„Das Böllenfalltor wird brennen“, sagt…

by | 23.02.23 | 112 comments

Es wird gern übertrieben, wenn es um die eigene Mannschaft geht. Selbst in der Betrachtung der Liga wird immer wieder gern von der „stärksten zweiten Liga aller Zeiten“ oder von der „ausgeglichensten Zweiten Liga aller Zeiten“ etc. gesprochen. Aber ähnlich wie HSV-Trainer Tim Walter erachte ich das als übertrieben. Letztlich ist selbst das Spitzenspiel Erster gegen Zweiter am Sonnabend bei Darmstadt 98 ein Zweitligaspiel und hat mit der Ersten Bundesliga nichts zu tun. Abgesehen davon, dass beide Teams darum kämpfen, im kommenden Jahr Erstligafußball spielen zu dürfen. „Ob wir da einen Hauch Bundesliga sehen oder nicht – das ist ein schönes Spiel. Saturday Night Fever. Von daher sollen sich alle freuen“, meinte der 47-Jährige heute während der Pressekonferenz und ergänzte: „Nächste Woche spielen wir aber auch wieder. Und solange die Spiele noch da sind, und wir Punkte brauchen, ist es mir egal, gegen wen wir spielen.“

Walter bleibt damit seiner Linie treu und geht von Spiel zu Spiel. Er vermeidet künstliche Hektik und beteiligt sich nicht daran, Spiele schon im Vorfeld anzuheizen. Im Gegenteil: Er betont immer wieder die Qualitäten der Gegner, spricht respektvoll über gegnerische Mannschaften und deren Trainer. Aber: Der HSV-Coach hat auch nichts dagegen, wenn das Spiel am Sonnabend am Böllenfalltor ähnlich emotional wird wie die Partie in der Hinrunde. Also abgesehen vom Endergebnis selbstverständlich: Denn bei der 1:2-Hinspielniederlage im August hatten mit Ransford-Yeboah Königsdörffer und dem mittlerweile für Kaiserslautern spielende Aaron Opoku zwei HSVer wegen Tätlichkeiten die Rote Karte gesehen. On top erhielt der zu lautstark agierende Sportvorstand Jonas Boldt Gelb-Rot.

Auf der gegnerischen Seite hatte der Ex-HSV-Profi Klaus Gjasula, der im Duell am Sonnabend verletzt ausfällt, ebenfalls Gelb-Rot kassiert in einem mehr als umkämpften Spiel, bei dem auch Walter mit seinem Trainerkollegen auf Darmstädter Seite immer wieder verbal lautstark diskutierte – um es mal nett zu umschreiben. „Genau das macht ja den Fußball auch aus“, sagte er. „Letztendlich treffen wir auf eine sehr clevere Truppe, die sehr intensiv Fußball spielt. Von daher kann es auch schon sein, dass es am Samstag ähnlich wird“, sagt Walter und meint damit sicher nicht nur das umkämpfte Spiel, sondern auch das Aufeinandertreffen der erfolgreichsten Zweitligatrainer.

Wobei, wenn wir schon über Wiederholungen sprechen, dann liegt natürlich schon die Serie sehr nahe, die der HSV in Darmstadt zu verteidigen hat. Denn auswärts beim SV Darmstadt 98 hat der HSV seit dem Bundesliga-Abstieg 2018 nicht verloren. Drei Siegen und einem 1:1 stehen null Niederlagen gegenüber. Dennoch interessiert Walter so eine Bilanz zurecht nicht: „Für die Statistiker ist das eine schöne Bilanz, für uns aber irrelevant.“ Und wenn wir Statistiken zitieren, muss auch die Serie von 20 Spiele ohne Niederlage der Darmstädter an dieser Stelle genannt werden.

„Irgendwann ist die Zeit gekommen, dass die Serie vielleicht auch reißt“, sagte Walter und erklärte, wie er sich das vorstellt. Man müsse erneut versuchen, ans eigene Leistungslimit zu kommen. Logisch. Aber: Der Ball sei dabei „der heilige Gral“ und mit viel Ballbesitz wolle Walter den Gegner in die Defensive drängen. Je besser uns das gelingt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir dann auch gewinnen“, sagte der HSV-Trainer, der zuletzt auch immer wieder betonte, dass es ihm egal sei, dass man hinten zuletzt oftmals zu offen stand – solange man vorn immer ein Tor mehr erzielen kann.

Effizienz ist das Stichwort. Und effizient war der HSV beim letzten Auswärtsspiel in Darmstadt definitiv. Damals gewannen die Gäste 5:0, vierfacher Torschütze war Robert Glatzel, der auch in dieser Saison wieder treffsicher auftritt. Aber aufgepasst: Die Mannschaft von 98-Trainer Torsten Lieberknecht kassierte in dieser Saison bislang die wenigsten Gegentore (16), der HSV erzielte dafür die drittmeisten Tore (40) insgesamt und ist in der laufenden Rückrunde die mit elf Treffern Ligaspitze. Die Hessen dagegen gewannen alle ihr bisherigen Spiele in diesem Jahr, während der HSV ein Remis (3:3 in Heidenheim) aufweist. Also, um es mal statistisch abzurinden: Das sind alles Daten eines Spitzenspiels. Eines Zweitliga-Spitzenspiels.  „Sie erzielen mit großer Effizienz ihre Tore und kassieren im Gegenzug wenige. Und darum stehen sie wahrscheinlich auch zurecht da oben. Unser Ziel ist es, dorthin zu fahren und dem Gegner weh zu tun und die drei Punkte mitzunehmen“, zollte Walter dem kommenden Gegner Respekt.

Und die Darmstädter? Bei dem Tabellenführer sprach zuletzt Präsident Rüdiger Fritsch. Und das deutlich emotionaler, als es Walter tat. Fritsch betonte die unterschiedlichen wirtschaftlichen Voraussetzungen beider Klubs und die vielen Ausfälle im eigenen Team: „Wir werden uns trotz der großen Personalsorgen dem HSV entgegenstellen. Das Böllenfalltor wird brennen.“ Gefällt mir übrigens deutlich besser, wenn es der Gegner ist, der im Vorfeld große Töne spuckt… 

Euch allen einen schönen Abend!

Scholle

P.S.: Morgen treffen sich die HSV-Aktionäre zur Aussprache. Weil das Thema Vereinspolitik beim HSV hier zuletzt fast dauerhaft stattfand und es aktuell noch nicht substanziell Neues gibt, spare ich es heute mal aus. Morgen wird es sicher genug darüber zu berichten geben. Leider.

Marcus Scholz

Marcus Scholz

Sportjournalist Marcus „Scholle“ Scholz hat sich in mehr als 20 Jahren als HSV-Reporter bundesweit als Gast in renommierten TV-Sendungen einen anerkannten Namen gemacht. Nach „Matzab“ und der „Rautenperle“, die Scholle beide zu digitalen Erfolgen pushte und sogar auf Rang 6 und 7 im nationalen Fußballblog-Ranking platzieren konnte, ist „MoinVolkspark“ sein erster komplett eigener Blog über den HSV. Zusammen mit einem Team aus jungen, hungrigen HSV-Freunden wird dabei auf unterschiedlichen Kanälen über den HSV mit den täglich neuesten News und Entwicklungen in Wort, Bild und Ton berichtet. Scholles Motto allein macht schon deutlich, worum es ihm hier geht: „Ein Tag ohne den HSV ist ein verlorener Tag.“

Über Moin Volkspark

Moin Volkspark – das ist ein Team aus jungen Menschen, die sich seit vielen Jahren mit dem HSV beschäftigen und ihre facettenreichen Fähigkeiten so einbringen, dass hier heute eine Plattform entsteht, die den Anspruch hat, HSV-Freunde und -Interessierte vollumfänglich zu informieren und zu unterhalten.

Das Ganze gepaart mit der Expertise des bekannten Sportjournalisten Marcus „Scholle“ Scholz bietet ein Maximalmaß an objektiver Informationen und  zeitgemäßer Unterhaltung. Ziel ist es, hier frischen, dynamischen Content zu bieten, der sich wohltuend von der allgemeinen Journaille abhebt.

Moin Volkspark ist aber nicht nur ein Ort, um sich zu informieren, sondern soll auch immer ein Ort des Austausches und des Miteinanders sein. Wir wollen eurer Leidenschaft einen Platz im Netz bieten: zum Diskutieren im Forum, zum Mitfiebern bei Live-Events. Und natürlich zum Mitmachen in unseren vielfältig angelegten Video-Formaten. Eure Freude, Eure Trauer, Euer Jubel und Eure Wut haben hier Ihren Platz, solange alles respektvoll formuliert und artikuliert wird.

Moin Volkspark steht für ein leidenschaftliches Miteinander und ist der Zusammenschluss dessen, was eigentlich schon seit langer Zeit zusammengehört.

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Pech
1 Jahr zuvor

Na ich bin gespannt. Bin im Block G2 bei den Stehplätzen. Guter Blick aufs Feld, nahe der Mittellinie. Danach dann mit einem Sieg im Rücken in die Nachtschicht. 1:4 tippe ich mal.

Last edited 1 Jahr zuvor by Pech
Aleksandar
1 Jahr zuvor

Wer um Himmels willen spricht bezüglich der derzeitigen Klasse der zweiten Bundesliga, von:

„stärksten zweiten Liga aller Zeiten“ oder von der „ausgeglichensten Zweiten Liga aller Zeiten“ 

Das habe ich nicht mal bei den Kommentaren von Kosinus lesen können und in meinem Bekanntenkreis wird eher von der schwächsten zweiten Liga seit der unfreiwilligen Mitgliedschaft des HSV gesprochen.

Last edited 1 Jahr zuvor by Aleksandar
Darmzotte
1 Jahr zuvor

Ich interpretiere die Worte von Herrn Fritsch komplett anders als Scholle.

Alles, was er sagt, ist, dass man sich dem HSV stellt und dass die Fans für gute Stimmung sorgen werden.

Geradezu aberwitzig, dies als „große Töne“ einzustufen. Erst recht wenn man den HSV begleitet. („Egal, wer hinter uns Zweiter wird.“ / „Wir ziehen das Ding!“ / „Wir werden was zu feiern haben.“ / „Meine Frau ist gefahren.“)

Kosinus
1 Jahr zuvor

Es ist vielleicht nicht die stärkste 2. Liga aller Zeiten, dennoch ist es der wohl stärkste HSV in seiner noch jungen Zweitligageschichte.

Der Dino ist nicht mehr zu stoppen, der Zuschauerschnitt belegt, wie geil die Fans auf diese wundervolle Truppe sind. Inflation spielt keine Rolle, am HSV wird nicht gespart!

Ab nach Darmstadt, 3 Punkte holen und weiter geht’s!

Ps: Hatte dieser Lügenlachs nicht mal behauptet, dass das Interesse am HSV immer weiter abnehmen wird und sich das Stadion immer weiter leert? joa kam mal wieder genau anders, naja irgendwann muss er statistisch gesehen doch auch mal richtig liegen…🤣

Last edited 1 Jahr zuvor by Kosinus
Norbert Schröder
1 Jahr zuvor

Wir sind der HSV / 90.000
Wäre doch ne tolle Petition Überschrift.
Ich hoffe Jansen einigt sich heute mit den Investoren und es geht endlich voran !!

Sieg in Darmstadt, NUR DER HSV

Meaty
1 Jahr zuvor

Inzwischen ist unsere Überzeugung, nach einem Rückschlag wie dem Ausgleich aufs zweite Tor zu gehen, noch größer. Wir sind noch konsequenter, noch beharrlicher. Zitat:TIM WALTER

.
.
Jaja, da redet sich einer die Ergebnisse der letzten Spiele schöner, als sie wirklich waren! Zeigt diese Aussage auch wieder, dass Tim Walter einige Dinge im HSV Spiel nicht mehr realistisch einschätzen kann oder will?

Ich befürchte weiterhin ein böses Erwachen in der Rückrunde! Vermutlich schon mit dem Spiel in Darmstadt!?

Paulinho
1 Jahr zuvor

Union Berlin- Hut ab, welche Entwicklung haben die seit dem Aufstieg genommen, einfach nur tolle Typen. Super Trainer – zeigt doch, dass es geht. Wenn, ja, wenn der Verein von echten Entwicklern geführt wird. Ich ahne, es ist in Hamburg noch ein langer Weg zu gehen.

Aleksandar
1 Jahr zuvor

Geilster Mitspieler – Paderborn

Krassestes Tor – Paderborn

Krassester Fehler – Paderborn

Dieser Kapitän brennt für den HSV zumindest für den krassesten Gehaltsscheck.

Ich kann mich nur an den krassesten Fehler beim HSV erinnern – St Pauli werde ich ihm wohl nie verzeihen.

Vielleicht sollte sein Manager mal ein ernstes Wort mit dieser Plappertasche reden.
Klappe halten und gegen die großen Jungs gewinnen mit einer eigenen ansprechenden Leistung.

Frank Müller
1 Jahr zuvor

„….WEH TUN.“
und „Wir sind noch stärker.“….sind ja auch schon ANSAGEN.
Sollte man drauf verzichten als Trainer, wenn man nachweislich es gar nicht
hinkriegt, die Truppe so einzustellen, dass sie von Anfang an kämpferisch
und mit Biss auftritt.
Zumal selbst der Blog-Autor ja inzwischen erkannt hat, dass Walter das
hinten offene Tür- relativ egal ist -steht ein Sieg unsererseits in den Sternen.
Mag sein, dass das Fehlen von Kempe und Pfeiffer eine Rolle spielt –
aber….
auf eine kompakte, sichere Abwehr, DIE DIE MEISTERSCHAFT erringt,
wird Lieberknecht nicht verzichten.
Sollte unser Gegen-System……Spektakel und ein Tor mehr, gewinnen,
wäre das für mich schon mehr als eine Überraschung.
Wird das gefestigte Darmstadt nicht zulassen.
Sogar: ->selbst ein Sieg wäre bei unserer Unberechenbarkeit weit entfernt
von einer Vorentscheidung.

Marcel Jacobs
1 Jahr zuvor

Ich muß gestehen das ich den Weg den Darmstadt genommen hat ein wenig beneide. Da wurde mit relativ geringen Mitteln ein Kollektiv geformt das als Einheit daherkommt. So können auch Verkäufe oder Verletzungen viel besser aufgefangen werden. Fehlt einer kommt halt ein anderer und wird von der Mannschaft getragen. Anders der HSV wo mit verhältnismäßig viel Geld eher individuelle Klasse geholt wird. Sieht mitunter schöner aus ist aber grade was Verletzungen oder Formtiefs angeht deutlich schwieriger vom Team aufzufangen (was bei uns los war als 2 verletzt und einer gesperrt war). Auch mit der Nachhaltigkeit ist das so eine Sache. Wenn Darmstadt nicht aufsteigt ist das blöd aber sie werden nicht viel schlechter einen neuen Anlauf starten. Beim HSV ist es ja wieder mal so ein wenig all in. Und ob der „neue“ Hsv wirklich so druckresistent ist wird sich so in den nächsten 5 Wochen zeigen. Noch ist keine crunchtime.

Blumi64
1 Jahr zuvor

Ich finde es sehr schade dass man hier im Blog zu 90% nur noch das lesen kann was man überall lesen kann.
Auch den Inhalt der PK.
Leider wenig Hintergrund, kein Nähkästchen und nur persönliche Meinungen die sehr allgemein gehalten sind
Aber ja ich weiß, ist kostenlos.
Ist aber zum Beispiel die Motorrad Zeitung Nürburger auch. Aber mit mehr Inhalt

Hessenhrubesch
1 Jahr zuvor

Bin gespannt, wir sind nicht chancenlos in Darmstadt

Folker Mannfrahs
1 Jahr zuvor

Bayer Super Elfmeter!
Union ist mir ein Rätsel?

Jörg Brettschneider
1 Jahr zuvor

„WIR ZIEHEN DAS DING!“

Wenn nicht, wird Bascho Kapitän vom Traumschiff.

Kosinus
1 Jahr zuvor

90000 Mitglieder, jeder gibt 1000€, schon müsste man sich mit frischen 90 Mio. € nicht mehr mit einem Kühne rumärgern und wäre autark. Sicherlich sind 1000€ für manch einen nicht wenig, aber es wäre eine einmalige Aktion, um den HSV wieder langfristig wettbewerbsfähig zu machen. Das wäre mir mein HSV in jedem Fall wert.

Last edited 1 Jahr zuvor by Kosinus
Tatortreiniger
1 Jahr zuvor

Streit um Aufsichtsrat beigelegt: Lena Schrum geht, Andreas Peters bleibt!

Aus dem HA:

Die überraschende Entscheidung: Der langjährige Kontrolleur Andreas Peters (54), der aus dem Gremium ausscheiden wollte, bleibt dem Aufsichtsrat nun doch erhalten.

Für diese Lösung hatten sich vor allem die Aktionäre ausgesprochen, die sich zuvor noch mehrheitlich für Lena Schrum eingesetzt hatten. Die Nachhaltigkeitsunternehmerin stand für die Neubesetzung des Rats aber nicht mehr auf der Kandidatenliste, weil sie sich mit HSV-Präsident Marcell Jansen zerstritten hatte. Nun also bleibt Peters.

Last edited 1 Jahr zuvor by Tatortreiniger