ist mehr als ein Halbfinale – es ist ein Meilenstein für den Fußball und ein Beweis für den enormen Rückhalt, den unser Frauenteam genießt. Unsere Fans haben ein klares Zeichen gesetzt: Dieses Nordderby gehört auf die große Bühne!“
Stadion ausverkauft: HSV-Frauen brechen Rekorde!
Und da stimme ich zu 100 Prozent zu! Diese HSV-Frauen haben sich das nach der Abmeldung durch den Verein 2011 hart erarbeitet und zu 100 Prozent verdient! HSV-Vorstand Eric Huwer zeigt sich ebenfalls begeistert: „Es ist mehr als ein ausverkauftes Fußballspiel. Das ist Hamburgs Commitment für den Mädchen- und Frauenfußball sowie für unseren Verein. Ganz Hamburg steht hinter diesem Team – und wir alle fiebern einem historischen Fußballnachmittag im Volksparkstadion entgegen!“ Schade nur, dass die entscheidenden Figuren – nämlich das Frauenteam selbst – auf der HSV-Website nicht zu Wort kommen…
Aber okay, das holen wir hier nach, wenn es soweit ist! Jetzt geht es hier erst einmal um das bevorstehende Topspiel der Zweiten Liga morgen Abend (20.30 Uhr, Sky und Sport1) gegen Fortuna Düsseldorf. „Das ist ein Spiel, da musst du als Trainer nichts mehr sagen! 57.000 Zuschauer, ausverkauftes Stadion, Flutlicht – und die Chance, dich ein wenig abzusetzen – da sind alle so heiß, dass es keiner besonderen Motivationsrede mehr bedarf!“ Das sagt Ex-HSV-Profi Stefan Schnoor, mit dem ich mich heute wieder vorab über das bevorstehende Spiel unterhalten habe. Und ich bi sicher: das stimmt! Allerdings gilt das genauso für die Düsseldorfer, für die es die große Chance ist, noch einmal bis an die Tabellenspitze heranzurücken.
Thioune kommt mit Personalsorgen nach Hamburg
Allerdings muss Fortuna-Trainer Daniel Thioune seinen Kader umbauen. „Wir werden den Bus vielleicht ein wenig voller packen. Wir haben viel ausprobiert in dieser Woche, U23-Spieler eingeladen, da wir wohl nicht die Elf von letzter Woche auf den Platz schicken können“, sagte Thioune vor der Rückkehr zu seinem Ex-Klub. Definitiv ausfallen wird Mittelfeldspieler Marcel Sobottka. Auch die Langzeitverletzten Dennis Jastrzembski, Robert Kwasigroch und Tim Rossmann stehen wahrscheinlich nicht zur Verfügung. Zudem hätten Giovanni Haag und Valgeir Lunddal unter der Woche Probleme gehabt – durchaus schwerwiegende Ausfälle. Gut möglich, dass HSV-Rückkehrer Moritz Heyer als Rechtsverteidiger aushelfen muss – und dann gegen Dompé spielt. Es wäre ein spannendes Duell…
Wie der HSV verlor auch Düsseldorf am vergangenen Wochenende (1:2 gegen Fürth) und rutschte durch die erste Niederlage des Jahres auf Platz sieben ab. Doch anstatt sich zu sehr mit der eigenen gerissenen Serie zu beschäftigen, lenkt Thioune den Blick geschickt auf den HSV: „Wir haben am vergangenen Wochenende gesehen, dass der HSV auch zu schlagen ist.“ Dass die Fortuna seit 40 Jahren auf einen Sieg in Hamburg wartet, interessiert ihn nicht: „Bei der Qualität meiner Mannschaft stimmt es mich zuversichtlich, dass wir in diesem engen Rennen in der Zweiten Liga zum ersten Mal nach 40 Jahren die Punkte in Hamburg entführen können.“
Kommt Düsseldorf als Paderborn 2.0? Thioune will über Laufstärke kommen
Dass sich die beiden Cheftrainer, Thioune und HSV-Coach Merlin Polzin, in- und auswendig kennen, ist bekannt. Wie will Thioune spielen lassen? Er nimmt sich ein Beispiel an Paderborn: „In Hamburg muss man rennen, da muss man sehr viel arbeiten, sein Herz auf dem Platz lassen, Kompaktheit gegen den Ball auf den Platz bringen und dann Momente offensiv finden“, betonte der 50-Jährige. Seine Mannschaft müsse mutig sein und habe nichts zu verlieren – schließlich sind es nur vier Punkte Rückstand auf den HSV. „The race is on“, sagte Thioune.
Und ich freue mich tierisch auf das Spiel morgen Abend! Weil ich optimistisch bin, dass die Mannschaft auf die schwache zweite Halbzeit in Paderborn eine positive Reaktion zeigen will – und zeigen wird.
Es stimmt momentan nicht alles, ganz klar! Aber es stimmt mehr als zum vergleichbaren Zeitpunkten in den vergangenen Jahren – trotz der Niederlage in Paderborn. Die Rückkehr von Robert Glatzel ist ein sehr positiver Aspekt, der alle Beteiligten freuen wird – die Gegner mal ausgenommen. Auch die Tendenzen der Topspieler in ihren Vertragsverhandlungen scheinen positiv zu sein, obgleich die Verträge nicht übermäßig nachgebessert, sondern erfolgsabhängiger gestaltet werden sollen. Endlich.
Sicher ist, dass das Spiel gegen Düsseldorf nach den Partien gegen den FCK und Paderborn das dritte von fünf sehr wichtigen Topspielen ist. Gegen Thioune und Co. wird es neben den Punkten auch darum gehen, sich selbst zu beweisen, wie man mit Rückschlägen umgeht. Im Gespräch mit Stefan Schnoor tippen wir beide auf einen 3:1-Heimsieg – wobei ich mir dafür diesmal die Hilfe des fachkundigsten Mitglieds im Hause Scholz dazu geholt habe.
Was tippt Ihr?
In diesem Sinne: Euch allen noch einen schönen Abend! Und bis morgen – dann wie gehabt mit dem Blitzfazit, den Einzelkritiken, Stimmen und dem Blog nach dem Spiel!
Scholle
Nette Anekdote am Rande:
Supercomputer-Prognose: HSV mit besten Aufstiegschancen
Kurz vor dem Topspiel hat der Datenanbieter Opta eine neue Berechnung veröffentlicht. Basierend auf den verbleibenden Spielen aller Zweitligisten wurden die Wahrscheinlichkeiten für den Aufstieg analysiert – und die Ergebnisse stimmen optimistisch: Denn laut der Prognose hat der HSV die besten Chancen auf den direkten Aufstieg. Die berechnete Wahrscheinlichkeit liegt bei 65,1 Prozent, womit der Klub unter allen Teams der 2. Bundesliga am höchsten eingestuft wird. Dahinter folgt der 1. FC Köln mit 35,5 Prozent. Trotz der aktuellen Platzierung im Tabellenmittelfeld hat der Bundesliga-Absteiger damit weiterhin eine realistische Möglichkeit, in die höchste Spielklasse zurückzukehren.
Merlin Polzin hat das Spiel beim SC Paderborn verarbeitet – nach eigener Aussage sogar sehr intensiv. Vier Stunden intensives Videostudium brauchte er, um seine erste Niederlage als Cheftrainer noch einmal aufzuarbeiten. Und das direkt nach der Rückkehr aus Paderborn. „Als wir dann hier angekommen sind, war das Ganze, was das Emotionale angeht, abgehakt“, sagte der 34-Jährige heute auf der Pressekonferenz. Vor dem Spiel am Sonnabend (Anpfiff 20.30 Uhr) gegen Fortuna Düsseldorf galt der Fokus den Fehlern, die man in Paderborn gemacht hatte. „Für uns ging es darum, mit der Mannschaft eine gute Videoanalyse zu machen.“ Und die soll es gegeben haben.
Heute war Polzin dann darum bemüht, den Blickwinkel zu verändern. Spiele sollten nicht nur aufgrund eines Ergebnisses bewertet werden, sondern auch inhaltlich. Polzin sagte, ihm habe es gefallen, wie die Mannschaft mit der Leistung in Paderborn umgegangen sei, „weil sie sehr kritisch mit sich war, gleichzeitig aber auch klar war, was wir verbessern wollen“. In der Trainingswoche sei dann sehr viel Energie gewesen.
Okay, solche Worte haben wir schon zu oft gehört, als dass wir daraus Euphorie ziehen könnten. Fakt ist aber, dass das Spiel am Sonnabend ein besonderes für Polzin wird – und das aus vielerlei Hinsicht. Sportlich sowieso. Zudem ist es das erste Mal, dass seine Mannschaft auf eine Niederlage reagieren muss. Aber auch persönlich ist es für ihn etwas Besonderes: Erstmals trifft er als Cheftrainer auf seinen Entdecker und langjährigen Förderer Daniel Thioune (50). Unter dem heutigen Fortuna-Trainer hatte Polzin seine ersten Schritte im Profifußball gemacht – zunächst lange Zeit beim VfL Osnabrück, danach auch beim HSV, der am Ende Thioune feuerte, während Polzin bleiben durfte.
„Ich habe Daniel kennengelernt, als ich Anfang 20 war – als ich ein ganz junger Trainer war, aber vor allem auch ein junger Mensch“, schwelgte Polzin heute ein wenig in der Vergangenheit. „Er hat mir mit seiner Lebenserfahrung und auch mit den Dingen, die er als Profi und Trainer gelernt oder für sich entwickelt hat, ungemein geholfen, meine ersten Schritte zu gehen.“ Vor allem Thiounes menschliche Art sei etwas, das er von seinem Mentor mitgenommen habe und das heute sein eigenes Trainerdasein präge. „Er schafft es immer wieder, seine Mannschaften für eine Idee zu begeistern oder auch füreinander einzustehen.“ Teamgeist eben.
Dass sich der HSV seinerzeit von Thioune trennte, kam für viele überraschend – vor allem für Thioune selbst. Jonas Boldt, der damalige Sportvorstand, hatte bei ihm „fehlendes Feuer“ ausgemacht – Thioune selbst sah das komplett anders. Es spricht aber für den heutigen F95-Coach, dass er damals darauf verzichtete, ein Fass aufzumachen. Das ist einfach nicht seine Art. So, wie ich ihn kennenlernen durfte, hat er neben einer gesunden Portion Stolz auch Ehrgefühl. Er wusste die Chance zu schätzen, die ihm der HSV eröffnet hatte, und wollte diese Zeit trotz seiner offensichtlich abweichenden Sichtweise nicht beschmutzen. Auch, weil es ohnehin nichts an der Entscheidung Boldts geändert hätte.
Mit Thioune kommt übrigens noch ein weiterer Akteur, der den HSV nicht im Allerbesten verlassen hat: Moritz Heyer. Der Abwehrmann war zuletzt von Polzin aussortiert worden und durfte nicht mehr bei den Profis mittrainieren – eine aus meiner Sicht ziemlich überzogene und wenig nachvollziehbare Maßnahme. Denn auch wenn man nicht mehr auf ihn setzen wollte, war Heyer angesichts der personellen Probleme in der Defensive eine Option für fast alle Defensivpositionen. Zwar nur für den Fall, dass die Stammspieler ausfallen – aber dafür sehr brauchbar und vom Typ her ein absoluter Teamplayer. Letztlich kann man aber auch behaupten, dass Polzins Maßnahme funktionierte, denn Heyer wechselte in der Winterpause zu seinem Entdecker und Förderer Thioune und fehlte in den fünf Spielen seitdem keine einzige Minute. Auch am Sonnabend dürfte er in der Startelf stehen – und besonders motiviert sein, es Polzin und Co. zu zeigen.
Aber gut, das ist nun mal Profifußball. Sensibilitäten zählen hier nichts, zumal die Tabellensituation auch keine Auszeiten zulässt. Auch deshalb lenkte Polzin heute den Blick komplett nach vorn – denn das wird schwer genug. Es ist das dritte von insgesamt fünf Spielen gegen direkte Verfolger im Aufstiegsrennen. Gegen den Tabellenzweiten 1. FC Kaiserslautern gab es vor zwei Wochen ein außergewöhnlich gutes, sehr überzeugendes 3:0. Jetzt folgte das 0:2 in Paderborn. Der HSV steht zwar weiterhin an der Tabellenspitze, doch die Abstände zu den Verfolgern sind marginal. Für Fortuna Düsseldorf, die als Tabellensiebter nur vier Punkte Rückstand auf den HSV und den 1. FC Kaiserslautern hat, ist es die große Chance, sich nach einer Schwächephase wieder mitten ins Aufstiegsrennen zu spielen.
„Es macht unheimlich viel Bock“, sagte Polzin über das enge Rennen. „Es macht einfach richtig Laune, dass man weiß, dass jede Mannschaft der anderen wehtun kann, was den sportlichen Wettbewerb angeht.“ Es bereite seiner Mannschaft viel Freude, „sich mit all diesen guten Teams messen zu können und messen zu dürfen“.
Eine wichtige Personalie hat Polzin selbst in seinem Aufgebot: Torjäger Robert Glatzel steht vor seinem langersehnten Comeback. Fast fünf Monate nach seiner Operation wegen eines Sehnenabrisses im Hüftbereich wird der 31-Jährige wieder bereit für den Kader sein. „Bobby ist wieder voll im Training. Er ist definitiv – wie alle anderen Spieler, die am Trainingsbetrieb teilgenommen haben – ein Kandidat für den Kader und für die Startelf“, sagte Polzin. Das große Glück für ihn: Glatzels Ersatz Davie Selke funktioniert so gut, dass Polzin bei Glatzel nach dessen nunmehr 16 Zweitligaspiele dauernden Verletzungspause nichts riskieren muss. Im Gegenteil: In seiner Abwesenheit hatte Selke die Rolle des Torlieferanten übernommen und führt die Zweitliga-Torschützenliste gemeinsam mit Magdeburgs Martijn Kaars mit 16 Treffern an. Wobei auch Glatzel bis zu seiner Verletzung in sechs Spielen siebenmal getroffen hatte.
Das sind Probleme, die jeder Trainer gerne hätte…
In diesem Sinne: Ich spreche morgen wieder mit Ex-HSV-Profi Stefan Schnoor über das bevorstehende Spitzenspiel gegen Fortuna Düsseldorf. Solltet ihr spannende Fragen an ihn oder uns haben, schreibt sie gern in die Kommentare. Ich würde sie dann ggf. morgen mit in den Talk einfließen lassen.
Es hatte sich intern bereits angedeutet, klar wurde es aber erst heute: Marcell Jansen beendet im Sommer seine Arbeit als Präsident des HSV e.V. Das gab der 39-Jährige bekannt, nachdem er zuvor seine Familie, die Präsidiumskollegen und die Vereinsgremien informiert hatte. „Für mich beginnt im Sommer ein Lebensabschnitt, in dem ich meine eigene berufliche Zukunft vorantreiben möchte. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, nicht erneut zu kandidieren und diesen klaren Schritt jetzt frühzeitig zu kommunizieren“, begründete Jansen seinen Entschluss. „Diese Zeit im Präsidium war – insbesondere durch den bemerkenswerten Einsatz der Vizepräsidenten Bernd Wehmeyer und Michael Papenfuß – für den Verein erfolgreich. Wir werden nun die kommenden Monate bis Juni mit voller Energie nutzen, um gemeinsam mit den Mitgliedern und den Gremien wichtige HSV-Themen weiter voranzutreiben“, sagte Jansen.
Der Ex-Profi ist seit 2019 Präsident des Traditionsclubs – und das zuletzt nicht unumstritten. 2023 musste er bei der Mitgliederversammlung sogar einen Misstrauensantrag überstehen. Dennoch behaupte ich, dass Jansens Grundeinstellung der entsprach, die man sich von einem HSV-Präsidenten wünscht. Er wollte dem HSV Gutes – das wurde auch intern nicht bezweifelt. Allein die Art und Weise war nicht jedermanns Sache. Zusammen mit dem als integer geltenden Papenfuß sowie dem Vollblut-HSVer Bernd Wehmeyer ergab das ein vielversprechendes Team. „War“ – denn nach Jansens Verzicht auf eine weitere Kandidatur gibt es dieses Team in dieser Form nicht mehr.
Vize Papenfuß könnte als Präsident antreten
Wer Jansens Nachfolge antreten könnte, ist noch unklar. Als ein Kandidat gilt der aktuelle Vizepräsident Papenfuß. Der 70-Jährige hatte bereits Jansens Aufsichtsratsmandat in der HSV AG übernommen, nachdem Jansen nach langen Querelen aus dem Kontrollgremium ausgeschieden war. Zuletzt gab es auch Uneinigkeiten bezüglich der Regelung für den Aufsichtsrat der Management GmbH. Jansen wollte vertragsgemäß darauf verzichten, einen Kühne-Abgesandten zuzulassen. Papenfuß stellte sich dem entgegen, was letztlich dazu führte, dass Markus Frömming als Kühne-Abgesandter einstimmig im Amt bestätigt wurde – nicht die erste Schlappe für Jansen innerhalb seines Dreier-Präsidiums.
Aber wohl die letzte. Denn nun soll seine Nachfolge geregelt werden. Supporters-Chef Sven Freese wurden immer wieder Ambitionen nachgesagt – er soll laut meinen Kollegen der „BILD“ aber darauf verzichten. Ebenso wenig soll es Gegenkandidaten aus den Reihen der Supporters geben. Das bedeutet, dass Papenfuß und Wehmeyer, die weitermachen wollen, sich einen neuen dritten Mann suchen müssen. Voraussichtlich wird das der neue Schatzmeister sein – zumindest deutet vieles darauf hin, dass Papenfuß das Amt des e.V.-Präsidenten übernehmen und damit auch den Hauptanteilseigner der HSV AG vertreten wird.
Esselsgroth und Hartmann werden als Jansen-Nachfolger gehandelt
Namen werden bereits gehandelt – und sie überraschen nur bedingt. Kai Esselsgroth, seines Zeichens Volljurist, selbstständiger Projektentwickler und Bauträger, ist seit 2007 im Ehrenrat und seit 2017 dessen Vorsitzender. Zudem ist er bekannt dafür, auch brisante Mitgliederversammlungen mit viel Feingefühl und empathischer Rhetorik souverän zu moderieren. Der 65-Jährige ist alles andere als ein Unbekannter und wäre fachlich zweifellos eine naheliegende Wahl. Ebenso wie Dr. Ralph Hartmann, der seit Jahrzehnten im Hintergrund für den HSV agiert und bereits unter Jens Meier als Vizepräsident erfolgreich arbeitete. Zuletzt machte er sich als Ersatz im Aufsichtsrat des HSV verdient. Hartmann ist als Unternehmer erfolgreich und engagiert sich seit vielen Jahren als Sponsor für den HSV, zuletzt für die Frauenfußball-Abteilung. Ebenso wie Esselsgroth gilt er als loyaler HSVer und wäre ein Kandidat, der sich vor den Mitgliedern gut vertreten ließe.
So spannend die Wahl am Ende auch wird – eines scheint sicher: Würden sich diese beiden Kandidaten aufstellen, bliebe es im Vorfeld der Präsidiumsentscheidung wohl vergleichsweise ruhig. Und das hätte ja mal was… Aber: Noch bleibt genügend Zeit für weitere Kandidaten, ihren Hut in den Ring zu werfen. Wer weiß, wer da noch um die Ecke kommt.
HSV zu laufschwach? Es ist schon besser geworden – aber…
Apropos Wissen: Niemand kann genau sagen, warum der HSV am Wochenende nach der starken Leistung gegen den 1. FC Kaiserslautern beim SC Paderborn nahezu chancenlos mit 0:2 verlor. Stefan Schnoor, der international erfahrene Ex-HSV-Profi, hat seine Theorie dazu sehr deutlich formuliert. Und auch ich bin mir angesichts der 11,5 weniger gelaufenen Kilometer des HSV im Vergleich zu Paderborn sicher, dass die hohe Intensität des SCP ein wesentlicher Faktor für deren Sieg war. Aber das allein kann es nicht gewesen sein. Zumal sich der HSV unter Merlin Polzin vom laufschwächsten Team unter Steffen Baumgart – sowohl bei intensiven Läufen als auch bei der Gesamtlaufleistung – inzwischen auf Rang neun der Liga hochgearbeitet hat. Die in Paderborn gelaufenen 116,2 Kilometer sind ein guter Wert an sich – allerdings nicht mehr, wenn der Gegner, wie Paderborn, knapp 128 Kilometer abspult.
Fakt ist: Der HSV wird fitter. Fakt ist aber auch: Es gibt in der Liga laufstärkere Teams. Paderborn ist das laufstärkste Team, der nächste Gegner Düsseldorf das zweitlaufstärkste. Von daher lässt sich jetzt schon erahnen, was den HSV am Samstag im Abendspiel erwartet. Ich bin sehr gespannt, wie die Mannschaft auf das Paderborn-Spiel reagiert – und vor allem, wie Polzin und Co. das Team taktisch ausrichten werden. Aber dazu morgen an dieser Stelle mehr.
Bis dahin würde mich eure Meinung interessieren: Wie muss der HSV auf Gegner wie Paderborn und voraussichtlich auch Düsseldorf reagieren? Eine fachliche, aber spannende Frage…
In diesem Sinne euch allen einen schönen Abend mit (hoffentlich) gutem Champions-League-Fußball!
Merlin Polzin wollte nach der ersten Pflichtspiel-Niederlage als Trainer des HSV nicht über sich sprechen. Er mag das aber auch sonst nicht. „Mich nervt, dass wir ein Spiel verloren haben. Mich nervt vor allem, dass wir in der zweiten Halbzeit nicht das gezeigt haben, was uns auszeichnet“, sagte der Coach nach dem 0:2 beim Verfolger SC Paderborn. „Da ging es relativ wenig um meine Person“, fügte der 34-Jährige hinzu – womit er grundsätzlich recht hat. Andererseits ist er als Trainer ein wesentlicher Teil des HSV-Spiels, das diesmal von der ersten bis zur letzten Minute aus HSV-Sicht dahinplätscherte, ohne dass sich der HSV in irgendeiner Phase auf das Spiel des SCP hatte einstellen können. Im Gegenteil!
Mit Ex-Profi Stefan Schnoor sprechen wir über die Fehler in Paderborn.
In diesem Spiel war der HSV zum ersten Mal unter der Regie von Polzin, Favé und Co. auch taktisch komplett unterlegen. Konnte man sonst immer wieder durch Einwechslungen reagieren, blieb das diesmal aus. Der SCP wusste den HSV mit seinem deutlich höheren Einsatz sowie dem Nutzen der wenigen Lücken am Ende souverän zu bezwingen. Und daran wollte auch Polzin nichts schönreden. Der Coach sprach von einem verdienten Heimsieg der Ostwestfalen. Er schränkte aber auch ein: „Uns wirft das nicht aus der Bahn.“
Polzin will nichts von März-Krise hören
Warum auch? Noch steht der Nordclub weiter auf dem ersten Tabellenrang – aber diese Position ist trügerisch. Die Niederlage jedenfalls verhinderte, dass Polzin und Co. sich erstmals einen kleinen Vorsprung an der Tabellenspitze erarbeiten konnten. Stattdessen lauern der punktgleiche 1. FC Kaiserslautern und die jeweils zwei Zähler entfernten Konkurrenten aus Magdeburg, Paderborn und Köln dahinter. Noch entscheidender als die Tabellensituation ist für mich aber, dass diese Mannschaft bislang keinen Anlass liefert, ihr eine grundsätzlich mangelnde Einstellung zu unterstellen.
Eher das Gegenteil ist der Fall. Während die einen ohne zu murren von der Bank aus das Team unterstützen und sich im Training über Leistung neu anzubieten versuchen, sind die anderen klar in der Bewertung solch schwacher Spiele wie des 0:2 in Paderborn. „Das war in der zweiten Hälfte nicht das Gesicht, das wir in den letzten Wochen gezeigt haben“, kritisierte Davie Selke. Er stellte auch die Frage in den Raum, ob ihm und seinen Teamkollegen möglicherweise die Energie gefehlt haben könnte. Daniel Elfadli stimmte dem zu: „Vielleicht waren wir nicht ganz so frisch wie in den anderen Spielen.“
Aussagen, die angesichts der 11,5 weniger gelaufenen Kilometer sehr gut passen – die Polzin aber nicht gelten lassen will. „Das Ganze jetzt im Detail nur auf die Laufwerte herunterzubrechen, das haben wir in erfolgreichen Spielen nicht getan, das machen wir in dem Fall jetzt auch nicht, wenn wir das Spielfeld mal nicht als Sieger verlassen“, stellte der Trainer klar. Problem hierbei: Gegen den 1. FC Kaiserslautern hatte man bislang am meisten überzeugt – und hier war man fünf Kilometer mehr gelaufen als der Gegner. Auch sonst widerspricht die Statistik Polzins Aussage: Bei fünf der sechs Siege unter Polzin lief der HSV mehr als der Gegner. Nur gegen Köln siegte man trotz zwei weniger gelaufener Kilometer. Ebenfalls auffällig: Von den anderen Spielen unter Polzin, die man nicht gewinnen konnte, war man vier von fünfmal läuferisch unterlegen.
Der HSV stand gegen Paderborn gefühlt mit einem Mann weniger auf dem Platz
Oder wie sagte es Stefan im heutigen Talk so treffend: 11,5 Kilometer Laufleistung entsprechen einem Mittelfeldspieler über 90 Minuten. Ergo: Paderborn hatte gefühlt einen Mann mehr auf dem Platz …
Fakt ist, dass sich das Trainerteam vor der Winterpause über den Fitnesszustand der eigenen Mannschaft Gedanken gemacht hatte. Erste Maßnahme: Der Athletiktrainer musste nach neun Jahren beim HSV seinen Hut nehmen. In den Einheiten wurde die Laufintensität deutlich hochgefahren – und die Mannschaft wurde fitter. Dachte auch ich. Wobei, nein, das ist falsch formuliert: Ich glaube weiterhin, dass die Mannschaft im Großen und Ganzen fitter ist als unter Steffen Baumgart. Fakt ist aber auch, dass sie es in Paderborn nicht auf den Platz bekommen hat – und das wiederum war der erste Schritt zur verdienten Niederlage.
„Du musst in der Zweiten Liga die Spiele mit Arbeit beginnen – und dann kannst du vielleicht auch schönen Fußball dazustellen“, sagt Stefan Schnoor, der selbst eher als rustikaler denn als filigraner Spieler galt. „Wenn du 11,5 Kilometer weniger läufst als eine spielerisch gleichwertige Mannschaft, dann ist das so, als würdest du mit einem Mann weniger auf dem Platz stehen. Dann darfst du dich gegen so starke Teams wie Paderborn nicht wundern, wenn du am Ende verdient verlierst.“
HSV muss mehr laufen – Düsseldorf ist das zweitlautstärkste Team der Liga…
Noch wichtiger als dieser Blick zurück ist aber der Blick nach vorn. Denn am kommenden Sonnabend wartet schon der nächste Brocken, wenn um 20:30 Uhr Fortuna Düsseldorf im Volksparkstadion zu Gast ist. Immerhin ist das Team von Ex-Trainer Daniel Thioune das mit 2822,8 Kilometern zweitlaufstärkste Team der gesamten Zweiten Liga.- hinter dem SC Paderborn (2879,5 gelaufene Kilometer)…
In diesem Sinne, euch allen noch einen schönen Abend! Scholle