Statistik schlägt Alarm – hat der HSV ein Fitnessproblem?

Statistik schlägt Alarm – hat der HSV ein Fitnessproblem?

Merlin Polzin wollte nach der ersten Pflichtspiel-Niederlage als Trainer des HSV nicht über sich sprechen. Er mag das aber auch sonst nicht. „Mich nervt, dass wir ein Spiel verloren haben. Mich nervt vor allem, dass wir in der zweiten Halbzeit nicht das gezeigt haben, was uns auszeichnet“, sagte der Coach nach dem 0:2 beim Verfolger SC Paderborn. „Da ging es relativ wenig um meine Person“, fügte der 34-Jährige hinzu – womit er grundsätzlich recht hat. Andererseits ist er als Trainer ein wesentlicher Teil des HSV-Spiels, das diesmal von der ersten bis zur letzten Minute aus HSV-Sicht dahinplätscherte, ohne dass sich der HSV in irgendeiner Phase auf das Spiel des SCP hatte einstellen können. Im Gegenteil!

Mit Ex-Profi Stefan Schnoor sprechen wir über die Fehler in Paderborn.

In diesem Spiel war der HSV zum ersten Mal unter der Regie von Polzin, Favé und Co. auch taktisch komplett unterlegen. Konnte man sonst immer wieder durch Einwechslungen reagieren, blieb das diesmal aus. Der SCP wusste den HSV mit seinem deutlich höheren Einsatz sowie dem Nutzen der wenigen Lücken am Ende souverän zu bezwingen. Und daran wollte auch Polzin nichts schönreden. Der Coach sprach von einem verdienten Heimsieg der Ostwestfalen. Er schränkte aber auch ein: „Uns wirft das nicht aus der Bahn.“

Polzin will nichts von März-Krise hören

Warum auch? Noch steht der Nordclub weiter auf dem ersten Tabellenrang – aber diese Position ist trügerisch. Die Niederlage jedenfalls verhinderte, dass Polzin und Co. sich erstmals einen kleinen Vorsprung an der Tabellenspitze erarbeiten konnten. Stattdessen lauern der punktgleiche 1. FC Kaiserslautern und die jeweils zwei Zähler entfernten Konkurrenten aus Magdeburg, Paderborn und Köln dahinter. Noch entscheidender als die Tabellensituation ist für mich aber, dass diese Mannschaft bislang keinen Anlass liefert, ihr eine grundsätzlich mangelnde Einstellung zu unterstellen.

Eher das Gegenteil ist der Fall. Während die einen ohne zu murren von der Bank aus das Team unterstützen und sich im Training über Leistung neu anzubieten versuchen, sind die anderen klar in der Bewertung solch schwacher Spiele wie des 0:2 in Paderborn. „Das war in der zweiten Hälfte nicht das Gesicht, das wir in den letzten Wochen gezeigt haben“, kritisierte Davie Selke. Er stellte auch die Frage in den Raum, ob ihm und seinen Teamkollegen möglicherweise die Energie gefehlt haben könnte. Daniel Elfadli stimmte dem zu: „Vielleicht waren wir nicht ganz so frisch wie in den anderen Spielen.“

Aussagen, die angesichts der 11,5 weniger gelaufenen Kilometer sehr gut passen – die Polzin aber nicht gelten lassen will. „Das Ganze jetzt im Detail nur auf die Laufwerte herunterzubrechen, das haben wir in erfolgreichen Spielen nicht getan, das machen wir in dem Fall jetzt auch nicht, wenn wir das Spielfeld mal nicht als Sieger verlassen“, stellte der Trainer klar. Problem hierbei: Gegen den 1. FC Kaiserslautern hatte man bislang am meisten überzeugt – und hier war man fünf Kilometer mehr gelaufen als der Gegner. Auch sonst widerspricht die Statistik Polzins Aussage: Bei fünf der sechs Siege unter Polzin lief der HSV mehr als der Gegner. Nur gegen Köln siegte man trotz zwei weniger gelaufener Kilometer. Ebenfalls auffällig: Von den anderen Spielen unter Polzin, die man nicht gewinnen konnte, war man vier von fünfmal läuferisch unterlegen.

Der HSV stand gegen Paderborn gefühlt mit einem Mann weniger auf dem Platz

Oder wie sagte es Stefan im heutigen Talk so treffend: 11,5 Kilometer Laufleistung entsprechen einem Mittelfeldspieler über 90 Minuten. Ergo: Paderborn hatte gefühlt einen Mann mehr auf dem Platz …

Fakt ist, dass sich das Trainerteam vor der Winterpause über den Fitnesszustand der eigenen Mannschaft Gedanken gemacht hatte. Erste Maßnahme: Der Athletiktrainer musste nach neun Jahren beim HSV seinen Hut nehmen. In den Einheiten wurde die Laufintensität deutlich hochgefahren – und die Mannschaft wurde fitter. Dachte auch ich. Wobei, nein, das ist falsch formuliert: Ich glaube weiterhin, dass die Mannschaft im Großen und Ganzen fitter ist als unter Steffen Baumgart. Fakt ist aber auch, dass sie es in Paderborn nicht auf den Platz bekommen hat – und das wiederum war der erste Schritt zur verdienten Niederlage.

„Du musst in der Zweiten Liga die Spiele mit Arbeit beginnen – und dann kannst du vielleicht auch schönen Fußball dazustellen“, sagt Stefan Schnoor, der selbst eher als rustikaler denn als filigraner Spieler galt. „Wenn du 11,5 Kilometer weniger läufst als eine spielerisch gleichwertige Mannschaft, dann ist das so, als würdest du mit einem Mann weniger auf dem Platz stehen. Dann darfst du dich gegen so starke Teams wie Paderborn nicht wundern, wenn du am Ende verdient verlierst.“

HSV muss mehr laufen – Düsseldorf ist das zweitlautstärkste Team der Liga

Noch wichtiger als dieser Blick zurück ist aber der Blick nach vorn. Denn am kommenden Sonnabend wartet schon der nächste Brocken, wenn um 20:30 Uhr Fortuna Düsseldorf im Volksparkstadion zu Gast ist. Immerhin ist das Team von Ex-Trainer Daniel Thioune das mit 2822,8 Kilometern zweitlaufstärkste Team der gesamten Zweiten Liga.- hinter dem SC Paderborn (2879,5 gelaufene Kilometer)…

In diesem Sinne, euch allen noch einen schönen Abend!
Scholle

Paderborn überrennt HSV mit 2:0 – Polzins erste Niederlage im elften Spiel

Paderborn überrennt HSV mit 2:0 – Polzins erste Niederlage im elften Spiel

Wenn eine Mannschaft in einer Halbzeit sieben (!) Kilometer mehr läuft als die andere, um dann in der zweiten Halbzeit noch einmal fünf Kilometer mehr abzureißen, obwohl sie fußballerisch nicht klar unterlegen ist, dann sagt das viel aus! Über das fehlende Engagement und die mangelnde Gegenwehr der anderen Mannschaft. 127 Kilometer lief der SC Paderborn – 115,4 der HSV. Das ist eine Diskrepanz, die nicht akzeptabel ist. Nicht einmal, wenn die eine Mannschaft 95 Prozent Ballbesitz hat und die andere nur hinterherlaufen muss. Und vor allem: Heute war es absolut nicht so. Im Gegenteil: Paderborn wirkte sogar abgestimmter und abgeklärter. Vor allem nahm der SCP dem HSV erst Selke und dann auch den Rest der Offensive komplett aus dem Spiel.

Fazit: Merlin Polzins erste Niederlage als Cheftrainer war hochverdient, da gibt es absolut nichts zu diskutieren.

Der ehemalige HSV-Profi Filip Bilbija (15. Minute) und Adriano Grimaldi (84.) besiegelten nach einem unterhaltsamen Duell die erste Pflichtspiel-Niederlage im elften Spiel unter Trainer Merlin Polzin. Zuletzt hatte der HSV im November in Braunschweig verloren, damals arbeitete Polzin noch als Assistent. In den Parallelspielen besiegte Magdeburg Darmstadt klar mit 4:1 und kletterte auf den dritten Rang, Elversberg überrollte Hertha BSC mit 4:0. Den Erst- und Achtplatzierten trennen jetzt wieder nur noch vier Zähler – und am kommenden Wochenende kommt Fortuna Düsseldorf in den Volkspark (Sa., 20.30 Uhr).

Brisant: Dieses Spiel hat der SC Paderborn auch deshalb gewonnen, weil er taktisch besser eingestellt war. SCP-Coach Lukas Kwasniok, der im Winter beim HSV als Trainerkandidat galt, siegte im direkten Duell mit Polzin deutlich. „Wenn der Name HSV irgendwo aufdribbelt, werden die Menschen immer ein bisschen nervöser, sind alle ein bisschen motivierter, sind gut gelaunt vor dem Spiel“, sagte Kwasniok vor dem Spiel. Es sei das Dilemma des HSV, dass alle Mannschaften gegen den Traditionsklub besonders motiviert seien. Dass sein Team am Ende aber zwölf Kilometer mehr lief als der HSV, darf in keinem Fall passieren!

Schlusswort Abwehrchef Daniel Elfadli: „Wir sind offensiv nicht durchgekommen, hatten keine Durchschlagskraft und fanden nicht die richtigen Lösungen. Wir haben einfach zu wenig von dem umgesetzt, was vorgegeben war. Alles in allem war das absolut enttäuschend.“ Und das stimmt. Leider.


DIE EINZELKRITIKEN:

Daniel Heuer Fernandes:
Was für ein Sch…Spiel für einen Keeper?! Ohne Chance, etwas zu verhindern, konnte er auch nichts verhindern. Note: 4

William Mikelbrencis:
Vorweg: Ich bleibe dabei, dass er kein guter Rechtsverteidiger ist – er spielt nur rechts hinten, weil der HSV dort niemanden hat, der besser ist. Und weil der HSV sein Tempo braucht. Aber rein defensiv fehlt es ihm taktisch an zu vielem, da ist er einfach noch zu oft zu unaufmerksam bzw. steht zu oft zu schlecht. So auch vor dem 0:1 (14.), als er trotz numerischer Überzahl seinen Gegenspieler gar nicht angreift und flanken lässt. Insgesamt ist er zu leicht zu überspielen und lässt zu viele Flanken zu. Note: 4,5

Denis Hadzikadunic:
Das ist solide im Moment. Auch heute gewann er seine Zweikämpfe, war in der ersten Hälfte als letztes Glied in der (Fehler-)Kette vor dem 0:1 nicht maßgeblich beteiligt. Note: 4

Daniel Elfadli:
Er muss als Abwehrchef auch Probleme erkennen und auf dem Platz Lösungen anbieten. Das bekam er für seine rechte Defensivseite nicht hin. Wie er sich vor dem 0:2 düpieren ließ, war schwach. Das war heute nicht sein Spiel. Note: 5

Miro Muheim:
Er pennt vor dem 0:1, weil er nicht mit der Flanke rechnet – das muss er aber. Nach vorn aktiver, aber nicht zwingend. Das kenne ich von ihm deutlich besser. Note: 4,5

Jonas Meffert (bis 74.):
Defensiv war das Zentrum dicht, das war okay. Aber in Kombination mit dem zu langsamen Reis und dem zu wenig kreativen Karabec war das heute offensiv viel zu wenig. Note: 4

Marco Richter (ab 74.):
Sein Torschuss war ein schlechter Witz. Aber ihm heute diese Niederlage anzulasten – abgesehen von Polzins Ideenlosigkeit – wäre falsch. Note: 4

Ludovit Reis:
Letzte Woche gegen Lautern hat er zwei, drei Schritte vorwärts gemacht – heute ging er sie wieder rückwärts. Ihm fehlten die nötige Spritzigkeit und das Tempo am Ball. Heute war er einer der Faktoren, die dazu führten, dass der HSV keinen echten Schwung in sein Offensivspiel bekam. Note: 5

Adam Karabec (bis 74.):
War wieder läuferisch sehr viel unterwegs, aber am Ball fehlten ihm die entscheidenden Ideen. Note: 4

Jean-Luc Dompé:
Seine Flanken braucht der HSV. Leider kamen davon in der ersten Hälfte zu wenige, ebenso von seinen schnellen Gegenstößen, die durch gleich zwei (manchmal sogar drei!) Gegenspieler immer schnell unterbrochen wurden. Note: 4

Emir Sahiti (bis 61.):
Taktisch ist es nicht weit her bei ihm! Die Abstimmung defensiv mit Mikelbrencis ist eigentlich nicht vorhanden. Er selbst unterstützt seinen Kollegen deutlich zu wenig. Das muss sich stark verbessern. Das reicht so nicht! Dass er offensiv immer einen im Fuß hat, ist super. Aber das gleicht es nicht aus. Note: 5

Fabio Baldé (ab 62.):
Sah beim 0:2 nicht gut aus, was allerdings auch nicht einfach zu verteidigen war. Aber offensiv blieb er wie alle anderen Offensivspieler auch – völlig wirkungslos. Note: 4

Davie Selke:
Allein die Maske ist ja schon angsteinflößend für den Gegenspieler. Wenn Selke dazu noch so körperlich agiert wie bisher, ist das im Gesamtpaket eines der unangenehmeren Spiele für jeden Gegner. Dass er gleich die ersten beiden Bälle zum Abschluss nutzte, verdeutlichte seinem Gegenspieler noch mal: Dem darfst du NIE Raum geben – und das stresst den Gegenspieler schon. Aber heute bekam er von seinen Mitspielern zu wenig Bälle. Viel zu wenige… Note: 4

Trainer Merlin Polzin:
Dass er die Paderborner 90 Minuten lang die rechte Seite des HSV bespielen ließ, war fahrlässig! Da MUSS er reagieren. Seine Wechsel kamen zu spät und griffen nicht. Taktisch ging er heute gegenüber seinem Paderborner Kollegen Kwasniok unter. Eine verdiente erste Niederlage im elften Spiel als Chefcoach. Note: 5

DAS SPIEL IM STENOGRAMM: 

SC Paderbron 07: Riemann – Hoffmeier, Götze, Brackelmann (36. Castaneda) – Obermair, Mehlem (76. Curda), Scheller (76. Hansen), Zehnter – Bilbija (71. Michel) – Terho (71. Grimaldi), Ansah 

HSV: Heuer Fernandes – Mikelbrencis, Hadzikadunic, Elfadli, Muheim – Meffert (74. Richter), Karabec (74. Königsdörffer), Reis (89. Stange) – Sahiti (62. Balde), Selke, Dompe

Tore: 1:0 Bilbija (15.), 2:0 Grimaldi (84.)

Zuschauer: 15.000 (ausverkauft)                   

Schiedsrichter: Dr. Robert Kampka (Mainz)

Gelbe Karten: Bilbija, Terho / Karabec

STIMMEN ZUM SPIEL:

Daniel Heuer Fernandes: „Wir hatten in der ersten Hälfte noch viel Kontrolle, in der zweiten Halbzeit aber waren wir zu wild und konnten diese Kontrolle nicht mehr herstellen. Aber genau diese Kontrolle brauchen wir für unser Spiel. Mit dem Auftritt können wir deshalb nicht zufrieden sein. Aber wir bleiben inhaltlich, bleiben klar und werden weiterarbeiten, um die guten Ergebnisse aus den letzten Wochen auch in den nächsten Wochen wieder zu holen.“

Daniel Elfadli: „Das war heute insgesamt sehr enttäuschend. Die erste Hälfte war auch schon nicht das, was wir uns vorgestellt haben, aber es war noch okay. Die zweite Hälfte aber war dann weit weg von dem, was wir eigentlich spielen wollten. Wir sind offensiv nicht durchgekommen, hatten keine Durchschlagskraft, haben nicht die richtigen Lösungen gefunden. Wir haben einfach zu wenig von dem auf den Platz gebracht, was die Vorgabe war. Alles in allem war das absolut enttäuschend.“

Davie Selke: „Wir hatten heute offensiv einige gute Aktionen, konnten aber daraus nicht den nötigen Treffer erzielen. Gerade in der ersten Hälfte hatten wir gute Ballgewinne und hatten auch unsere offensiven Aktionen. Aber nach der Pause wurde es weniger, deshalb können wir mit dem Spiel und dem Ergebnis nicht zufrieden sein. Leider konnten wir die große Möglichkeit heute nicht nutzen, aber wir haben schon so viele Rückschläge weggesteckt, dass wir auch aus dieser Situation wieder gestärkt hervorgehen werden.“

Merlin Polzin: „Wir haben in der ersten Halbzeit viel von dem umgesetzt, was wir uns vorstellen, sowohl mit als auch gegen den Ball. In der zweiten Halbzeit aber haben wir leider sehr wenig von alledem umgesetzt. Paderborn hat es heute sehr gut gemacht, das gehört auch dazu. Aber wir für uns haben heute Dinge nicht gut gelöst, waren zu ungeduldig im Pressing, haben nicht mutig genug von hinten herausgespielt und bei unseren offensiven Aktionen dann auch nicht das Tor gemacht. Insofern verlieren wir dieses Spiel gegen einen Gegner, der es uns heute sehr schwergemacht hat. Das werden wir analysieren und dann alles daran setzen, nächste Woche im Volksparkstadion wieder ein anderes Gesicht zu zeigen.“

SCP-Trainer Lukas Kwasniok: „Die Mannschaft hat sich den Sieg absolut verdient. Wir sind heute unfassbar viel gelaufen und haben es geschafft, den Gegner über 90 Minuten zu zermürben. In der ersten Hälfte haben wir kein besonders gutes Spiel absolviert. Ich habe in der Halbzeit gesagt, dass ich mit der Spielleistung nicht zufrieden bin. Im zweiten Durchgang haben wir dann umgestellt und bis auf den Lattentreffer von Dompe kaum etwas zugelassen. Wir haben dem Gegner mit Mentalität und körperlicher Wucht wehtun können.“

Bieder? Polzin macht es richtig! Bangen um Muheim und Heuer Fernandes

Bieder? Polzin macht es richtig! Bangen um Muheim und Heuer Fernandes

Es hat ihn überhaupt nicht tangiert. Warum sollte es auch? Er selbst hatte ohnehin keinen Einfluss darauf, was der Verein mit Außenstehenden verhandelte und besprach. Dementsprechend hielt sich Merlin Polzin beim Jahreswechsel wohltuend zurück, wenn es um Gerüchte über andere Trainerkandidaten ging. Dass der HSV parallel mit anderen Kandidaten gesprochen und offensichtlich eine andere Priorität bei der Besetzung des Trainerpostens hatte – für Polzin scheint das nichts anderes als Motivation zu sein. Und diese Motivation hat er in den letzten zehn Spielen in 22 Punkte umgemünzt. Mehr Argumente für sich konnte er kaum sammeln. Und genau deshalb ist man heute in der Chefetage des Volksparkstadions sehr froh darüber, dass andere Kandidaten abgesagt haben. Oder anders formuliert: Die aktuelle HSV-Führung wurde zu ihrem Glück gezwungen.

Jetzt kommt es am Sonntag zum Aufeinandertreffen Polzins mit dem vermeintlich priorisierten Kandidaten des Vorstands im Winter. Und Polzin macht genau das, was er immer macht: Er fokussiert sich auf das Wesentliche – die drei Punkte, die es am Sonntag in Paderborn gegen das Team von Lukas Kwasniok zu holen gibt. Nach seinem krankheitsbedingten Ausfall sagte Polzin: „Das war natürlich keine angenehme Situation für mich, a) weil man generell nicht gern krank ist und b) weil man auch seinen Teil dazu beitragen möchte, den Jungs zu helfen. Die ganze Art und Weise, wie der Freitag gelaufen ist, war unglaublich und hat mir ein sehr gutes Gefühl gegeben – und natürlich auch geholfen, dass es mir schnellstmöglich wieder besser ging.“ Heute sei er aber wieder „bei 100 Prozent“.

Polzin interessiert sich nur für die Punkte – der Rest ist egal

Dass von außen großes Interesse an dieser besonderen Konstellation zwischen Polzin und Paderborns Trainer Kwasniok besteht – klar. Deshalb gingen die Kollegen heute auch bei der Pressekonferenz auf diesen Punkt ein. Aber Polzin war wie immer gut vorbereitet und konterte alles, was sein Team von der eigentlichen Aufgabe am Sonntag ablenken könnte. Er erkannte die Brisanz gar nicht erst an, im Gegenteil: „Ich denke, dass es für mich sowohl jetzt als auch im Dezember gar keine Rolle gespielt hat“, sagte Polzin. „Ich weiß, dass Lukas ein fantastischer Trainer ist. Wir kennen uns schon ein paar Jahre, und er macht einfach richtig gute Arbeit. Ich glaube, es ist selbstverständlich, dass dann auch der eine oder andere Verein interessiert ist.“

Zack – Luft aus der Aufregung zu 100 Prozent raus!

Ich weiß, dass es viele gibt, die Polzin als blasse Figur ohne Charisma titulieren. Und diese Ansicht kann man in gewissen Punkten sicherlich auch teilen. Aber Fakt ist: Am Ende zählt nur der Erfolg. Und den kann man Polzin bis heute absolut nicht absprechen – ganz im Gegenteil! Das wiederum lässt mich hoffen, dass der HSV in dieser Saison in der entscheidenden Phase genau die Konstellation hat, die den Unterschied beim Aufstieg machen kann. Hier steht kein Trainer an der Seitenlinie, der sich mit inhaltslosen Plattitüden nach außen hin schützt. Hier ist kein Trainer, der über der Mannschaft steht – im Gegenteil! Der HSV hat einen Trainer, der die Mannschaft fachlich überzeugt hat und für den sie bislang auf dem Platz alles gibt.

Ebenso entscheidend ist, dass der HSV endlich ein funktionierendes System hat. Polzin und sein Team hatten schnell erkannt, dass diese Mannschaft physisch nicht ausreichend fit war. Der Athletiktrainer musste gehen, und das Training wurde inhaltlich umgestellt. Im neuen Talk mit Stefan Schnoor sagt dieser genau das: Der HSV ist endlich wieder in der Lage, über 90 Minuten zu marschieren. Der HSV kann kämpfen, laufen, arbeiten – also genau das tun, worauf es ankommt, wenn man eine Liga höher aufsteigen will.

Euch fehlt dabei ab und zu schöner Fußball? Verständlich! Der Fußball von Tim Walter war definitiv spektakulärer – weil risikoreicher und dadurch in beide Richtungen ereignisreicher. Aber ich habe es immer gesagt und bleibe auch die nächsten 50 Jahre dabei: Schöner Fußball ist immer nur der Fußball, mit dem eine Mannschaft ihr Punktekonto maximiert und am Ende ihre Ziele erreicht. Alles andere ist nichts. Nichts als heiße Luft und Schaumschlägerei!

Polzin ist vielleicht bieder – aber dafür sachlich-fachlich klar!

Deshalb feiere ich inzwischen das, was viele hier als bieder bezeichnen! Ich feiere Merlin Polzins „biedere“ Antworten. Denn im Gegensatz zu seinen Vorgängern, bei denen er als Assistent auf der Bank saß, hat Polzin überhaupt erst echte Antworten. Polzin trägt keine Schiebermütze, er läuft nicht bei minus 30 Grad im kurzärmeligen T-Shirt an der Seitenlinie auf und ab. Er sitzt nicht bei Pressekonferenzen und versucht, mit flapsigen Antworten die „böse Presse“ bloßzustellen. Er labert nach Niederlagen nicht davon, dass sein Fußball immerhin dazu führe, dass das Stadion durchgehend ausverkauft ist. Weil er es besser weiß! Er sieht, dass auch ein Fußball, der einen starken Fokus auf defensive Stabilität legt, das Stadion ausverkauft.

Kurzum: So bieder und wenig unterhaltsam einige Polzin finden – mir gefällt seine Art, Prioritäten zu setzen. Weil er liefert – und nicht labert. Er ist puristisch auf Fußball und den Erfolg der Mannschaft ausgerichtet. Und nur darum geht es! Sollte er irgendwann auch vom Typ her noch unterhaltsamer werden – es würde mich nicht stören. Aber es ist eben auch nicht entscheidend!

Muss Mickel am Sonntag ins Tor?

Noch nicht entschieden ist, wie der Kader am Sonntag aussieht, nachdem heute mit Miro Muheim und Daniel Heuer Fernandes zwei absolute Stammkräfte fehlten. Zudem musste Fabio Baldé vorzeitig in die Kabine. Polzin sagte zwar, dass alle drei am Sonntag wohl spielen können – sicher ist das allerdings nicht. Besonders in Bezug auf die Torwartposition wäre ein Ausfall folgenschwer, da auch die angestammte Nummer zwei, Ersatzkeeper Matheo Raab, verletzt ist. Sollte DHF also ausfallen, wäre Tom Mickel die nächste Alternative.

Abschließend noch ein Wort zum neuen Videoformat mit Stefan Schnoor: Ich freue mich riesig, dass dieser extrem erfahrene Ex-HSV-Profi sich die Zeit nimmt, mit uns vor und nach den Spielen über den HSV und seine Entwicklung zu sprechen. Das ist spannend, weil wir damit dem Vorwurf aus dem Weg gehen, immer erst im Nachhinein Dinge einzufordern. Andererseits können wir auch mal absolut danebenliegen – und das wird passieren! Da bin ich sicher …

Noch wichtiger für euch ist aber, dass wir dieses Format für die Interaktion nutzen wollen. Das heißt, zum nächsten Video mit Stefan werde ich von euch per E-Mail und/oder Blogposts steile Thesen einsammeln und ihn in einer Art Blitzbefragung damit konfrontieren. Ich bin jetzt schon sehr gespannt, wie das wird!

Ebenso gespannt bin ich auf die ersten Zweitligaspiele dieses Wochenendes – zum einen, weil Düsseldorf spielt und Stefan Schnoor im Video zu den Rheinländern eine durchaus kontroverse Meinung geäußert hat. Zum anderen, weil ich wissen will, ob Schalke noch mal die Kurve bekommt oder weiter so vor sich hindümpelt.

HSV-Frauen brechen alle Rekorde, Verletzungsschock – und wir kommen mit einem neuen Videoformat

HSV-Frauen brechen alle Rekorde, Verletzungsschock – und wir kommen mit einem neuen Videoformat

Die HSV-Frauen brechen Zuschauerrekorde – und mich freut es für die Fußballerinnen, die vor einigen Jahren noch wegen ein paar weniger Euro vom Vorstand abgemeldet worden sind. Völlig verdient, wie ich finde. Und ich hoffe, dass die letzten 9000 Tickets auch noch weggehen und diesen Festabend zu einem ausverkauften Spektakel machen. Ein Halbfinale, Flutlicht, Werder als Gegner im DFB-Pokal-Halbfinale – das weckt Erinnerungen. Und es bietet die Chance, sich für die Männer zu revanchieren. Diese wiederum müssen am Sonntag zum zuletzt bärenstarken SC Paderborn – mit dem wieder genesenen Merlin Polzin an der Seitenlinie und aller Voraussicht nach auch wieder mit Davie Selke im Sturmzentrum.

Letztgenannter ist momentan der Mann, der mit seinen Treffern den Unterschied macht. Aber nicht nur das zeichnet ihn aus, wie der HSV-Cheftrainer nicht müde wird zu betonen: „Er will immer gewinnen, glaubt an sich und sein Team, gibt nie auf. Dabei verliert er nie den Fokus, hat aber auch die nötige Lockerheit. Er hat einen sehr guten Draht zu vielen Jungs, gibt gerade auch den jungen Offensivspielern viele Tipps, macht ihnen aber auch klar, wohin und wie er die Bälle in die Box haben will.“

Polzin schwärmt von Selke als Unterschied – auf und neben dem Platz

Und genau das macht Selke so wichtig für die Gesamtstimmung im Team, die durch die Tabellensituation und die letzten Siege schon sehr gut ist – und durch Selkes Art noch besser wird: „Das ‚Gesamtpaket Davie‘ tut uns allen sehr gut. Gleichzeitig weiß auch Davie, was er an dieser Mannschaft hat. Das gegenseitige Verständnis und Zusammenspiel mit den anderen Jungs ist über die Zeit noch besser geworden. Die Jungs wissen, was Davie braucht, wie sie ihn in Szene setzen müssen.“

Und das liegt auch daran, dass der junge Polzin mit seinen jungen Trainerkollegen endlich Erwachsenenfußball spielen lässt. Er hat die Balance aus einer stabilen Defensive und einem immer gefährlichen Angriff hergestellt. Polzin: „Wir thematisieren sowohl im Angreifen als auch im Verteidigen viele Details – die Verbindung zwischen den Spielern ist entscheidend. Und genau deshalb werden wir weiterhin an diesem Prozess arbeiten. Davie geht da voran, merkt, dass es ihm guttut, und zahlt mit so viel positiver Energie zurück.“ Jetzt soll auch die Vertragsverlängerung kurz bevorstehen – und ich würde diese sogar richtig gut finden. Das wiederum hätte ich am Tag seiner Verpflichtung niemals für möglich gehalten.

Immer geglaubt habe ich an die Wichtigkeit einer stabilen Defensive in Bezug auf den erhofften Aufstieg. Und ich fühle mich komplett bestätigt, dass diese Sicherheit in der Defensive der fehlende Schlüssel zum Aufstieg ist. Über die Wichtigkeit dieser Defensive – gerade auch im Spiel beim offensivstarken SC Paderborn – werde ich mich morgen mit einem international erfahrenen Defensivspieler unterhalten, der den HSV noch immer sehr genau beobachtet. Das Video stelle ich morgen Mittag online. Und wenn das Format gut wird bzw. gut angenommen wird, werde ich das regelmäßig machen.

Dompé ist wieder zurück und soll spielen können

Und dann noch kurz ein Update zum Personal: Der junge Innenverteidiger Aboubaka Soumahoro hat sich schwerer am Oberschenkel verletzt und fällt einige Wochen aus. Selbst das vorzeitige Saisonaus kann nicht ausgeschlossen werden. Jean-Luc Dompé stand heute kurz auf dem Platz, wurde dann aber nach seiner Erkältungspause noch mal zum Kraftaufbau in die Kabine geschickt. Am Freitag soll der Flügelstürmer wieder mittrainieren und dementsprechend auch am Sonntag in Paderborn dabei sein. Ebenso wie Ludovit Reis, der heute nach einer Stunde Mannschaftstraining planmäßig etwas kürzertrat. Sicher nicht dabei sein werden am Sonntag Robert Glatzel und Immanuel Pherai, die heute beide individuell trainierten. Aber zum Personal dann morgen nach der Pressekonferenz noch etwas mehr.

So, und jetzt wünsche ich Euch allen einen schönen Abend und bis morgen! Dann, wie gesagt, mit einem neuen Videoformat und einem Gast, der wissen dürfte, worauf es defensiv ankommt: Der ehemalige HSV-Abwehrmann Stefan Schnoor (149 Erstligaspiele für den HSV). Der heute 53-Jährige hatte sich zuletzt auch als TV-Experte verdingt. Und weil er das mal so richtig gut gemacht hat, habe ich ihn gleich angeschrieben, ob er sich ein regelmäßiges HSV-Format vorstellen kann. Seine Antwort: „HSV? Na logisch…!“

Mein Angebot an Euch: Schriebt in die Kommentare mal Eure steilsten Thesen in Bezug auf den HSV dieser Tage. ich werde Schnoor dann mit Euren Thesen und Fragen konfrontieren…

In diesem Sinne, ich bin gespannt!

Scholle

Vuskovic ist wütend, Polzin gesund – und Pherai zurück

Vuskovic ist wütend, Polzin gesund – und Pherai zurück

Die Innenverteidiger und der HSV – das ist hier bei mir inzwischen so eine Art „Neverending Story“. Gefühlt zumindest. Diesmal geht es allerdings nicht um den Ersatz für Mario Vuskovic, der nie geholt wurde. Diesmal geht es um den Kroaten selbst. Denn er hatte sich zwar schon vor einigen Monaten persönlich gegenüber „11 Freunde“ geäußert, doch das Interview erschien erst jetzt. Und es ist absolut lesenswert. Darin berichtet der noch bis Ende 2026 gesperrte Profi von Alpträumen seit seiner Doping-Sperre. „Manche der Träume waren verstörend“, sagte er dem Magazin. Der Abwehrspieler habe dabei einmal gerufen, dass man ihn nicht anfassen solle, „weil ich in dem Moment dachte: Jemand spritzt mir das Zeug im Schlaf.“

Der 2021 zunächst für 1,2 Millionen Euro ausgeliehene und ein Jahr später für 3 Millionen Euro von Hajduk Split verpflichtete Vuskovic habe auch die Hilfe eines Psychologen aus seiner Geburtsstadt in Anspruch genommen. „Würde ich mit niemandem sprechen, würde sich mein Kopf in das reinste Chaos verwandeln. Und wer weiß, was dann passiert?“

Der Kroate, der nach mehreren Gerichtsgängen bis zum internationalen Sportgerichtshof CAS wegen Dopings mit dem Blutdopingmittel EPO bis November 2026 vom Profi-Fußball gesperrt wurde, beteuert unverändert seine Unschuld. Zuletzt wies das Schweizer Bundesgericht die Beschwerde der Vuskovic-Seite gegen die Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofs ab. Dieser hatte das Strafmaß zuvor von zwei auf vier Jahre erhöht.

Ungerechtigkeit hat Vuskovic zum wütenderen Menschen gemacht

Kurzer Rückblick: Der Doping-Fall wurde im November 2022 bekannt. Fünf Kilo habe er in der ersten Woche nach dem Testergebnis abgenommen, berichtete der Innenverteidiger dem Magazin. „Ich konnte nichts essen, nichts trinken. Ich war nicht ich selbst.“ Er müsse für etwas büßen, das er nicht getan habe. Und das habe dazu geführt, dass er „wütender“ sei als sonst. „Es hat alles geändert – meine Perspektive auf mich selbst, aber auch auf Gerechtigkeit und Unrecht.“

Der Verteidiger ist sich sicher, dass er beim HSV sein Comeback feiern wird. Keine Zweifel? „Nein“, antwortet Vuskovic, der sich mit individuellem Training fit hält. Sein Ziel hat er immer vor Augen: spätestens im November wieder als Fußballprofi auf dem Platz zu stehen und um Punkte zu kämpfen.

Der HSV stattete Vuskovic im September 2024 mit einem Vertrag ab 2026 aus und setzte damit ein weiteres großes Zeichen der Solidarität. Dabei handelt es sich angesichts der unüberschaubaren Folgen einer vierjährigen Pause um eine stark leistungsbezogene Vereinbarung. Dafür wurde der alte Vertrag gekündigt, damit der HSV seiner Vermögensbetreuungspflicht als Kapitalgesellschaft nachkommen konnte. Hätte der HSV das nicht getan, hätte sich der Vorstand bei fortlaufender Gehaltszahlung womöglich strafbar gemacht.

Der HSV gewinnt weiter an Profil – und sportlich findet er seinen Weg

Egal wie: Der HSV hilft Vuskovic seit der Sperre. Auch seine Mitspieler und die Fans der Hanseaten unterstützen ihn immer wieder durch Solidaritätsbekundungen. Und der Fall hatte für den HSV ebenso wie die Causa Jatta Signalwirkung nach außen. Der HSV, dem zuvor immer wieder nachgesagt wurde, dass er seinen nicht mehr erwünschten Spielern Dreck hinterherwerfe, wurde bundesweit plötzlich für seine solidarische Art und Fürsorge für seine Spieler wahrgenommen – und dafür sehr wohl anerkannt! Auch Vuskovic weiß das alles zu schätzen. Er sagt: „Ich will, dass der HSV am Ende sagt: Wir haben nicht ohne Grund an ihm festgehalten. Es ist jetzt nicht mehr bloß ein Verein, es ist eine Familie.“

Ob er einmal zu alter Stärke zurückfinden und an seinen alten Top-Marktwert von 6,5 Millionen Euro anknüpfen kann, kann niemand sicher vorhersagen. Vier Jahre ohne Wettkampf sind massiv. Es wird dauern, um wieder da zu sein, wo er mal war. Für Vuskovic selbst ist das aber das kleinere Problem. Er sehnt sich nach solchen Herausforderungen, zumal Fußball wie Fahrradfahren sei: „Das verlernt man nicht.“

Den Wettkampf allerdings schon. Den muss man nach vier Jahren Pause definitiv wieder erlernen. Aber: Das Interview klingt gut für mich – zumindest so gut, wie es aktuell sein kann. Dass er den Deal seinerzeit nicht angenommen hat, hat ihn zwei weitere Jahre Zwangspause gekostet – aber eben auch seine eigene Ehre gerettet, wie er sagt. Der HSV hat im Umgang mit Vuskovic alles richtig gemacht – in der personellen Bewertung seines Kaders leider nicht, aber darüber werde ich heute nicht noch einmal referieren. Ihr wisst, was ich meine…

Stattdessen werde ich noch mal kurz auf die aktuelle Lage zurückkommen, denn sie sieht derzeit gut aus. Heute war auch der Cheftrainer wieder gesund zurück. Noch nicht hundertprozentig fit – aber es ging ihm schon besser, nachdem er von Freitag bis Montag „komplett umgehauen mit Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen“ im Bett verbracht hatte, so Polzin, der heute auf Jean-Luc Dompé und Alexander Røssing-Lelesiit verzichten musste. Während Dompé wegen einer Erkältung pausierte, fuhr der Norweger zum Testspiel der norwegischen U19-Nationalmannschaft, die am Donnerstag gegen Spanien spielt.

Zwei erfreuliche Personalien im heutigen Training

Erfreulich war heute die Teilnahme des 18-jährigen Innenverteidigertalents aus dem eigenen Nachwuchs, Shafiq Nandja. Ebenfalls beim Aufwärmen wieder auf dem Platz war Immanuel Pherai, der anschließend ebenso wie Joel Agyekum und Matheo Raab individuell trainierte.

In diesem Sinne: Mir gefällt dieser HSV von heute, der sein Gesicht nach außen freundlicher gestaltet hat und der sportlich dabei ist, mit kleineren Brötchen (jüngstes Trainerteam) seinen Weg zu finden. Wohin dieser führt, dürfte sich nach den nächsten vier Partien gegen die Verfolger Paderborn, Düsseldorf, Magdeburg und Elversberg schon recht deutlich abzeichnen. Das Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern war hierfür ein erster guter Wink – und den gilt es für Polzin und Co. am Sonntag zu bestätigen. Wie das passieren soll, darüber sprechen wir hier morgen!

Bis dahin!

Scholle

Endlich folgen den Worten auch die entsprechenden Taten

Endlich folgen den Worten auch die entsprechenden Taten

Der Spieltag hätte für den HSV besser gar nicht laufen können. In vielerlei Hinsicht sogar. Denn tabellarisch hat man als einziges Top-7-Team dreifach gepunktet. Das ist schon eine Menge wert. Dazu kommt, dass man endlich einmal das Leistungsprinzip komplett durchgesetzt hat und damit den Erfolg hatte, der allen hierbei auf die Bank degradierten Spieler jegliche Grundlage für Kritik an der Aufstellung nahm. Und drittens: Keiner der degradierte Spieler muckte rum, ganz im Gegenteil! Insbesondere der fiel diskutierte Härtefall Sebastian Schonlau ging als Kapitän voran und demonstrierte, was es bedeutet, wenn der mannschaftliche Erfolg über den eigenen Interessen steht.

Einige fanden es übertrieben, dass ich Schonlau seine beste Saisonbewertung für das Bank-Dasein gegeben habe. Aber ich widerspreche all denen zu 100 Prozent, denn genau darauf wird es jetzt ankommen. Und genau das hat dem HSV in den letzten Jahren neben defensiver Stabilität entscheidend gefehlt! Jetzt wird das wichtig werden, was Merlin Polzin, Loic Favé und das gesamte Trainerteam offenbar besser hinbekommen als ihre Vorgänger bislang in der Zweiten Liga. Denn wer sich mal genau umsieht, genauer hinhört – und dann beides übereinanderlegt, der erkennt, dass hier den Worten Taten folgen. Teamplay ist kein Worthülse mehr. Schonlau war und ist hierfür ein Beispiel – und zum Glück nur eines von vielen. Davie Selkes Metamorphose vom extrovertierten Egoisten zum mannschaftsdienlichen Aggressive Leader und Toptorjäger, oder auch der Schulterschluss der Mannschaft mit dem jüngsten Trainerteam der HSV-Geschichte – es gibt noch einige Beispiele mehr.

Fakt ist, dass das junge Trainerteam aktuell einen sehr guten Zugriff aufs Team hat. Vor allem aber treffen sie sehr gute Entscheidungen und schaffen es, mit ihren Umstellungen sowas wie ein Leistungsprinzip zu vermitteln. Genauso wichtig: Sie schaffen es, mit ihren Wechseln in den Spielen das Spiel der eigenen Mannschaft besser zu machen. Zuletzt unter Walter war genau das Gegenteil der Fall. Ich hatte es bei der Inthronisierung Polzins und Favés geschrieben: Taktisch sind die beiden das Beste seit langem für den HSV. Und hierin sehe ich mich zum jetzigen Zeitpunkt bestätigt.

Entscheidend wird jetzt sein, dass Polzin und Co. diesen Zugriff und diese Wirkung konservieren können. Denn wie im Ligabetrieb gilt auch hier: Erfolg zu haben ist einfach, ihn zu bestätigen dafür umso schwerer. Die zehn Spiele ohne Niederlage sind eine gute Hausnummer. Darauf kann man aufbauen. Dass man aktuell stimmungsmäßig noch keinen Ausfall im Team hat, auch nicht selbstverständlich. Was mich aber persönlich optimistisch stimmt, ist die Tatsache, dass jetzt sogar einige wichtige Spieler wieder zurückkommen.

Die einen kommen aus Verletzungen, wie Fabio Baldé und vor allem demnächst auch Robert Glatzel. Aber es kommen eben auch einige aus Formtiefs wie beispielsweise Ludovit Reis, der sich mit der Kapitänsbinde um den Arm am vergangenen Freitag von Spielminute zu Spielminute steigerte. Viel Zeit auf seine Leistung verschwendete der Niederländer trotzdem nicht, sondern dachte sofort an das große Ganze: „Wir haben das Spiel gewonnen. Ich freue mich über meine Leistung. In der Kabine reden wir immer darüber, dass wir jedes Spiel 100 Prozent geben. Das hat man diesmal gesehen. Wir haben viel Qualität und sehr gut gezeigt, was wir wollen“, sagte Reis, der sich in dieser Form auch im nächsten Spiel am Sonntag in Paderborn in der Startelf wiederfinden dürfte. Angesprochen darauf sagte er nur: „Jeder kann spielen – das zeigt einfach, dass wir eine gute Mannschaft sind.“

Gut heißt allerdings noch lange nicht, dass es auch gut genug ist Und die Tabelle macht weiter deutlich, dass sich weder der HSV noch irgendein anderes Team zu früh zu sicher sein sollte. Vier Punkte Vorsprung sind es auf den ersten Nichtaufstiegsplatz vier. Und schon am Sonntag könnte Paderborn mit einem Heimsieg gegen den HSV bis auf einen Punkt herankommen. Und dann würden viele wieder beginnen, das so oft zitierte „HSV-Frühjahr“ herbeizurufen…

Was ich sagen will: Lob ist nach einem so stabilen Spiel wie gegen das bislang formstärkste Team vom FCK durchaus erlaubt. Festzuhalten ist, dass der HSV mit einer stabilen Defensive in der Lage ist, zwei gute Halbzeiten zu spielen.  Und das wiederum hat viel mit Vertrauen zu tun. Aktuell vertrauen beim HSV die meisten dem IV-Duo mit dem überraschend formstarken Denis Hadzikadunic und Überraschungs-Innenverteidiger Daniel Elfadli. Ich auch. Dennoch, bei allem bestehenden Vertrauen bleibe ich dabei, dass diese Konstellation ohne ein Backup auf identischem Niveau ein vermeidbares Risiko darstellt. Fällt einer aus, wird es wieder wackelig. Aber diesen Punkt habe ich zu oft schon thematisiert…

In diesem Sinne, genießt den Moment. Bis morgen.

Scholle