DFB-Pokalhalbfinale gegen Werder Bremen: HSV-Toptalent Lisa Baum freut sich auf das große Rampenlicht

DFB-Pokalhalbfinale gegen Werder Bremen: HSV-Toptalent Lisa Baum freut sich auf das große Rampenlicht

Jedes Spiel beginnt für Lisa Baum mit einer ganz persönlichen Geste. Die 18-jährige Offensivspielerin des HSV, eines der größten Talente im deutschen Frauenfußball, nimmt sich vor dem Anpfiff einen Moment Zeit und beschriftet ein Tape an ihrem Handgelenk – eine kleine Tradition, die ihr Kraft gibt. Ihre Botschaften entstehen spontan. „Ich schreibe darauf, was mich gerade bewegt. Manchmal ist es nur ein Wort wie ‚Mut‘. Oder ich widme es meinem Bruder, dann weiß ich, dass er bei mir ist“, erklärt sie. Ihr Bruder, der sie einst zum Fußball brachte, verunglückte 2022 bei einem Autounfall. Vor dem wohl wichtigsten Spiel ihrer bisherigen Karriere, dem DFB-Pokal-Halbfinale gegen Werder Bremen, sind ihre Gedanken an ihn präsenter denn je. „Ich bin mir sicher, dass er stolz auf mich wäre, wenn er das sehen könnte.“ Und ich bin mir sicher, das ist er, liebe Lisa. Grundsätzlich – aber auch im Speziellen.

Wenn Baum am Sonntag (Anpfiff 15.30 Uhr, live bei Sky) mit dem HSV im Volksparkstadion auf Werder Bremen trifft, wird sie Teil eines historischen Moments sein. Zum ersten Mal wird ein deutsches Frauenfußballspiel in einem ausverkauften Volksparkstadion stattfinden – 57.000 Fans (davon offenbar rund 8.000 aus Bremen) werden die Partie verfolgen. Der bisherige Zuschauerrekord von 44.808 beim Pokalfinale 2023 in Köln wird damit deutlich übertroffen.

HSV-Frauenfußball: Erst abgemeldet, jetzt eine Erfolgsgeschichte

Für die HSV-Frauen geht es nicht nur um den Einzug ins Endspiel, sondern auch um eine sportliche Machtdemonstration gegen den Bundesliga-Konkurrenten aus Bremen. Baum selbst versucht, die Nervosität noch in Grenzen zu halten. „Ich versuche, nicht zu viel daran zu denken“, sagt sie. Dennoch spüre sie, dass die Anspannung mit jedem Tag wächst. Schließlich sei es „total verrückt“, dass ihre Mannschaft, die sonst vor rund 500 Zuschauern spielt, plötzlich vor einer Kulisse aufläuft, die hundertmal größer ist. Und dass dieser Weg vor einigen Jahren noch als gänzlich ausgeschlossen galt, weiß auch sie.

Immerhin hatte der HSV seinerzeit unter der Verantwortung des Vorstandsvorsitzenden Carl Edgar Jarchow die Frauenmannschaft als Bundesligist abgemeldet, nachdem klar war, dass das Budget um 100.000 Euro verpasst würde. Eine Erzählweise, die Jarchow so nicht stehen lassen möchte. So sei der HSV seinerzeit nur knapp an der Insolvenz vorbeigeschrammt. Nach der Amtszeit von Bernd Hoffmann habe Jarchow nicht nur im Frauenfußball kürzen müssen, um den Verein vor der Zahlungsunfähigkeit zu retten. „Insofern mussten wir wirklich streichen und überall sparen.“ Der Frauenbereich habe einen Fehlbetrag von 200.000 bis 300.000 Euro vorzuweisen gehabt. „Dann hat die Abteilungsleitung Frauenfußball im Amateurvorstand des HSV beschlossen, die Liga für den Betrag, den wir ihnen zur Verfügung gestellt haben, nicht bespielen zu können.“

Es sei also keine Entscheidung der obersten Gremien gewesen. „Sie haben dann den Entschluss getroffen, die Frauen abzumelden. Nicht der Vorstand hat die Frauen abgemeldet. Das haben sie selbst gemacht. Das ist die ganze Geschichte“, so Jarchow, wissend, dass man mit einem unausreichenden Etat dieser Abteilung auch kaum eine Wahl gelassen hat. Mit Blick auf den heutigen Boom des Frauenfußballs in der Hansestadt erscheint die Abmeldung umso unwirklicher. „Man möge mir verzeihen, dass ich seinerzeit nicht abschätzen konnte, wie stark der Frauenfußball Jahre später wachsen würde.“

Große Partner ermöglichen den Aufschwung

Jemand, der diesen Boom maßgeblich mit unterstützt hat und auch weiterhin sehr aktiv begleitet, ist der aktuelle Hauptsponsor des HSV, die HanseMerkur. Das Hamburger Versicherungsunternehmen hatte sich zum Start seines Engagements im Jahr 2018 vor allem dem Nachwuchs-/Familienbereich verschrieben und sich als Exklusivpartner des Familienblocks darum gekümmert, Jugendlichen den Zugang zum Stadion zu erleichtern und mit Autogrammstunden zum Erlebnis zu machen. Kurz darauf folgten die Engagements bei den Profis – und eben auch direkt bei den Frauen des HSV. „Es war seinerzeit eine ganz bewusste Entscheidung, den Fußball beim HSV zu unterstützen“, erinnert sich Eric Bussert, Holdingvorstand für Vertrieb und Marketing bei der HanseMerkur, zurück. Dass daraus bei den Frauen eine derartige Erfolgsgeschichte würde, war zu Beginn der Kooperation definitiv nicht zu erwarten. Umso mehr freue er sich heute „für die Mannschaft, das Trainerteam sowie den gesamten HSV-Fußball über diesen großartigen Erfolg. Die Unterstützung der Frauenmannschaft als Trikotsponsor war und ist für uns eine Herzensangelegenheit“.

Warum ich diese Geschichte erzähle? Ganz einfach: Weil es genau diese Geschichten sind, die anderen Personen und Unternehmen als Vorbild dienen können. Und zwar denen, die sich nicht trauen, auch mal selbstlos in Sparten zu investieren, die nicht sofort das größte Aufsehen erregen, die nicht sofort auf allen Titelblättern erscheinen. Dass hier vor einiger Zeit der HanseMerkur und eben jenem Bussert von einigen Anteilseignern der HSV Fußball AG ein grundsätzlicher Mehrwert für den HSV abgesprochen wurde, als es darum ging, Anteile an der AG zu übernehmen – es verleiht dieser Erfolgsgeschichte eine besondere Note. Denn, Spoiler: Am Ende setzt sich das Gute durch.

Zumindest in diesem speziellen Fall. Die HanseMerkur ist inzwischen Anteilseigner. Neben dem ununterbrochenen Engagement im Nachwuchs- und Frauenfußball agiert das Versicherungsunternehmen auch langfristig als Hauptsponsor der Profimannschaft. Ebenso bei den Frauen, die nun im DFB-Pokal Geschichte schreiben, während sie in der Liga weiter um den Aufstieg kämpfen, den auch die Profis vor Augen haben. Weder die HanseMerkur noch Bussert haben die teilweise persönlichen Angriffe an sich herangelassen. Im Gegenteil: Inzwischen konnte Bussert beim wiederholten Versuch seitens des HSV sogar davon überzeugt werden, sich dem neuen Aufsichtsrat anzuschließen.

Entsprechend diplomatisch umschifft der frisch ernannte Funktionsträger dann auch diesen Bereich meiner Frage und lenkt das Augenmerk auf das, was kommt. „Unser Ziel war es von Anfang an, Strukturen zu fördern, die langfristige Entwicklung ermöglichen. Wir freuen uns umso mehr über diese bis hierhin schon absolut einzigartig schöne, gemeinsame Reise. Und ich bin mir sicher, dass wir mit dem HSV-Fußball noch lange nicht am Ende dieser schönen Reise sind.“

Historisches Spiel als Karrierechance?

Gleiches gilt selbstverständlich auch für Baum. Auch sie hat sicherlich noch sehr viel mehr tolle Erfolge und Erlebnisse vor als hinter sich. Zumindest wünsche n ich ihr das. Dass dafür auf den Tribünen auch Scouts sitzen, die jede Aktion der U19-Nationalspielerin genau beobachten, ist kein Geheimnis. Sie gilt als technisch herausragende Offensivkraft, die mit ihrem starken linken Fuß stets den direkten Abschluss sucht. HSV-Frauenfußball-Koordinatorin Saskia Breuer beschreibt sie als „Instinkt-Fußballerin“, deren Dribblings und fließende Bewegungen außergewöhnlich sind. „Das ist ein Talent, das man nicht lernen kann. Sie bringt alles mit, um eine Führungsspielerin auf höchstem Niveau zu werden.“

Und genau das will sie auch werden. Dafür musste sie früh Verzicht üben. Während Gleichaltrige noch über ihre Zukunft nachdenken, lebt Baum längst den Alltag einer Spitzensportlerin. Bereits mit 17 stand sie bei der U20-Weltmeisterschaft in Kolumbien auf dem Platz. Zudem hat sie einen Sponsorenvertrag mit Nike – ein weiterer Hinweis auf ihr großes Potenzial. Trotz der wachsenden Aufmerksamkeit bleibt sie entspannt. „Wenn man in der U-Nationalmannschaft spielt, weiß man, dass man zu den Besten seines Jahrgangs gehört“, sagt sie selbstbewusst. Ihr außergewöhnlicher Karriereweg hatte sie dabei schon früh auf Entbehrungen vorbereitet. „Man verzichtet natürlich auf vieles, wenn man so viel Sport treibt. Aber ehrlich gesagt, interessieren mich die meisten Dinge, die andere in meinem Alter machen, gar nicht.“

Lisa Baum – das Toptalent des HSV steht vor dem großen Sprung

Geboren in Tansania als Tochter eines deutschen Vaters, wuchs Baum zunächst mit der Landessprache Suaheli auf, bevor sie mit vier Jahren nach Deutschland zog. In der schleswig-holsteinischen Kleinstadt Ahrensbök begann sie gemeinsam mit ihrem Bruder mit dem Fußball – der HSV entdeckte sie und holte sie 2022 in die U17. Heute lebt sie mit drei Mitspielerinnen in einer WG, nur wenige Schritte vom Trainingsplatz entfernt. Die Frage ist allerdings, wie lange das noch so sein wird. Baum wird von der ehemaligen Nationalspielerin Lena Goeßling beraten, die für die Agentur Sports360 arbeitet – jene Agentur, bei der auch Toni Kroos einst unter Vertrag stand und in der er heute als Gesellschafter mitwirkt.

„Lisa weiß genau, dass ihr viele Türen offenstehen“, sagte Goeßling kürzlich meinen Kollegen vom Hamburger Abendblatt. Baums Traumklub ist der FC Barcelona, aber auch die Premier League mit Teams wie Liverpool oder Manchester City fasziniert sie. Zunächst aber will sie mit dem HSV ins Pokalfinale einziehen. Und auch am Sonntag wird sie ihr Ritual beibehalten: eine Botschaft auf ihrem Handgelenk, die sie daran erinnert, wofür sie spielt. Doch wie lange wird sie das noch im HSV-Trikot tun? Für Lisa Baum ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie den nächsten Schritt macht. „Das ist mein großes Ziel“, sagt sie entschlossen.

Und ich wünsche Ihr ebenso wie allen Teamkameradinnen sowie dem Trainerteam und dem HSV maximalen Spaß und Erfolg am Sonntag gegen Werder. Ich werde mir das Spiel live vor Ort anschauen und die HSV-Frauen mit meinem bescheidenen Mitteln unterstützen. Seid Ihr auch dabei?

Lg
Scholle

P.S.: Anbei noch ein Livestream für alle, die kein Sky-Abo haben: https://www.zdf.de/kurzfassungen/frauen-fussball-livestream-highlights-zusammenfassung-ergebnisse-100

Ladies first – jetzt sind die HSV-Fußball-Frauen dran!

Ladies first – jetzt sind die HSV-Fußball-Frauen dran!

So, um hier mal ein wenig Aufregung zu nehmen und wieder normal zu diskutieren: Wer mir allen Ernstes nachsagen will, ich würde zu früh den Aufstieg feiern oder gar das bundesweit arrogante Image des HSV aufpolieren, den kann ich schnell widerlegen. Und das mache ich gern. Im vorletzten Blog schrieb ich:

Je näher der erhoffte Aufstieg des HSV rückt, desto häufiger bekomme ich die Frage gestellt, wen ich vom aktuellen Team mit in die Erste Liga nehmen würde. Und diese Frage ist grundsätzlich gar nicht so einfach, weil man dabei sehr viele Faktoren mit einbeziehen muss. Einerseits den sportlich-qualitativen Bereich, andererseits die Machbarkeit. Soll heißen: Um wirklich in der Ersten Liga Fuß zu fassen, müsste sich der HSV zweifellos auf einigen Positionen verstärken…

Mit keinem Wort schreibe ich hier, dass der HSV aufgestiegen und die Saison durch ist. Der Aufstieg kann bis zum letzten Spieltag immer näherrücken – und selbst dann noch verspielt werden. Aber wem sage ich das…?! An den letzten Spieltag in Sandhausen erinnern wir uns unwahrscheinlich alle noch, oder? Deshalb ist hier alles im Konjunktiv gefasst und beschreibt zudem nur einen Umstand, der mir gegenüber von Mitmenschen ausgelöst wird: Ich werde gefragt. Im weiteren Verlauf schreibe ich zudem, dass die schwierige Phase des HSV weniger die Topspiele waren, sondern die Phase, die jetzt ansteht. Ich warne also vor zu früher Zufriedenheit, ohne dass ich dem Trainerteam hier so etwas zutrauen würde…

Ein historisches Nordduell – und eine große Bühne für den Frauenfußball

Zufrieden sein könnten bis hierhin die HSV-Frauen, die sowohl in der laufenden Saison als auch im DFB-Pokal überperformen. Dass hier alle mehr wollen – logisch. Insbesondere am Sonntag, wenn es im DFB-Pokal-Halbfinale im Volksparkstadion zu einem geschichtsträchtigen Duell mit dem großen Nordrivalen SV Werder Bremen kommt. Ein Rekordspiel wie dieses gab es in der langen gemeinsamen Historie beider Vereine noch nie. 57.000 Zuschauer im seit Wochen ausverkauften Volksparkstadion bedeuten die größte Kulisse, die es jemals auf Vereinsebene im deutschen Frauenfußball gab.

„Wir haben sehr auf die Auslosung hingefiebert, Werder war unser absoluter Wunsch. Es hätten sogar weit mehr Tickets verkauft werden können“, sagte HSV-Vorstand Eric Huwer in einem Interview der Süddeutschen Zeitung (Freitagausgabe). „Die Nachricht ging tatsächlich um die Welt. Genau das braucht der Frauenfußball, um die nächsten Schritte machen zu können.“

Der Weltrekord entstand in Barcelona

Zur weltweiten Einordnung sei gesagt: 2011 gab es bereits das Eröffnungsspiel der Frauen-WM zwischen Deutschland und Kanada vor 73.680 Zuschauern in Berlin. Der Weltrekord im Frauenfußball liegt sogar bei 91.648 Fans – aufgestellt im Champions-League-Halbfinale 2022 zwischen dem FC Barcelona und dem VfL Wolfsburg. Aber das Vereinsspiel mit den meisten Zuschauern in Deutschland ist bislang noch das DFB-Pokal-Finale 2024 in Köln (44.808). Diese Bestmarke übertrifft das Nordderby am Sonntag deutlich.

Rivalität mit Respekt – ein Derby ohne Hass

Seit Jahrzehnten steht das Nordduell für Rivalität, Spektakel – und manchmal auch unerfreuliche Begleiterscheinungen. Doch die Frauen-Teams von HSV und Werder setzen auf eine andere Atmosphäre. Sie wollen am Sonntag zeigen, dass man diese Rivalität auch ohne den Hass und die großen Sicherheitsvorkehrungen ausleben kann, die die Männer-Derbys immer umgeben. „Ich glaube, im Frauenfußball spielt das keine so große Rolle. Das ist ein bisschen familiärer“, sagte die Werder-Spielerin Larissa Mühlhaus. „Falls jemand schon mal bei unseren Spielen dabei war: Da kommen Familien und Freunde und alle können tragen, was sie wollen. Es geht einfach um den Fußball. Ich bin gespannt auf die Stimmung am Sonntag – ob das so sein wird wie bei den Männern oder anders.“

Interessant ist hierbei auch die Geschichte der Werder-Akteurin: Vor 22 Jahren in Hamburg geboren, ausgebildet beim FC St. Pauli und beim HSV, wechselte sie vor dieser Saison nach Bremen, um in der Ersten Bundesliga spielen zu können. Denn die Hamburgerinnen sind allen Pokal-Erfolgen zum Trotz immer noch ein Zweitliga-Team.

Vom Kindergeburtstag zum großen Auftritt

Im Volksparkstadion zu spielen, war immer ein Traum von ihr. „Es bedeutet mir unglaublich viel“, sagte Mühlhaus. Sie habe dort mal ihren „elften oder zwölften“ Geburtstag gefeiert, den sie von ihrer Familie geschenkt bekommen hatte. „Damals durfte ich mit meinen Freunden eine Stadiontour machen – jetzt spiele ich dort selbst und meine Familie und meine Freunde kommen zugucken. Das ist gar nicht in Worte zu beschreiben.“ Der Gedanke daran bereite ihr eine Gänsehaut.

Wenn man ehrlich ist, muss man anerkennen, dass der Erstligist aus Bremen am Sonntag der sportliche Favorit ist. Doch der HSV darf sich auf eine noch nie dagewesene Unterstützung der Fans freuen, die das Team über alle Grenzen hinaus pushen könnte. So, wie es im Pokal schon sehr oft passiert ist.

In diesem Sinne, bis morgen!
Scholle

Glatzel glücklich über Tor-Comeback – der HSV testet erfolgreich

Glatzel glücklich über Tor-Comeback – der HSV testet erfolgreich

Okay, ein Regionalligist sollte auch geschlagen werden, wenn man als Zweitligist viel durchwechselt. Mit 3:0 wurde dementsprechend auch der Regionalligist Phönix Lübeck besiegt. „Es war genau das, was wir uns erhofft und geplant hatten. Das heißt: Wir mussten im Pressingverhalten unsere Abläufe so umsetzen, wie wir es gewohnt sind. Es war ein Gegner, der aktiv verteidigt und sich nicht nur hinten reinstellt. Es ist alles sehr gut aufgegangen – auch was die Spielzeiten der einzelnen Jungs angeht“, zeigte sich Trainer Merlin Polzin nach Schlusspfiff sehr zufrieden.

Dennoch war das Pressingverhalten heute nicht das Wichtigste. Vielmehr ging es darum, den Spielern Spielpraxis zu geben, die zuletzt wenig oder gar nicht zum Einsatz gekommen waren – so wie Robert Glatzel. Der Angreifer, der nach seiner fünfmonatigen Pause schon am vergangenen Wochenende in der Schlussphase in Magdeburg eingewechselt worden war, feierte heute auch gleich sein Tor-Comeback für den HSV. Der 31-jährige Torjäger traf beim 3:0 (1:0)-Erfolg in der 16. Spielminute per Foulelfmeter zur Führung, den er zuvor selbst gekonnt gegen Phönix-Torwart Mika Schneider herausgeholt hatte. „Ich bin sehr glücklich und zufrieden“, ließ er danach wissen. Die weiteren Tore gegen den Viertligisten aus Lübeck erzielten der zur zweiten Halbzeit für Glatzel eingewechselte Davie Selke (53.) und Marco Richter (71.) nach einem Patzer des zweiten Gäste-Keepers Carl Leonhard.

Glatzel sieht sein Tor-Comeback als gutes Omen

Für HSV-Trainer Merlin Polzin war es gut zu sehen, dass Glatzel weiter wichtige Fortschritte macht. Dabei war vor dem Spiel noch unklar, ob er eine Halbzeit oder 60 Minuten spielen würde. Am Ende wurden es 45 Minuten, weil Glatzel selbst signalisierte, dass es reichte. „Er hat angezeigt, dass er platt war“, erklärte Polzin, der aber dennoch 45 überzeugende Minuten seines Topstürmers gesehen haben dürfte. Dass Glatzel den Elfer schießen würde, sei für ihn „selbstverständlich“ gewesen, verriet er gegenüber meinem Mopo-Kollegen nach dem Spiel. Dass er ihn zudem verwandelte, nahm er als gutes Omen – immerhin hatte er sich seine Horrorverletzung Ende 2024 in einem Testspiel zugezogen, kurz nachdem er einen Elfmeter verschossen hatte. Glatzel: „Es ist verrückt. Damals hatte ich auch einen Elfer, habe ihn dann verschossen und musste ein paar Minuten später verletzt raus.“ Dass er nun traf, sei „Ironie des Schicksals – so schließt sich der Kreis“.

Der Kreis war heute eine runde Sache, die glücklicherweise ohne schlimmere Verletzungen blieb. „Ich habe Minuten und Fitness gesammelt, ein paar gute Aktionen gehabt und ein Tor gemacht – das hätte ich vorher so unterschrieben. Und insgesamt sind ja alle fit und gesund geblieben. Es war ein schöner Tag!“, freute sich Glatzel. Während man ihm diese Hochgefühle gönnt, bleibt Polzin wie immer sachlich und ruhig: „Wir müssen nicht darüber diskutieren, ob Bobby weiß, wo das Tor steht. Wenn er im Strafraum an den Ball kommt, ist er halt drin. Darauf werden wir noch oft zugreifen können – und müssen.“

Ebenso auf Fabio Baldé, der heute auf der Außenbahn Vollgas gab und mir erneut bestätigte, dass er das fußballerische Double von Neuzugang Adedire Mebude ist. Oder nein, andersherum wird ein Schuh draus: Mebude ist der zweite Baldé, denn der Hamburger Jung ist schon länger hier. Und sportlich gefällt mir Baldé aktuell sogar noch besser als der Schotte, dessen Verpflichtung – ebenso wie die der anderen beiden Youngster Aboubaka Soumahoro (verletzt) und Alexander Røssing-Lelesiit (der physisch noch zu schwach ist und erst eine Weile Aufbautraining braucht, um eine echte Alternative zu werden) – bislang sehr unglücklich verlaufen ist. Aber zu diesen drei Transfers werde ich in den nächsten Tagen noch ausführlicher kommen. Heute überwiegt die Freude über die positive Entwicklung derer, die seit Saisonbeginn (und länger) dabei sind. Vor allem Glatzels gesunder, selbstbewusster und beweglicher Auftritt war sehr ansprechend.

Das Spiel gegen SV Elversberg wird ein harter Prüfstein

Gegen die SV Elversberg wird der HSV alles an Offensivkraft brauchen, was er bieten kann – davon bin ich überzeugt. Und auch Mats sieht es in unserem heutigen Analyse-Talk sehr ähnlich. Die SVE ist taktisch äußerst diszipliniert und agiert insbesondere gegen stärkere Gegner, die das Spiel machen, oft sehr effizient. Hinten dicht, und dann über den Top-Spielmacher Muhammed Damar sowie Fisnik Asllani, die beide für kleines Geld aus Hoffenheim kamen, schnelle Gegenstöße setzen – genau das, was dem HSV in den letzten Jahren am meisten wehgetan hat.

Die Frage ist nur, inwieweit es diese Saison noch schmerzen wird. Gegen Magdeburg stand der HSV defensiv sehr stabil, zuvor gegen Düsseldorf ebenso. Dank eines sehr umsichtigen Daniel Elfadli in der Innenverteidigung – und dank eines immer stärker und vor allem stabiler werdenden Dennis Hadzikadunic. Auf den Außenverteidigerpositionen ist man für die Offensivbewegung gut aufgestellt, defensiv gibt es hier aber sicher noch Luft nach oben. Dennoch – und auch das zeichnet das Trainerteam aus – hat man es bislang sehr gut hinbekommen, dem Gegner nur selten diese Schwachstellen aufzuzeigen. Diesmal wird es das Zentrum der SVE sein, auf das der HSV besonders gut aufpassen muss. Deshalb bleibt zu hoffen, dass Jonas Meffert seine muskulären Probleme bis dahin auskuriert hat. Und ich bin mir sicher: Inzwischen hoffen das hier im Blog auch viele von denen, die Meffert bis vor Kurzem noch verflucht haben – oder etwa nicht?!

In diesem Sinne: Euch allen einen schönen Abend und viel Spaß mit dem neuen Analysetalk mit Profi-Analyst Mats Beckmann von createfootball.com. Und für alle, die uns auf YouTube oder hier noch nicht abonniert haben – macht es bitte! Das soll ich übrigens jetzt in jeder Sendung sagen, wie mir echte YouTube- und Social-Media-Profis gerade mit aller Wucht eingehämmert haben. Immerhin ist der größte Teil unserer Zuschauer und Zuschauerinnen immer noch ohne Abo unterwegs – und das kostet nicht mal was … Also: Bitte einmal kurz anklicken und abonnieren – das hilft uns sehr!

Bis morgen!
Scholle

Polzins Stürmeransage, Schonlaus wichtige Impulse – und wann/warum man Spieler „volley“ nimmt…

Polzins Stürmeransage, Schonlaus wichtige Impulse – und wann/warum man Spieler „volley“ nimmt…

Je näher der erhoffte Aufstieg des HSV rückt, desto häufiger bekomme ich die Frage gestellt, wen ich vom aktuellen Team mit in die Erste Liga nehmen würde. Und diese Frage ist grundsätzlich gar nicht so einfach, weil man dabei sehr viele Faktoren mit einbeziehen muss. Einerseits den sportlich-qualitativen Bereich, andererseits die Machbarkeit. Soll heißen: Um wirklich in der Ersten Liga Fuß zu fassen, müsste sich der HSV zweifellos auf einigen Positionen verstärken. Einfacher ist dabei die Frage, wo sich der HSV nicht verstärken müsste: Im Tor würde ich auf Heuer Fernandes und Raab vertrauen, während ich im Angriff wenig Probleme hätte, wenn die aktuelle Mittelstürmerriege erhalten bliebe.

Warum man seine Kollegen Volley nimmt, Wie Polzin spielen lassen sollte – alles das sehr/hört Ihr hier!

Fakt ist allemal, dass Trainer Merlin Polzin auf Zweitligaebene auf ein absolutes Überangebot von Toptorjägern zurückgreifen kann. Und darüber freut er sich völlig zu Recht. „Ist das nicht geil?“, fragt er rhetorisch. Alle drei würden treffen und alle drei gäben Vollgas, so der HSV-Trainer, der aber nicht gewillt ist, sein System zu ändern, um mehr als einen der drei spielen zu lassen. Polzin bei meinen Kollegen der BILD: „Es gibt aktuell keinen Grund, das System zu ändern. Wenn du aber drei Stürmer hast mit so viel Qualität, dann macht es in gewissen Phasen sicherlich Sinn, diese hereinzubringen. Wir brauchen die unterschiedlichen Qualitäten, wie sie zum Beispiel Ransford Königsdörffer in Magdeburg gezeigt hat. Aber auch Davies‘ Präsenz oder Bobbys Qualität im letzten Drittel. Wir wissen, dass niemand herummeckert, wenn wir uns entscheiden. Wir haben ordentlich Qualität im Kader, die wir nachlegen können. Das macht auch etwas mit dem Gegner, wenn er sieht, dass zum Beispiel Glatzel ins Spiel kommt.“

Die SV Elversberg wird den HSV fordern – aber der ist gewappnet

In zwei Wochen wird es schwer, wenn die SV Elversberg in den Volkspark kommt. Eine taktisch extrem stabile Mannschaft, die gegen spielstarke Teams ihre Stärken am besten ausspielen kann. Das bekam der HSV bei der Pleite in Elversberg zu spüren, als man mit 2:4 verlor (obendrein gab es Rot für Meffert in der 84. Minute). Und auch jetzt wissen Polzin und sein Trainerteam genau, was auf sie zukommt. Vor allem aber wissen sie, dass sie sich auf ihre Angreifer verlassen können. Fällt einer aus, kommt der andere – und knüpft nahtlos an. So wie Königsdörffer in Magdeburg den gesperrten Selke ersetzte. „Wir können uns auf ihn zu 100 Prozent verlassen. Er besitzt viele Qualitäten, die unserem Spiel guttun“, sagte HSV-Trainer Polzin über den 23-Jährigen. „Ich freue mich sehr, dass wir so viel Offensivpower haben.“

Und das Beste an der Auflistung dieser drei Topstürmer: Mit Otto Stange (zwei Saisontore) hat der HSV noch ein 18 Jahre junges Talent hintendran. „Die Jungs strotzen vor Selbstvertrauen“, so Polzin.

Spannend wird, wie Polzin gegen Elversberg beginnt. Mit Selke in der Sturmmitte und Königsdörffer neben Glatzel und Stange auf der Bank? Angesichts der konsequenten Haltung Polzins wäre es zumindest denkbar, da Glatzel vor seiner Sperre so gut funktionierte, dass er sich seinen Stammplatz verdient hat. „Ich würde mit Königsdörffer auf der Außenbahn beginnen“, schlägt Ex-HSV-Profi Stefan Schnoor heute in der Spieltagsanalyse vor, wissend, dass der junge Ghanaer dort zuletzt nicht optimal performen konnte – anders als im Sturmzentrum.

Der gelobte Königsdörffer war in jedem Fall auch selbst zufrieden mit sich in Magdeburg. „Ich wusste, dass ich die Chance habe, alles zu zeigen, und genau das wollte ich nutzen. Das Spiel hat heute perfekt zu mir gepasst, und ich konnte die Räume gut nutzen“, so Königsdörffer, der damit genau das anspricht, was viele sehen: Am besten funktioniert der ghanaische Nationalspieler, wenn er Raum hat und seine Schnelligkeit samt seiner Robustheit ausspielen kann – siehe das 1:0 und das 2:0 in Magdeburg.

Glatzel und Schonalu als Beispiel dafür, wie ein Team funktioniert

Und dann ist da noch Robert Glatzel, der voraussichtlich erst hinter Selke und Königsdörffer ins Spiel kommen dürfte. Dass er wieder dabei ist, sorgte bei dem 31-Jährigen nach fünf Monaten Pause (Sehnenriss) für neue Glücksgefühle, wie er selbst sagte: „Es war für mich besonders, wieder dabei zu sein. Mit der Mannschaft in der Kabine zusammen zu sein, nach dem Spiel mit den Fans zu feiern, dazu dann noch die Fans, die bei der Einwechslung meinen Namen gerufen haben – das war sehr emotional“, sagte Glatzel, der genau das macht, was diese Mannschaft aktuell auszeichnet: Er stellt sein eigenes Wohl hinter das der Mannschaft. „Am wichtigsten sei aber, dass die Mannschaft stark gespielt habe.“ Glatzel: „Über den Sieg und vor allem über die tolle Leistung von Ransi freue ich mich am meisten.“

Glatzel ist eines der Beispiele für den Teamgeist und das Leistungsdenken, das den HSV aktuell auszeichnet. Sebastian Schonlau ist das andere, das wie eine Blaupause gelten dürfte, immerhin traf es mit ihm den Kapitän. Und er verhält sich intern trotzdem wie ein Führungsspieler, sagt Polzin gegenüber der BILD. „Wir betonen es intern sehr häufig: Ohne Baschos Verhalten jetzt gerade wäre es gar nicht möglich, was wir aktuell für Ergebnisse holen und welche Leistungen wir zeigen. Er geht als Führungsspieler voran, er hat die Jungs im Griff und die anderen Führungsspieler hinter sich“, lobt Polzin. Und: „Er macht die Spieler vor dem Spiel heiß. Er ist lautstark, voll dabei. Da ist nicht zu spüren, ob er von Anfang an spielt oder auf der Bank sitzt.“

Das Beste: Mit welchem Recht sollte irgendwer sonst rumnölen, wenn sich der aussortierte Kapitän so verhält? Richtig: Geht nicht. Wie man solche Probleme in einer funktionierenden Mannschaft lösen würde? Schnoor erinnert sich im Talk an seine Zeit, in der er selbst als Führungsspieler voranging: „Wenn einer nicht funktioniert hat, hat man ihn zur Seite genommen und gesagt, dass sein Verhalten gerade so nicht passt. Und wenn er dann immer noch nicht gehört hat, dann hat man ihn eben mal volley genommen.“ Tja, so einfach kann Fußball sein…!

In diesem Sinne, benehmt euch, lasst euch nicht volley nehmen und bleibt gesund! Ich wünsche euch auf jeden Fall einen schönen Start in die Woche!

Scholle

Es stimmt beim HSV schon sehr viel – mehr als in den letzten Jahren

Es stimmt beim HSV schon sehr viel – mehr als in den letzten Jahren

Der Tag nach dem Sieg beim 1. FC Magdeburg fühlt sich gut an – vor allem, weil dieser Sieg eine Bestätigung dessen war, was man seit Rückrundenbeginn immer dachte, sich aber nicht traute, zu laut zu sagen. Mit 20 Punkten ist der HSV die beste Rückrundenmannschaft. Und die Fünfer-Topspielreihe haben Merlin Polzin und seine Mannen mit drei Siegen und einer Niederlage bislang stark gemeistert. Dass man jetzt zwei Wochen Pause hat, sieht man beim HSV sicherlich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits würde man diesen Lauf gern weiterführen, andererseits hat man nun Zeit, um Topstürmer Robert Glatzel näher an die notwendigen 100 Prozent Matchfitness heranzuführen. Zudem können alle anderen angeschlagenen Spieler auskuriert werden – allen voran Jonas Meffert, für den ich nicht nur einmal bei euch geworben habe und der aktuell beweist, wie wichtig er für diese Mannschaft ist.

Meffert wurde in Magdeburg aufgrund eines Schlags aufs Knie ausgewechselt, konnte aber heute schon wieder das Auslauftraining absolvieren und Fahrrad fahren. Wirklich Sorgen muss man sich um ihn also eher nicht. „Meffo hatte im ersten Moment das Gefühl, dass er das Pressing nicht mehr so gestalten konnte, wie es heute nötig gewesen wäre“, berichtete Polzin gestern noch auf der Pressekonferenz. „Deswegen haben wir ihn dann rausgenommen.“ Eine Vorsichtsmaßnahme, wie sich heute zeigte.

Gegen Magdeburg musste der defensive Mittelfeldspieler ohnehin nur aus einem Spiel ausgewechselt werden, das für ihn weniger intensiv war als die allermeisten zuvor. Das wiederum lag an seinen Mitspielern, die ihm einen Großteil seiner Arbeit abnahmen – allen voran die drei Top-Defensiven der letzten Wochen: das Innenverteidiger-Duo Elfadli/Hadzikadunic und der zentrale Mittelfeldspieler Ludovit Reis, der mit einem seiner vielen schlauen Ballgewinne auch das 1:0 – und damit den Sieg – einleitete. Der Niederländer ist auf einem sehr guten Weg, wieder der Faktor zu werden, der er vor seiner langen Verletzungspause war. Auch das ist ein Indiz dafür, dass dieses Jahr alles anders laufen könnte als in den vergangenen sechs Saisons in der zweiten Liga.

Aktuell stimmt nicht alles, aber schon sehr viel – mehr als in den letzten Jahren

Es ist sicher noch nicht alles perfekt beim HSV – aber aktuell stimmt vieles. Vor allem die Tendenzen zeigen nach oben: angefangen mit der Formkurve von Reis, über die stabilisierte Defensive bis hin zum Teamspirit und einem Trainerteam, das nicht über populistische Aktionen versucht, Profil zu gewinnen, sondern über Inhalte überzeugt.

Ich hatte es bei Polzins Amtsantritt geschrieben: Dieses junge Trainerteam hat inhaltlich mehr Ideen und taktische Finesse als alle erfahreneren, alten Haudegen zuvor zusammen. Und Polzin macht weiterhin alles richtig. Er verändert sich nicht in seiner Außendarstellung, sondern bleibt so sachlich wie immer. Einige hatten das als „farblos“ oder auch „blutleer“ bezeichnet – ich nenne es weiterhin professionell und erfolgsorientiert. Vor allem lassen sich Polzin und sein Trainerteam nie dazu hinreißen, zu euphorisch zu wirken oder Siege als selbstverständlich zu verbuchen. Im Gegenteil.

Ist euch mal aufgefallen, dass Polzin der erste HSV-Trainer seit Langem ist, der auf Pressekonferenzen und in Presserunden tatsächlich inhaltlich auf die Fragen eingeht? Tim Walter hatte stereotype Plattitüden („Wir bleiben bei uns“, „Wir ziehen unser Ding durch“, „Die Leute kommen wegen unseres Fußballs ins Stadion“ o. Ä.) parat, während Baumgart stets versuchte, die Ahnungslosigkeit der Fragenden herauszustellen und sich dabei vor allem selbst in Szene setzte.

Polzin und Team bieten, was Trainer bieten können müssen: Lösungen

Bitte nicht falsch verstehen: Baumgart ist an sich kein falscher Typ, glaube ich. Er hatte hier auch einen schweren Start, weil er wusste, dass die sportliche Leitung ihn gar nicht wollte, sondern auf Druck reagierte. Ich glaube zudem, dass er vom Typ her ein absoluter Teamplayer ist und eine Mannschaft persönlich für sich begeistern kann. Aber ihm fehlten einfach Inhalte – und vor allem Lösungen. Und genau das unterscheidet gute Trainer von weniger guten.

Diese Lösungen bieten Polzin, Favé und Co. immer wieder an – und die Mannschaft hat schnell gemerkt, dass das junge Trainerteam nicht nur enthusiastisch und akribisch fleißig ist, sondern auch genau weiß, worauf es ankommt. Es werden taktische Kniffe eingebaut, die greifen. Es wird in Spielen auf Spielverläufe mit Umstellungen reagiert, anstatt stur zu behaupten, man müsse nur sein eigenes Ding durchziehen. Oder anders formuliert: Polzin und Co. reden nicht zu viel in der Öffentlichkeit, sie kümmern sich auch herzlich wenig darum, wie sie persönlich wahrgenommen werden, und bleiben authentisch. Stattdessen sind sie selbstbewusst und überzeugt – vor allem aber überzeugen sie die Mannschaft mit Lösungen und Konsequenz (Schonlau auf die Bank, Glatzel nicht im erstbesten Moment reinwerfen, auch Leistungsträger wie Dompé auf die Bank setzen, weil sie zu spät kamen etc.), die Erfolge bringen. Vor allem schrecken sie nicht davor zurück, ihre eigenen Einschätzungen und Ideen zu korrigieren – und stärken so nachhaltig das Vertrauen der Mannschaft in ihre Trainer.

Dass der HSV bzw. dessen sportliche Führung zunächst andere Kandidaten hatte und beispielsweise einen Kwasniok für viel Geld vom SC Paderborn loseisen wollte, ist legitim. Aber es ist ein Stück weit bezeichnend für das, was ich mit „die Tendenzen stimmen“ meinte, dass man hier zu seinem eigenen Glück gezwungen wurde. Ähnlich wie gestern in Magdeburg, wo Davie Selke gesperrt ausfiel und Ransford Yeboah Königsdörffer in ein Spiel reingenommen „werden musste“, das ihm wie auf den Leib geschnitten war. Dass der Angreifer dieses Spiel dann in so imposanter Manier nutzte – es war mit weitem Abstand seine beste Leistung, die ich von ihm beim HSV je gesehen habe –, umso besser!

Es passt einfach zu dem, wie der HSV aktuell nach außen wirkt: stabil, mit einer stetig steigenden Formkurve – wie die von Ludovit Reis, Königsdörffer und der gesamten Mannschaft.

In diesem Sinne: Im nächsten Blog gehe ich auf die „Offensiv-Problematik“ ein, der sich das Trainerteam nun nach der Rückkehr von Glatzel, dessen abgesessener Sperre, dem Gala-Auftritt Königsdörffers sowie der zuletzt erfolgreichen Jokerrolle von Youngster Otto Stange im nächsten Heimspiel gegen den SV Elversberg stellen muss.

Und da lege ich mich jetzt schon fest: Das Trainerteam wird auch das überzeugend hinbekommen.

Der HSV demonstriert Stärke – 3:0 in Magdeburg mit einem überragenden Königsdörffer

Der HSV demonstriert Stärke – 3:0 in Magdeburg mit einem überragenden Königsdörffer

Zu diesem Spiel sage ich nur eines: Das war ein echtes, sehr imponierendes Statement a den Rest in der Liga. Und es war eine absolut souveräne Bestätigung des sehr guten Spiels in der Vorwoche zuhause gegen Fortuna Düsseldorf. Dieser 3:0-Sieg, der auf den ersten Blick den Namen Ransford Yeboah Königsdörffer trägt, war hochverdient, weil taktisch eine glatte eins! Dass man sich vom FCM auf sieben Punkte Vorsprung absetzen konnte, dabei einen Königsdörffer wieder in Topform, einen Reis bei alter Stärke und einen Robert Glatzel wieder auf dem Platz hat – das machte den Abend perfekt.

Schlusswort HSV-Coach Merlin Polzin: „Für uns war es ein sehr gelungener Abend, denn es ist viel von dem aufgegangen, was wir uns vorgenommen hatten. Wir haben teilweise sehr hoch verteidigt und wichtige Ballgewinne generiert, später dann haben wir etwas kompakter verteidigt, da der Fußball des FCM schwer zu verteidigen ist. Deshalb ein großes Kompliment an die Mannschaft und ans Trainerteam, das dieses Spiel die gesamte Woche akribisch vorbereitet hat. Schön, dass alles so aufgegangen ist und die Mannschaft mit drei Punkten belohnt wurde.“

KURZER SPIELBERICHT:

Der HSV hat seine Tabellenführung eindrucksvoll gefestigt und den Aufstiegsambitionen des 1. FC Magdeburg mit dem 3:0-Auswärtssieg einen herben Dämpfer verabreicht. Ransford Königsdörffer (9. Minute) und Marcus Mathisen (15., Eigentor) lenkten die Partie frühzeitig in die gewünschten Bahnen. Erneut Königsdörffer (53.) mit seinem elften Saisontor entschied die Partie frühzeitig.

Mit einer Demonstration seiner gegenwärtigen Klasse machte der HSV allen Bemühungen der Gastgeber von der ersten Minute an einen Strich durch die Rechnung. Vor allem Königsdörffer, der den gesperrten Davie Selke vertrat, bekamen die Magdeburger nicht unter Kontrolle. Bereits vor seinem 1:0 hatte er eine sehr gute Möglichkeit, das Eigentor provozierte er mit einem Solo auf dem linken Flügel und einer scharfen flachen Eingabe.

HSV zieht sich nach einer halben Stunde etwas zurück

Auch nach der Führung blieb der HSV die spielbestimmende Mannschaft, zog sich aber nach einer halben Stunde zurück und gestattete danach dem FCM mehr Spielanteile. Bis auf eine Chance von Livan Burcu (33.) sprang aber nichts Nennenswertes für die Gastgeber heraus. Auch nach der Pause versuchten die Magdeburger mit drei Wechseln noch einmal Druck zu erzeugen. Doch genau in diese Phase hinein konnte Königsdörffer wieder die FCM-Abwehr nach Belieben viel zu simpel austanzen und ins kurze Eck einschieben. Königsdörffer (68.) hätte das Ergebnis fast noch einen Treffer hochgeschraubt, traf aber nur den Außenpfosten.

DIE EINZELKRITIKEN:

Daniel Heuer-Fernandes: Er wurde Ewigkeiten nicht gefordert und war dann nach 68 Minuten beim ersten echten Torschuss sofort da. Auf ihn ist Verlass. Note: 2

William Mikelbrencis (bis 45.): Die Gelbe Karte in der Anfangsphase war unnötig, da muss er nicht am Trikot ziehen, sondern den Gegenspieler einfach ablaufen und dann stellen. Auch, wenn sie diesmal nicht bestraft wurden: Defensiv macht er weiterhin viel zu viele Fehler, die gefährlich werden können/müssten. Wie Muheim auf der anderen Seite (wobei sie beide in der Anfangsphase oft die Seiten wechselten) lässt er einfach zu viele Flanken und Pässe in den eigenen Sechzehner zu. Aber: Offensiv ist er einfach gut geworden. Schade, dass ihm das Tor heute nicht vergönnt war. Note: 3,5

Silvan Hefti (ab 46.): Er ist im Vergleich mit Mikelbrencis sicher die etwas defensivere Variante. Dementsprechend sollte er die Defensive stabilisieren – was ihm aber wieder nur bedingt gelang. Er ist auch immer ein Stück zu weit weg von seinem Gegenspieler 

Denis Hadzikadunic: Er macht sein Ding. Von Spiel zu Spiel in extrem konstant guter Manier. Für mich ist er tatsächlich einer der größten Gewinner des Trainerwechsels, denn seitdem blüht er immer mehr auf und strahlt neben Elfadli inzwischen eben jene Souveränität aus, die gute Spiele bei ihm zum Standard haben werden lassen.  Note: 2

Daniel Elfadli: Er war besonders heiß und ackerte in der ersten Halbzeit so viel auch offensiv mit, dass ich Befürchtungen hatte, es könnte ihm zu viel Kraft kosten, die er hintenraus bräuchte. zum Spielende hin irgendwann die entscheiden Prozentpunkte Note: 2

Miro Muheim: Auch bei ihm muss man defensiv noch mehr erwarten dürfen. Er lässt seine Gegenspieler noch zu oft flanken. Er hielt sich heute weitestgehend zurück, hatte aber auch gute Aktionen dabei.  Note: 3 

Jonas Meffert (bis 54.): In der ersten Halbzeit habe ich ihn überhaupt nicht wahrgenommen – was nicht gegen ihn spricht, sehr wohl aber für seine Mitspieler im Zentrum, Karabec und noch mehr Reis. Musste angeschlagen vom Platz.  Note: 3

Marco Richter (ab 54.): Seine Erfahrung macht ihn für den HSV wertvoll. Heute half er, das quasi schon entschiedene Spiel ins Ziel zu retten. Das war okay! Note: 3

Ludovit Reis: Er setzte gleich wieder da an, wo er gegen Düsseldorf aufgehört hatte! Er gewann wichtige Zweikämpfe (so auch vor dem 1:0) und war im Zentrum extrem präsent – offensiv wie defensiv. Zusammen mit Königsdörffer für mich der entscheidende Faktor, weshalb der HSV die ersten 20 Minuten so dominierte, dass sich der FCM davon gar nicht mehr erholte.  Note: 1,5

Adam Karabec (bis 88.): Nach wie vor bleibe ich dabei: Ihm fehlt bei allem, was er schon wirklich gut macht, trotzdem noch eine Portion Entschlossenheit. Beim letzten Pass und vor allem, wenn er selbst den Anschluss suchen müsset. Dafür arbeitet er defensiv stark mit. Note: 2,5

Robert Glatzel (ab 88.): Welcome back!

Jean-Luc Dompé: Immer gefährlich und mit einigen sehr schlauen Steckpässen in der ersten Halbzeit. Aber längst nicht so effektiv wie sonst. Seine Pseudo-Defensiv“zweikämpfe“ sind so niedlich, dass es schon fast lustig wäre, wenn es hier nicht um Profifußball gehen würde…  Note: 3

Emir Sahiti (bis 72.): Da ist sicherlich richtig was drin, aber nicht, wenn er so unkonzentriert und oft wild – und vor allem im Passspiel komplett undiszipliniert. Da ist zu viel Hacke, Sohle mitnehmen, Außenrist und zu wenig angekommenes Passspiel.   Note: 3

Adedire Mebude (ab 72.): Unauffällig, aber noch dabei. Note erspare ich uns allen.

Ransford Yeboah Königsdörffer (bis 72.): Wow!!! Was für ein Start als Selke-Ersatz!! So schwer dieses Erbe auch wog – er stemmte es mit Bravour. Erst traf er mit aller Entschlossenheit zum 1:0, dann erzwang er mit seinem sehr durchsetzungsstarken, ebenso entschlossenen Konterlauf das Eigentor zum 2:0. Besser kann man nicht starten! Er war mit seiner Physis ein immer gefährlicher Konterspieler. Selbst seine (meiner Meinung nach) größte Schwäche war heute wie verflogen: Heute stimmte fast jeder erste Ballkontakt. Wie leichtfüßig er das 3:0 – und damit schon sein 11. Saisonstor!!! – machte, war einfach stark! Wenn er es selbst nicht wollte, hätte ich ihn heute nicht runtergenommen, weil er es verdient hatte, diesen Abend bis zum Schluss zu genießen… Note: 1+

Immanuel Pherai (ab 72.): Endlich wieder auf dem Feld! Willkommen zurück! Denn er könnte ebenso wie Reis in den letzten Wochen noch ein ganz wesentlicher Faktor werden, weil er das Eins-gegen-Eins vorn mehr sucht. Eine Note erspare ich auch ihm – ich freue mich einfach, dass er wieder da ist.

Trainer Merlin Polzin: Taktisch war der HSV heute eine glatte eins. Er hat das Team zusammen mit seinen Cotrainern und allen anderen im Staff absolut hinter sich und schafft es immer wieder, weil er inhaltlich und mit Lösungen überzeugt! Er schafft es auch, vergleichsweise schwierige Ausfälle zu kompensieren. Noch wichtiger: Er macht viele Spieler besser bzw. schafft es, dass sie alle an ihre Leistungsgrenzen gehen. Ob sie Stammspieler sind oder langsam wieder herangeführt werden. Und: Wer heute genau hingesehen hat, der weiß jetzt, wie positiv sich gelebter Teamgeist auf dem Platz auswirken kann.  Note: 1 

STIMMEN ZUM SPIEL:

Ludovit Reis: „Wir wussten, dass Magdeburg eine sehr starke Mannschaft hat, aber wir haben eine sehr gute Leistung gezeigt, hatten in der ersten Hälfte viel Ballbesitz, haben in der zweiten Halbzeit gut verteidigt und am Ende verdient gewonnen. Wir haben heute einfach gezeigt, wie viel Qualität wir in der Mannschaft haben. Wir freuen uns über diesen Sieg und den Bonus, dass Bobby wieder zurück ist.“

Daniel Elfadli: „Das war ein sehr dominanter Auftritt von uns. Wir sind stark gestartet und haben später sehr gut verteidigt. Ich kenne die Magdeburger Mannschaft bestens und wusste, was auf uns zukommt, aber wir haben es sehr gut gemacht, haben das Spiel bestimmt. Und wir hatten heute Ransi, der ein überragendes Spiel gemacht hat. Und natürlich freuen wir uns sehr für Bobby, dass er heute zurückgekommen ist.“

Miro Muheim: „Wir sind hierhergekommen, um dieses Spiel zu gewinnen und haben es auf sehr dominante Weise geschafft. Das Trainerteam hatte sich für die Außenverteidiger-Positionen etwas ausgedacht, dass ich auch mal auf der rechten Seite spiele. So haben wir die ganze Woche auch trainiert und es ist natürlich schön, dass das so aufgegangen ist. Wie viel Qualität wir nach vorne haben, hat man natürlich auch an Ransi gesehen, der es heute großartig gemacht hat.“

Ransford Königsdörffer: „Wir haben heute eine starke Leistung gezeigt – sowohl offensiv als auch defensiv haben wir als Team großartig agiert. Ich wusste, dass ich heute die Chance habe, alles zu zeigen, und genau das wollte ich nutzen. Das Spiel hat heute perfekt zu mir gepasst, und ich konnte die Räume gut nutzen. Ich bin froh, dass ich der Mannschaft helfen konnte. Jetzt gehen wir als Tabellenführer in die Länderspielpause. Das gibt uns die Möglichkeit, die Köpfe freizubekommen, bevor wir im Endspurt noch einmal alles raushauen.“

Robert Glatzel: „Es war für mich besonders, wieder dabei zu sein. Mit der Mannschaft in der Kabine zusammen zu sein, nach dem Spiel mit den Fans zu feiern, dazu dann noch die Fans, die bei der Einwechslung meinen Namen gerufen haben – das war sehr emotional. Am wichtigsten ist aber, dass die Mannschaft heute stark gespielt hat, darüber und vor allem über die tolle Leistung von Ransi freue ich mich heute Abend am meisten.“

Merlin Polzin: „Für uns war es ein sehr gelungener Abend, denn es ist viel von dem aufgegangen, was wir uns vorgenommen hatten. Wir haben teilweise sehr hoch verteidigt und wichtige Ballgewinne generiert, später dann haben wir etwas kompakter verteidigt, da der Fußball des FCM schwer zu verteidigen ist. Deshalb ein großes Kompliment an die Mannschaft und ans Trainerteam, das dieses Spiel die gesamte Woche akribisch vorbereitet hat. Schön, dass alles so aufgegangen ist und die Mannschaft mit drei Punkten belohnt wurde.“

Christian Titz: „Wenn man gegen einen so starken Gegner so früh schon 0:2 zurückliegt, dann wird es natürlich sehr schwer. Die Tore haben wir nicht gut verteidigt, so wie uns insgesamt eine fehlerfreiere Leistung am heutigen Abend gefehlt hat. Zur zweiten Hälfte haben wir dreimal gewechselt und wollten nochmal neue Energie entfachen, aber mit dem 0:3 war das Spiel eigentlich entschieden.“

DAS SPIEL IM STENOGRAMM:

1. FC Magdeburg: Reimann – Hugonet (83. Michel), Mathisen (46. Pfeiffer), Müller – Loric (46. Hercher), El-Zein, Gnaka, Nollenberger, Burcu (46. Amaechi), Atik (70. Holström) – Kaars

HSV: Heuer Fernandes – Mikelbrencis (46. Hefti), Hadzikadunic, Elfadli, Muheim – Meffert (55. Richter), Karabec (88. Glatzel), Reis – Sahiti (73. Mebude), Königsdörffer (73. Pherai), Dompe

Tore: 0:1 Königsdörffer (10.), 0:2 Mathisen (15., ET), 0:3 Königsdörffer (53.)

Zuschauer: 30.098 (ausverkauft)                   

Schiedsrichter: Tobias Stieler (Sölden/Schwarzwald)

Gelbe Karten: Loric / Mikelbrencis, Elfadli