Merlin Polzin hat das Spiel beim SC Paderborn verarbeitet – nach eigener Aussage sogar sehr intensiv. Vier Stunden intensives Videostudium brauchte er, um seine erste Niederlage als Cheftrainer noch einmal aufzuarbeiten. Und das direkt nach der Rückkehr aus Paderborn. „Als wir dann hier angekommen sind, war das Ganze, was das Emotionale angeht, abgehakt“, sagte der 34-Jährige heute auf der Pressekonferenz. Vor dem Spiel am Sonnabend (Anpfiff 20.30 Uhr) gegen Fortuna Düsseldorf galt der Fokus den Fehlern, die man in Paderborn gemacht hatte. „Für uns ging es darum, mit der Mannschaft eine gute Videoanalyse zu machen.“ Und die soll es gegeben haben.
Heute war Polzin dann darum bemüht, den Blickwinkel zu verändern. Spiele sollten nicht nur aufgrund eines Ergebnisses bewertet werden, sondern auch inhaltlich. Polzin sagte, ihm habe es gefallen, wie die Mannschaft mit der Leistung in Paderborn umgegangen sei, „weil sie sehr kritisch mit sich war, gleichzeitig aber auch klar war, was wir verbessern wollen“. In der Trainingswoche sei dann sehr viel Energie gewesen.
Okay, solche Worte haben wir schon zu oft gehört, als dass wir daraus Euphorie ziehen könnten. Fakt ist aber, dass das Spiel am Sonnabend ein besonderes für Polzin wird – und das aus vielerlei Hinsicht. Sportlich sowieso. Zudem ist es das erste Mal, dass seine Mannschaft auf eine Niederlage reagieren muss. Aber auch persönlich ist es für ihn etwas Besonderes: Erstmals trifft er als Cheftrainer auf seinen Entdecker und langjährigen Förderer Daniel Thioune (50). Unter dem heutigen Fortuna-Trainer hatte Polzin seine ersten Schritte im Profifußball gemacht – zunächst lange Zeit beim VfL Osnabrück, danach auch beim HSV, der am Ende Thioune feuerte, während Polzin bleiben durfte.
„Ich habe Daniel kennengelernt, als ich Anfang 20 war – als ich ein ganz junger Trainer war, aber vor allem auch ein junger Mensch“, schwelgte Polzin heute ein wenig in der Vergangenheit. „Er hat mir mit seiner Lebenserfahrung und auch mit den Dingen, die er als Profi und Trainer gelernt oder für sich entwickelt hat, ungemein geholfen, meine ersten Schritte zu gehen.“ Vor allem Thiounes menschliche Art sei etwas, das er von seinem Mentor mitgenommen habe und das heute sein eigenes Trainerdasein präge. „Er schafft es immer wieder, seine Mannschaften für eine Idee zu begeistern oder auch füreinander einzustehen.“ Teamgeist eben.
Dass sich der HSV seinerzeit von Thioune trennte, kam für viele überraschend – vor allem für Thioune selbst. Jonas Boldt, der damalige Sportvorstand, hatte bei ihm „fehlendes Feuer“ ausgemacht – Thioune selbst sah das komplett anders. Es spricht aber für den heutigen F95-Coach, dass er damals darauf verzichtete, ein Fass aufzumachen. Das ist einfach nicht seine Art. So, wie ich ihn kennenlernen durfte, hat er neben einer gesunden Portion Stolz auch Ehrgefühl. Er wusste die Chance zu schätzen, die ihm der HSV eröffnet hatte, und wollte diese Zeit trotz seiner offensichtlich abweichenden Sichtweise nicht beschmutzen. Auch, weil es ohnehin nichts an der Entscheidung Boldts geändert hätte.
Mit Thioune kommt übrigens noch ein weiterer Akteur, der den HSV nicht im Allerbesten verlassen hat: Moritz Heyer. Der Abwehrmann war zuletzt von Polzin aussortiert worden und durfte nicht mehr bei den Profis mittrainieren – eine aus meiner Sicht ziemlich überzogene und wenig nachvollziehbare Maßnahme. Denn auch wenn man nicht mehr auf ihn setzen wollte, war Heyer angesichts der personellen Probleme in der Defensive eine Option für fast alle Defensivpositionen. Zwar nur für den Fall, dass die Stammspieler ausfallen – aber dafür sehr brauchbar und vom Typ her ein absoluter Teamplayer. Letztlich kann man aber auch behaupten, dass Polzins Maßnahme funktionierte, denn Heyer wechselte in der Winterpause zu seinem Entdecker und Förderer Thioune und fehlte in den fünf Spielen seitdem keine einzige Minute. Auch am Sonnabend dürfte er in der Startelf stehen – und besonders motiviert sein, es Polzin und Co. zu zeigen.
Aber gut, das ist nun mal Profifußball. Sensibilitäten zählen hier nichts, zumal die Tabellensituation auch keine Auszeiten zulässt. Auch deshalb lenkte Polzin heute den Blick komplett nach vorn – denn das wird schwer genug. Es ist das dritte von insgesamt fünf Spielen gegen direkte Verfolger im Aufstiegsrennen. Gegen den Tabellenzweiten 1. FC Kaiserslautern gab es vor zwei Wochen ein außergewöhnlich gutes, sehr überzeugendes 3:0. Jetzt folgte das 0:2 in Paderborn. Der HSV steht zwar weiterhin an der Tabellenspitze, doch die Abstände zu den Verfolgern sind marginal. Für Fortuna Düsseldorf, die als Tabellensiebter nur vier Punkte Rückstand auf den HSV und den 1. FC Kaiserslautern hat, ist es die große Chance, sich nach einer Schwächephase wieder mitten ins Aufstiegsrennen zu spielen.
„Es macht unheimlich viel Bock“, sagte Polzin über das enge Rennen. „Es macht einfach richtig Laune, dass man weiß, dass jede Mannschaft der anderen wehtun kann, was den sportlichen Wettbewerb angeht.“ Es bereite seiner Mannschaft viel Freude, „sich mit all diesen guten Teams messen zu können und messen zu dürfen“.
Eine wichtige Personalie hat Polzin selbst in seinem Aufgebot: Torjäger Robert Glatzel steht vor seinem langersehnten Comeback. Fast fünf Monate nach seiner Operation wegen eines Sehnenabrisses im Hüftbereich wird der 31-Jährige wieder bereit für den Kader sein. „Bobby ist wieder voll im Training. Er ist definitiv – wie alle anderen Spieler, die am Trainingsbetrieb teilgenommen haben – ein Kandidat für den Kader und für die Startelf“, sagte Polzin. Das große Glück für ihn: Glatzels Ersatz Davie Selke funktioniert so gut, dass Polzin bei Glatzel nach dessen nunmehr 16 Zweitligaspiele dauernden Verletzungspause nichts riskieren muss. Im Gegenteil: In seiner Abwesenheit hatte Selke die Rolle des Torlieferanten übernommen und führt die Zweitliga-Torschützenliste gemeinsam mit Magdeburgs Martijn Kaars mit 16 Treffern an. Wobei auch Glatzel bis zu seiner Verletzung in sechs Spielen siebenmal getroffen hatte.
Das sind Probleme, die jeder Trainer gerne hätte…
In diesem Sinne: Ich spreche morgen wieder mit Ex-HSV-Profi Stefan Schnoor über das bevorstehende Spitzenspiel gegen Fortuna Düsseldorf. Solltet ihr spannende Fragen an ihn oder uns haben, schreibt sie gern in die Kommentare. Ich würde sie dann ggf. morgen mit in den Talk einfließen lassen.
Bis morgen!
Scholle
Auf jeden Fall sind die Gespräche mit Schnoor fundierter als die mit Herrn Stahl (die hatten überhaupt keinen Mehrwert).
Zum Spiel gegen Fortuna: ich glaube, Düsseldorf liegt unserer Mannschaft, ich gehe von einem 3:1 aus.
Natürlich kann man mal ein Spiel verlieren, nur auf das WIE kommt es immer an! Der HSV war auch in den letzten Jahren und Spielzeiten immer selber sein größter Gegner!
Was hatte und hat dieser riesige Verein bloß für Möglichkeiten und Potenzial und bekommt es trotzdem nicht hin, in jedem Spiel eine erfolgshungrig-agrressive u. professionelle Mannschaft aufs Feld zu bringen, die immer alles für den Sieg raushaut!
Im Gegenteil, denn häufig sind es die Gegner, die in den fußballerischen Grundtugenden unseren Möchtegernstars etwas vormachen!
Solange sich unsere „Superstars“ solche kampf- und mutlos Auftritte wie in der 2. HZ in Paderborn leisten, kann man davon ausgehen, dass sich in Sachen Leistungskultur beim HSV in sieben Jahren 2. Bundesliga rein gar nichts getan hat – leider!
Moin, ich würde mir wünschen, sollte es offensichtlich nicht von Beginn an laufen auch mal mit einem Wechsel in der ersten Halbzeit ein Zeichen zu setzen. Wir warten bis zur sechzigsten Minute, aber da sind schon zwei Drittel des Spiels vorbei.
Toll das du Stefan mit an Bord hast. Ich mag seine kritische Art der Bewertung. Das hat er zumindest damals bei Matz Ab Live nach den Spielen immer als Gast getan. Daher nochmal: Ich freue mich, schön das du dabei bist!
Wie kann man in der PK offen sagen, dass für sie die Niederlage nach der Busfahrt abgehakt war.
Ich knapper da ne ganze Woche dran.
Klar, Emotional sind nur wir Fans aber ein bisschen mehr Empathie an die Fans würde ich mir wünschen.
Es dürfte jedem klar gewesen sein, dass Mono-Trick-Dompe irgendwann aus dem Takt kommt, Selke nicht trifft und Elfadli wackelt. Wenn alles zusammen kommt, dann ist da eben niemand mehr, an dem man sich hochziehen kann. NIEMAND!
DIE VIDEOANALYSE
…war akribisch?
Glauben wir gerne.
Der Hauptpunkt, die PASSIVITÄT
wurde NICHT angesprochen.
Das macht Schnoor gut: „zu faul,
gefühlt einer weniger.“
Laut Polzin: sehr viel Energie im Training.
Was nützt das, wenn ich im Spiel
als Schisser auftrete?
Er ist zu nah und mit Harmonie
an den Spielern dran.
Vllt geht das dann gar nicht mit einem
notwendigen Donnerwetter:
Jetzt ist aber Schluß mit dem G!edaddel !
Ich MUSS als Trainer Konsequenzen androhen,
für die, die nicht mitziehen.
Er wagt es nicht oder fürchtet, dass sie ihn
nicht für voll nehmen.
NmM kann man das sogar in Ruhe mitteilen:
wer nicht kämpft, ist das nächste Mal draußen !
Die zweite Hälfte gegen Paderborn war so Schei.sse, dass sich selbst Schei.sse davor ekeln würde.
Ich bin aber sicher, dass es gegen Düsseldorf besser laufen wird.
Der gute Thioune wird ängstlich agieren lassen und uns nicht so behelligen wie der Malle-Proll.
Glatzel sollte man nicht riskieren. Heyer wird morgen das Spiel seines Lebens auf den Platz bringen und dann nimmt das Frühjahresunheil seinen Lauf.
Moin Scholle, warum gelingt Karabec der Durchbruch nicht? Auf welcher Poistion wäre er richtig eingesetzt und was müsste um ihn herum an Mispielern und auch taktisch aufgebaut sein, damit er gut zur Geltung kommt?
Scholle wenn du nur halb so viele Sympathien für Polzin hättest wie für Meffert dann wäre alles gut. Heyer wurde vom Verein freigestellt.
Ich freue mich schon auf Costas Granaten aus dem Winter.
Ich bin aber recht zuversichtlich für morgen. Ich denke die Truppe wird Düsseldorf schon schlagen.