Der Polzin-Effekt – was der HSV aus seiner eigenen Geschichte lernen kann

Im Volkspark beginnt die Woche vor dem vielleicht größten HSV-Spiel der letzten Jahre mit einem Weckruf – und zwar vom Chef persönlich. Während viele Fans gedanklich schon bei der möglichen Bundesliga-Rückkehr sind, hält Trainer Merlin Polzin seine Mannschaft konsequent am Boden. Beim Wochenstart auf dem Trainingsplatz zeigte sich der 34-Jährige unzufrieden: Die Intensität stimmte nicht, die Präzision fehlte. „Das war nicht unser Anspruch“, ließ er seine Profis wissen – lautstark und unmissverständlich.

Die HSV-Fans werden immer mehr zum Faktor

Die HSV-Fans werden immer mehr zum Faktor

Dass die HSV-Fans in den letzten Jahren des Leidens mit dem Abstieg und den Nicht-Wiederaufstiegen nicht wirklich verwöhnt wurden, ist unbestritten. Ebenso, dass sich die Fans in genau dieser Zeit noch einmal verstärkt zu ihrem Klub bekannt haben. Zehn Heimspiele waren zuletzt in Folge ausverkauft, die Stimmung im Volksparkstadion ist zweifellos ein Faktor geworden. Und das immer mehr auch auswärts. Vorgabe der DFL ist es, dass Auswärtsteams für ihre Fans 10 Prozent des Gesamt-Ticketkontingentes anbieten dürfen. Das aber reicht beim HSV fast nie aus. Diese Kontingente sind zumeist binnen weniger Minuten verkauft.

In Hannover muss der HSV seinen souveränen Auftritt bestätigen

In Hannover muss der HSV seinen souveränen Auftritt bestätigen

Die Nachricht des Tages ist zweifellos vom HSV direkt gekommen. Gegen 11 Uhr teilte die Presseabteilung mit, dass der HSV den Vertrag seines Kapitäns Sebastian Schonlau bis 30. Juni 2026 verlängert hat. „Ich fühle mich extrem wohl hier. Der Verein und die Fans sind einfach unglaublich und haben meine Erwartungen, die ich vor meinem Wechsel hatte, nicht nur erfüllt, sondern definitiv übertroffen“, sagte der Abwehrchef per Club-Mitteilung vom Dienstag.

Der HSV findet seine Balance

Der HSV findet seine Balance

Das war doch mal gut. Richtig gut sogar. Beim 3:0-Sieg im Topduell gegen den chancen- und weiter punktlosen Bundesliga-Absteiger Hertha BSC trat die Mannschaft von Trainer Tim Walter wie ein Spitzenteam auf. Weil die Balance stimmte.  „Wir haben uns das vorgenommen, aber wir nehmen uns das jedes Spiel vor, dass wir zu Null spielen“, betonte Mittelfeldmann Jonas Meffert. „Heute haben wir das gut hinbekommen, vor allem in der ersten Halbzeit.“ Und sein Keeper, den die defensive Null sicher mit am meisten gefreut haben dürfte, ergänzte: „Das ganze Spiel tut uns gut, von der ersten Minute an haben wir gezeigt, was wir vorhatten. Die erste Halbzeit war brutale Dominanz von uns, das wollen wir zu Hause auch ausstrahlen“, sagte HSV-Keeper Daniel Heuer-Fernandes – und er übertrieb dabei nicht.

Souveränes 3:0 – der HSV dominiert Hertha BSC

Souveränes 3:0 – der HSV dominiert Hertha BSC

Warmer Sonnabendabend, Flutlichtspiel ausverkauft – und der HSV gewinnt nicht nur deutlich gegen einen Erstligaabsteiger, sondern hält hinten auch sehr souverän die Null. Zugegeben: Mehr kann man nicht erwarten. Dieses Spiel war einfach richtig gut vom HSV, der die Hertha aus Berlin mit viel Leidenschaft und Laufbereitschaft in allen Bereichen dominierte. Ich persönlich muss gestehen, selten so zufrieden gewesen zu sein nach einem Spiel, wie heute. Vor allem, weil der spektakuläre Walter-Fußball mit einer defensiven Grundordnung (die Viererkette hielt zumeist ihre Positionen) funktioniert! Von daher als erstes mein Glückwunsch an den, der ansonsten auch als erster kritisiert wird: Tim Walter! Das war heute saustark!

Walter spricht über Probleme in der Defensive

Walter spricht über Probleme in der Defensive

HSV-Trainer Tim Walter ist immer wieder für Überraschungen gut. Ehrlich gesagt hatte ich bei ihm mit einer erneuten Trotzreaktion gerechnet. Weil Walter eigentlich immer das gnadenlos durchzieht, wovon er überzeugt ist. Aber stattdessen hat Walter heute in der Pressekonferenz ganz offen die Abwehrschwächen seines Teams thematisiert. „Wir haben zu viele Gegentore kassiert, das muss man so erwähnen“, sagte Walter – um dann zu relativieren. „Man muss es aber ein bisschen differenzierter betrachten: Wir haben eine neu formierte Abwehr. Und wir haben drei Spieler dabei, die in der Philosophie noch nicht zusammengespielt haben.“ Das stimmt. Aber das Problem der Defensive hat der HSV nicht erst in dieser Saison, sondern hatte er auch in der vergangenen Saison.

Es ist nicht überraschend – aber notwendig

Es ist nicht überraschend – aber notwendig

Ehrlich gesagt habe ich damit gerechnet, dass gepöbelt wird. Und das ist auch nicht schlimm, weil Fans eben nicht wirklich gewillt sind, kritisch zu argumentieren. Fans verteidigen Ihr Team oft auch über alle Vernunft hinaus. Und trotzdem versuche ich noch einmal, diese Diskussion anzunehmen. Leider ist immer auch Verunsachlichung ein Stilmittel, das genommen wird, wenn der HSV inhaltlich attackiert wird. Bei Facebook waren sogar welche dabei, die behauptet haben, ich würde jetzt mit dieser kritischen Sichtweise auf das Spielsystem Walters jetzt anfangen. Dabei habe ich an meiner Argumentation seit Walters erstem Spiel bis heute de facto nichts geändert.

Falscher Stolz – Walter steht sich selbst im Weg

Falscher Stolz – Walter steht sich selbst im Weg

Der HSV musste zuletzt einige schwere personelle Ausfälle verkraften. Und zumindest ein großer Teil hiervon wird schon sehr bald wieder dabei sein. Jonas Meffert dürfte gegen Hertha BSC am Sonnabend wieder fit sein und zur Startelf gehören. Und auch Ludovit Reis, der im letzten Test gegen die Glasgow Rangers auf die Schulter gefallen und seither ausgefallen war, mischte heute bei den Reservisten (Stammspieler trainierten individuell) schon auf dem Platz wieder so mit, dass er im Anschluss sogar andeutete, gegen Hertha dabei sein zu können. Man wisse bei Schulterverletzungen zwar nie genau, wie lange sie sich ziehen. Aber: „Gegen Ende der Woche werde ich wissen, ob es geht.“

Über Moin Volkspark

Moin Volkspark – das ist ein Team aus jungen Menschen, die sich seit vielen Jahren mit dem HSV beschäftigen und ihre facettenreichen Fähigkeiten so einbringen, dass hier heute eine Plattform entsteht, die den Anspruch hat, HSV-Freunde und -Interessierte vollumfänglich zu informieren und zu unterhalten.

Das Ganze gepaart mit der Expertise des bekannten Sportjournalisten Marcus „Scholle“ Scholz bietet ein Maximalmaß an objektiver Informationen und  zeitgemäßer Unterhaltung. Ziel ist es, hier frischen, dynamischen Content zu bieten, der sich wohltuend von der allgemeinen Journaille abhebt.

Moin Volkspark ist aber nicht nur ein Ort, um sich zu informieren, sondern soll auch immer ein Ort des Austausches und des Miteinanders sein. Wir wollen eurer Leidenschaft einen Platz im Netz bieten: zum Diskutieren im Forum, zum Mitfiebern bei Live-Events. Und natürlich zum Mitmachen in unseren vielfältig angelegten Video-Formaten. Eure Freude, Eure Trauer, Euer Jubel und Eure Wut haben hier Ihren Platz, solange alles respektvoll formuliert und artikuliert wird.

Moin Volkspark steht für ein leidenschaftliches Miteinander und ist der Zusammenschluss dessen, was eigentlich schon seit langer Zeit zusammengehört.